Musik an sich


 
Inhalt
News
Reviews
Leserbriefe
Links
Impressum
 
Musik an sich

 
Summer Breeze 2001

 
Das diesjährige SUMMER-BREEZE OPEN AIR in Abtsgmünd schien sich zu etwas wirklich ganz Besonderem zu entwickeln. Hochkarätige Bands wie zum Beispiel In Extremo, Rage, Amorphis, Kreator, Moonspell u.v.a.m., die sich vom 23 - 25. August ihr Stelldichein im schwäbischen Ländle gaben und fanfreundliche Entritts- (Festivalticket 55 DM, Tagesticket 25 DM ) bzw. Getränkepreise ( Bier 4 DM, antialkoholische Getränke 3 DM ) sind auf vielen anderen Festivals dieser Kategorie einfach nicht in dieser Form vorhanden. Nur bei dem kulinarischen Angebot war die Gewinnspanne zu hoch angesetzt (Gyros Pita 8 DM, Rindswurstbrötchen 5 DM). Wir waren für euch bei dem Festival (das übrigens von einem Internetmusikmag präsentiert wurde) am abschliessenden Samstag vor Ort um euch von einer der letzten Open-Air Veranstaltungen im Jahr 2001 zu berichten.
Schon Mittags, als die erste Band des Billings die Bühne betrat, herrschten Temperaturen die dem Titel der Veranstaltung wirklich gerecht wurden. Die fünf Jungs der 1999 gegründeten Formation CAPSIZE durften 20 Minuten ihren vielschichtigen Crossover darbieten, was zwar recht kurzweilig, jeddoch nicht unbedingt weltbewegend war.
Als nächstes kam für mich völlig unerwartet einer der ersten Höhepunkte dieses Samstags. MIRRORED MIND begeisterten die noch wenigen Zuschauer mit einem an Sentenced orientierten Düstersoundcocktail und vor allem der Drummer der Band verdiente das Prädikat "Spitzenklasse". Sehr profesioneller Auftritt also einer Gruppe mit sehr viel Zukunft und nicht nur ich hätte gern länger als 20 Minuten dieser Performance gelauscht.
Ein echtes Heimspiel hatten dann PETTYPEW aus dem nur wenige Kilometer entfernten Schwäbisch-Gmünd. Vielleicht hatte aus genau diesem Grund der Gitarrist der Schwaben ein Trikot von Tante-Käthes Buben (das BREEZE war übrigens vor der 1:5 - Schande gegen England) als Outfit auserkoren. Aber von diesem und anderen optischen Mängeln mal abgesehen gab es bodenständigen melodischen Powermetal der wirklich zu gefallen wusste.
Bei RED AIM kam zum ersten Mal Bewegung ins Bühnenbild des SUMMER-BREEZE. Durch die bandeigene Bühnendekoration, auf der zwei sexy gehörnte weibliche Wesen zu bewundern waren, fühlte sich der Fan in einen Hollywoodstreifen á la "From Dusk till Dawn" versetzt und als weiteren Showeffekt warf der etwas rundlich geratene Sänger eine Unmenge Bananen ins hungrige Publikum. Der Stoner-Rock der Band groovte richtig fett und es war deutlich zu spüren wieviel Spaß die Combo bei der Ausübung ihrer Musik hatte. Besonders fiel dies bei dem Gitarrero und Bassisten auf, die Zwillinge hätten sein könnten und selten länger als ein paar Sekunden auf einem Platz blieben.
Um einiges Ernster ging es anschliessend bei DEW SCENTED zu. Ihr souverän gespielter Death-Metal veranlasste ein paar Fans mir unabhängig voneinander vorzuschwärmen, das die Jungs ihrer Meinung nach als Headliner dieser Veranstaltung fungieren sollten.
Eine Erholung für Auge und Ohren gönnten uns dann die BLOODFLOWERS. Deren hübsche Frontfrau kann ich eine geniale Stimme attestieren und auch die Musik, die eine um einige Stufen härtere, rockigere Version Nightwish`s darstellte, lies keine Langeweile aufkommen.
Anschliessend war erstmal eine längere Pause für den Verfasser dieser Zeilen angesagt und nur für einen Geheimtipp eines Freundes unterbrach er diese, um sich END OF GREEN anzuschauen. Musikalisch war auch alles im grünen Bereich und die Gothikrockperlen wussten durchaus zu gefallen, auch wenn sie bei einigen wenigen Songs einer 1:1 HIM-Kopie glichen. Bei dem Auftreten des Sängers allerdings dachte man, er wäre ebenjener Ville Valo persönlich. Lässig die Zigarette in einer Hand, das Mikro in der anderen und immer mit einem "Superstar"-Kommentar in Form von z.B. "Yeah, Yeah, Yeah !" nach einzelnen Stücken, als das Publikum gerade Applaus spendete. Vom Rest der Band kann sich Mr.Rockstar ne Scheibe abschneiden, denn die kamen ganz sympatisch rüber. Nur dem Securitypersonal müsste mal fürs SUMMER-BREEZE 2002 verklickert werden, dass man es mit der Dusche für die Fans aus dem Wasserschlauch auch übertreiben kann.
Also wurde weiter pausiert und die Besucherzahl hatte erstaunlich zugenommen, als man zu FINNTROLL wieder gestärkt das Gelände erreichte. Auch für jemanden der mit Blackmetal ungefähr soviel anfangen kann wie z.B. mit den Teletubbies, war das muntere Treiben auf der Bühne ziemlich unterhaltsam. Die Finnen vermischten den Schwarzmetalsound geschickt mit nationaler Folklore und somit kann ich die Jungs aus dem Land der 1000 Seen für den aufgeschlossenen Black-Metaller empfehlen.
