Schubert, F. (Prégardien; Tetzlaff)

Schwanengesang - Lieder, Streichquintett C-Dur D.956


Info
Musikrichtung: Romantik

VÖ: 03.09.2021

(Alpha Music / Outhere / Note 1 / 2 CD / 2020 / Best. Nr. ALPHA 748)

Gesamtspielzeit: 113:14



Schwanengesang hoch 2

Dreh- und Angelpunkt dieser ungewöhnlichen Doppel-CD ist das Adagio aus Schuberts letztem Werk, dem Streichquintett C-Dur. Sein mysteriös gebrochenes Klanggewebe gibt den Impuls sowohl für die Deutung der übrigen Sätze des Werkes als auch für den Liedzyklus „Schwanengesang“, der die erste CD füllt.

Auch hier nämlich legen der Tenor Julian Prégardien und sein Klavierbegleiter Martin Helmchen den Vortrag überwiegend entrückt, in den Tempi fast zögerlich an. Das fügt sich etwa zum Lied „In der Ferne“ schon fast erschreckend gut und überzeugend, während es die weiteren Lieder auf Rellstab-Texte eher zu flach und nicht vital genug ausleuchtet. Hinzu kommt bei diesen eine gelegentlich unschöne Klangfarbbeimischung, sobald die Stimme unter Druck gesetzt wird (vgl. etwa „Frühlingssehnsucht“ – nur Du befreist den Lenz…; „Aufenthalt“ – hoch in den Kronen…). Die zum Zyklus gehörenden Heine-Vertonungen liegen Prégardiens lyrischer Stimme insgesamt deutlich besser Und auch, wenn man den „Doppelgänger“ schon eindringlicher gehört hat, so gelingt bei diesem Teil des Zyklus die schwierige Gratwanderung zwischen lyrischer Schönheit und dramatischer Gestaltung durchaus überzeugend. Zudem stellen die weiteren Stücke von Fanny und Felix Mendelssohn sowie Schuberts selten zu hörendes Einzellied „Schwanengesang“ nicht nur thematisch passende Bezugspunkte dar, sondern ergänzend den Zyklus absolut stimmig.

Die eigentliche Perle des Albums ist aber die Einspielung jenes letzten Streichquintetts durch Christian Tetzlaff, Florian Donderer, Rachel Roberts, Tanja Tetzlaff und Marie-Elisabeth Hecker. Natürlich ist das Werk schon aus sich heraus immer Respekt einflößend, rätselhaft, vollendet und ein nie ganz zu entschlüsselndes Mysterium, wie es Joachim Kaiser treffend beschrieb. Hier nun aber wird dieser Charakter auf die Spitze getrieben: Die fünf Musiker:innen wählen gerade in den ausladenden ersten beiden Sätzen einen ungeahnt fragilen, jenseitig-entfärbten Ton von höchster Delikatesse. Man lauscht gebannt und hält den Atem an, weil der Eindruck entsteht, dass jede noch so kleine Bewegung auch des Hörers das kostbare (Traum)Gebilde zerfallen lassen könnte. Nicht leicht, von hier aus die Kurve zu bekommen zum weiter ausschwingenden Trio und zum Brio des Finalsatzes. Aber das Ensemble tariert dies fein aus, ohne ins gegenteilige Extrem zu verfallen. So wird das volkstümliche Element im Schlusssatz fast eher wie eine Reminiszenz musiziert, mehr wie ein Nachhall aus Schuberts früheren Werken, denn als eine Rückkehr zum Unbeschwert-Lebenslustigen. Eine tatsächlich fast schon paradiesisch-jenseitige, tief bewegende Hörerfahrung.



Sven Kerkhoff



Trackliste
CD 1:
Schubert: Schwanengesang, D.957; Schwanengesang, D.744
Felix Mendelssohn: Lied ohne Worte, op. 30 Nr. 1
Fanny Mendelssohn: Schwanenlied, op. 1 Nr. 1

CD 2:
Schubert: Streichquintett, D.956
Besetzung

Julian Prégardien: Tenor
Martin Helmchen: Klavier

Christian Tetzlaff, Florian Donderer: Violine
Rachel Roberts: Viola
Tanja Tetzlaff, Marie-Elisabeth Hecker: Cello


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