Tori Freestone Trio
El Mar de Nubes
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Mit der Platte “In The Chop House” legte die britische Saxofonistin Tori Freestone im Jahre 2015 ihr gelungenes Debüt-Album vor. Nach “El Barranco“ aus 2017 folgt mit El Mar de Nubes der nächste Streich.
2015 war mir aufgefallen, dass die Protagonistin ziemlich zurückhaltend im Spiel agierte, zwei Jahre später wirkte sie in dieser Hinsicht bereist freier und gelöster. Inspirationen für diese neue Platte stammen von den Kanarischen Inseln. Eindrücke von Meer, Himmel und Bergen sollen wohl entscheidend gewesen sein, und so startet die Platte auch recht träumerisch mit dem Titelsong, wie eine Rückbesinnung auf die auf den Inseln erlebte schöne Zeit, nun in einem Studio in London.
Grundsätzlich in einem ruhigen Ausdruck gehalten, gelingt es Tori, mit zurückgenommener Energie reichlich Kraft in ihr Solo zu integrieren, dass insofern sehr lyrisch Eindrücke offenbart, die Schönheit als auch Verzücktheit transportieren. Neben den Eigenkompositionen der Band finden wir zwei bearbeitete Traditionals (#3, 9) und ein Stück von Sam Rivers (#6).
Die Musik der Platte ist recht abwechslungsreich gelungen, ziemlich kompliziert ist “Hiding Jekyll“ arrangiert und ausgeführt, mitunter wirkt es wie zerrissen, löst sich in freie Metren und fliegt dann vor sich hin, mit Improvisation aller drei Beteiligten. Klar – “Shenandoah“ lässt die Folklore sprechen, die Stimmung erinnert mich stark an einige Songs von Ken Hyder und seiner Band Talisker. Der amerikanische Folksong transportiert noch eine Menge keltischen Ursprungs, aber das Thema ist lediglich der Rahmen, denn die freie solistische Ausgestaltung nimmt eigene Motive auf, bleibt aber in der emotionalen Stimmung.
Emotional – genau, das ist das Stichwort, denn Gefühle sind es, die vor allem durch das Spiel von Tori stark eingebracht werden, Bass und Schlagzeug unterstützen das auf ihre Weise und bilden teilweise einen Gegenpol durch coole und abgeklärte Spielweise, nicht jedoch, um aus der Gruppeneinheit auszubrechen. Auf “Beatrice“ zum Beispiel bringen Bass und Schlagzeug gemeinsam eine Passage ein, die voller Jazzfeeling par excellence sprüht.
Resümierend kann ich feststellen, dass ein überwiegend ruhig gehaltenes Album entstanden ist, dass die Saxofonistin grundsätzlich erneut eher zurückhaltend als frei heraus vorwärtspreschend zeigt, und emotionale Ausbrüche werden gezielt formuliert, anstatt auszubrechen. Dieser Gegensatz birgt allerdings einen gewissen Reiz in sich. Mit dem neunten Track gibt es noch eine weitere Version von “Shenandoah“, nun singt die Protagonistin und spielt eine teils kratzende Violine, dazu brummelt der Bassist und der Drummer untermalt dezent das folkloristische Geschehen. Mithin ist das ein recht ungewöhnlicher Abschluss der Platte.
Wolfgang Giese
Trackliste |
1 El Mar de Nubes (8:11)
2 Hiding Jekyll (8:21)
3 Shenandoah (8:48)
4 Hasta La Vista (7:07)
5 El Camino (7:48)
6 Beatrice (8:00)
7 Los Indianos (8:01)
8 La Nochevieja (7:18)
9 Shenandoah (6:26)
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Besetzung |
Tori Freestone (tenor saxophone, violin and vocals - #9)
Dave Manington (double bass)
Tim Giles (drums)
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