An den vielen T-Shirts fiel auf, das eine Menge Besucher hauptsächlich wegen PYOGENESIS den Weg aufs BREEZE gefunden hatten. Die sympathische Gruppe präsentierte sehr gekonnt ihren Pop-Metal mit etwas punkigem Einschlag. Sicherlich hoben sich "Pyo", wie sie liebevoll von ihren Anhängern genannt werden, durch ihren recht niedrig angesetzten Härtegrad von den übrigen Bands des SUMMER-BREEZE-Billings ab, jedoch war dies wahrscheinlich auch der Grund für den Gute-Laune und Stagedivingrekord des Festivals, den Sänger Florian und seine Mannen ohne Probleme brechen konnten. Ein sehr überzeugender Auftritt der mit viel Applaus bedacht wurde und somit wurden dem Frontmann auch einige wässerige Ansagen im Stile von "Wer besucht von euch Spiele der Fussball WM 2006 in Deutschland?" grosszügig verziehen.
Ob Portugal wohl da auch dabei ist? Auf dem "Wacken des Südens" (leicht übertriebene Feststellung des In-Extremo-Sängers) waren sie es zumindest und zwar in der Gestalt von MOONSPELL. Dafür, dass die Band erst kurz zuvor durch den Ausfall der Wildhearts in das Aufgebot gerutscht ist, legten die Portugiesen ein erstaunlich routiniertes Set hin. Es war schon sehr beeindruckend als Sänger Fernando sich zu den Takten des Openers, Staub aus seinem Mantel klopfte und diese düstere, depressive Atmosphäre hielt bei der kompletten Performance von Portugals erfolgreichsten Musik-Export an. Die Songauswahl fächerte sämtliche, recht unterschiedliche Schaffensphasen der Band ab und neben absoluten Klassikern wie Opium, experimentellen Stücken wie "Butterfly FX", wurden auch Songs des neuen (zu diesem Zeitpunkt noch nicht veröffentlichten Album) der Menge präsentiert. Diese wurden hörbar von den Anfangstagen beeinflusst und ich stimme dem Zitat des Frontmanns überein, das man nichts auf die Meinung anderer geben sollte, sondern sich beim konsumieren der Musik sein eigenes Urteil bilden sollte.
Nach einer Umbauphase, die sich allgemein bei dieser Veranstaltung, zum Glück aller, in Grenzen hielt, ging es weiter mit Primal Priest, äähhhhh, PRIMAL FEAR. Die Band ist einfach live eine Wucht und übertragen den Spaß, den sie auf der Bühne haben auch auf ihr Publikum. Trotz der genialen Stimmung stachelte Frontröhre Ralf Scheepers mit Sprüchen wie "Man merkt, dass ihr Schwaben seid, bei solchen sparsamen Reaktionen" (Primal Fear haben ihren Sitz selber im Ländle) die Menge noch mehr an, so dass fast schon eine La-Ola bewundert werden durfte. Die Songauswahl und die Bühnendekoration legte ihr Hauptaugenmerk natürlich auf ihren aktuellen, von der Fachpresse hochgelobten, Longplayer "Nuclear Fire", aber auch ältere Werke, sowie als Zugabe eine superbe Priest-Coverversion wurden nicht vergessen. Geschickt eingesetzte Pyros rundeten den erstklassigen Eindruck ab und ich würde auf die Frage "Was ist Heavy-Metal?" wohl mit "Primal Fear!" antworten, da es nur ganz wenige Bands gibt, die diese Spielart des Rock N`Rolls so unverfälscht und ehrlich präsentieren.
Wie Moonspell gab auch der offizielle Headliner IN EXTREMO eine ganze Reihe bis dato unveröffentlichen Stücke vom Album "Sünder ohne Zügel" zum besten. Ich kann mir nicht erklären ob es daran lag, oder ob das Publikum nach diesem anstrengenden Festival einfach nur müde war, der Funke und die mittelalterliche Magie sprang an diesem Abend nicht so ganz über. Lediglich bei den bereits bekannten Hits konnten die Recken Punkte sammeln. Auch die Pyroeffekte und diverse Tanz- bzw. Artistikeinlagen waren zu vorhersehbar eingesetzt und konnten nicht richtig fesseln. Sehenswert was das Ganze aber allemal und diverse Fans versicherten mir, dass dies wohl einer der schlechteren Tage von Michael dem "Letzten Einhorn" und seinen Getreuen war.
Für die ganz Unverwüstlichen und die, die am nächsten Morgen ihren Rausch ausschlafen konnten, gab ONKEL TOM und seine Suffniks noch eine volle Stunde metalisierter Sauflieder zum Besten, da der Auftritt jedoch nur richtig mit über 2,0 Promille Alkohol im Blut genossen werden kann, verzichteten wir auf dieses Spektakel mit dem Vorsatz, dem SUMMER-BREEZE 2002 einen kompletten Dreit-Tages-Besuch abzustatten, da das Preis-Leistungs-Verhältnis dieses Festivals wirklich genial ist und hoffen, dass es sich neben den drei grossen Events etabliert.

MANUEL LIEBLER
 

Inhalt | Impressum | Links | News | Reviews | Leserbriefe
zur Homepage | eMail Abo bestellen | Download aktuelle Ausgabe