Christone "Kingfish" Ingram
662
|
|
|
Der 1999 geborene Christone "Kingfish" Ingram überraschte 2019 mit seinem Album "Kingfish". Zwischem "frischem Wind", traditionellen Vorgaben, druckvollem und am Rock angelehnten Sound brachte die Musik zwar nichts wesentliches Neues, und die propagierte Zukunft des Blues hatte ich auch nicht erblicken können, aber letzlich wurde kraftvoller moderner Blues präsentiert, auf hohem Niveau angesiedelt.
Und so geht es eigentlich auch weiter mit seiner neuen Platte, 662. Doch hat sich etwas verändert. Zum Einen: erneut ist der beteiligte Drummer Tom Hambridge für die Produktion zuständig und bei dreizehn von vierzehn Songs ist er maßgeblich als Komponist beteiligt. Meiner Meinung nach wird der Einfluss des Musikers überpräsent. So breitet er sich mittlerweile als verantwortlicher Songschreiber für immer mehr Musiker und deren Veröffentlichungen aus.
War er anfänglich noch sporadisch auf Platten von Johnny Winter, Susan Tedeschi, Bernard Allison, Keb' Mo' aus dem Bluesbereich, als auch bei einigen Country-Produktion mitverantwortlich, so stammten letztlich fast alle Songs auf Platten von Buddy Guy, James Cotton oder Joe Louis Walker von ihm, ebenso wie auf der ersten Platte von Ingram. Das hat zur Folge, dass, zum Anderen: sich die Songs immer mehr ähneln, irgendwie immer weniger vom wahrscheinlich wirklichen Stil des jeweiligen Künstlers abweichen.
Und dieses Gefühl habe ich bei 662 sehr stark, nur der Bonustrack, "Rock & Roll", der weder von Hambridge komponiert noch produziert wurde, hebt sich aus der Masse ab. Das ist eigentlich schade, denn ich möchte gern hören, welche Vorstellungen Ingram wirklich mit seiner Musik verknüpft und in welche Richtung er ginge, wäre er selbstständiger und unabhängiger. Nun, immerhin fungiert er bei den Songs als Co-Autor, doch würde man Hambridge's Anteile "herausrechnen", wäre meiner Meinung nach das Ergebnis möglicherweise ein anderes.
Und auch das noch: Blues muss nicht mehr zwangsläufig aus Chicago kommen, 662 wurde in Nashville aufgenommen, so ist auch ein völlig genrefremder Musiker dabei, der Bassist Glenn Worf, den man aus unzähligen Country-Sessions kennt. Ob das auch beeinflussend sein mag? Denn auch die Gitarristen Greenberg und Britt zählen zu Nashville's zahlreichen Studiomusikern, die nicht allein auf Blues abgestellt sind, und genau das spüre ich bei dieser Produktion. Denn die Bluesmusiker, die Ingram auf seiner ersten Platte begleiteten, konnten wesentlich authentischer überzeugen.
Dennoch ist diese Mischung aus Blues Rock, Shuffles und vom Soul angehauchten Songs (bitte mal beim Titelsong darauf achten - hört man da nicht ein wenig "Nutbush City Limits"?)sicherlich keine schlechte, nur eine weniger überzeugende und hinsichtlich der erwarteten Weiterentwicklung einer "Hoffnung des Blues" recht enttäuschend im Ausdruck.
Wolfgang Giese
Trackliste |
1 662
2 She Calls Me Kingfish
3 Long Distance Woman
4 Another Life Goes By
5 Not Gonna Lie
6 Too Young To Remember
7 You’re Already Gone
8 My Bad
9 That’s All It Takes
10 I Got To See You
11 Your Time Is Gonna Come
12 That’s What You Do
13 Something In The Dirt
14 Rock & Roll |
|
|
|
|
Besetzung |
Christone "Kingfish" Ingram (guitar, vocals)
Tom Hambridge (drums, background vocals - #1, 10, chimes - #4)
Kenny Greenberg (guitar - #1, 2, 4, 9)
Bob Britt (guitar - #3, 5, 7, 10)
Glenn Worf (bass - #1, 2, 4, 9)
Tommy MacDonald (bass - #3, 5-8, 10-13)
Marty Sammon (piano - #2, 11, 13, Hammond B3 organ - #6, 8, 9, Wurlitzer piano - #8)
Max Abrams (saxophone - #9)
Julio Diaz (trumpet - #9)
Nick Goldston (drums, bass, piano, keyboard, acoustic guitar - #14)
Brooke Stephenson (background vocals - #14)
|
|
|
|