Elvis Presley
Way down in the Jungle Room
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Betrachtet man gängige Sterotypen über die Karriere von Elvis Presley ergibt sich schnell folgendes Bild: Da ist der revolutionäre Erfinder des Rock'n'Roll in den 50ern, der mit peinlich billigen Filmen weit unter Wert vermarktete Schlagerstar der 60er und das von Medikamentensucht gezeichnete, immer fetter werdende Wrack der 70er Jahre. Vor diesem Hintergrund können die Erwartungen an Way down in the Jungle Room geringer kaum sein, den es handelt sich um die letzten Aufnahmen, die der King im Februar und Oktober 1976 in seiner Villa Graceland gemacht hat.
Auf CD 1 befinden sich die Master fast aller Stücke, die auf From Elvis Presley Boulevard, Memphis, Tennessee (1976) und Moody Blue (1977), den beiden letzten Studioalben von Elvis erschienen sind. Lediglich die ersten drei Stücke von Moody Blue fehlen. CD 2 ergänzt einzelne Originaltakes wiederum von fast allen Stücken. Lediglich von „He'll have to go“ gab es wohl keine Outtakes.
Dank später (oder früher?) Geburt habe ich mich mit der erwähnten pauschalen Kritik an Elvis immer schwer getan, auch wenn ich mittlerweile nicht zuletzt dank der fetten Biographie von Peter Guralnick (Band 1, Band 2) nur zu gut um den Niedergang des Kings weiß. Aber einer der ersten Elvis-Titel, den ich bewusst als solchen wahr genommen habe, war „Way down“, das 1977 im Radio allgegenwärtig und eine meiner ersten Singles war. Das Teil gefiel mir richtig gut – und ich habe mir dann aus der Sammlung meiner Mutter die alten Schinken „Tutti Frutti / Blue Suede Shoes“ und „Rip it uo“ gezogen. Irgendwoher kam dann auch noch die 1970er Country-Single „Kentucky Rain“, die stilistisch ganz gut zu dem einen oder anderen Filmsoundtrack passte. Und die Filme liefen damals – wahrscheinlich auch aus Anlass seines Todes – reichlich. Und auch da war nicht alles blass – musikalisch gesehen.
Gute Voraussetzungen also sich möglichst vorurteilsfrei dieser Veröffentlichung zu nähern. Das Ergebnis ist ambivalent. Zum einen wird ganz deutlich: Elvis konnte es noch. Highlight ist tatsächlich das bereits erwähnte „Way down“, ein melodischer Rock'n'Roll, bei dem Elvis noch einmal die volle Kraft seiner königlichen Stimme einsetzt. Auch die damalige Single-b-Seite „Pledging my Love“ zeigt einen starken Elvis, auch wenn es da eher der schnulzende Crooner ist, den die harten Lederjacken-Rock'n'Roller so gar nicht schätzen. Ähliches gilt für „Solitaire“ und seinen Engelschor. Für die Stärke des King spricht auch, dass er einer eher verhaltenen Nummer, wie „He'll have to go“, seinen Charme verpassen kann.
Way down in the Jungle Room also ein überraschend starkes Spätwerk? Das wäre dann doch zu viel gesagt. Denn auch wenn die Performance von Elvis erstaunlich gut ist, verglichen von dem Bild, das man von ihm in den Jahren und Monaten vor seinem Tod hat, reicht das Material, das ihm zur Verfügung steht, bei Weitem nicht an seine großen Zeiten heran – und das schließt sogar Teile der Soundtracks mit ein, die zumindest gute Pop-Musik enthielten.
Es sicher kein Zufall, dass From Elvis Presley Boulevard, Memphis, Tennessee und Moody Blue die Pole Position auch in den USA nicht in den allgemeinen Billboard-Charts erreichten, sondern nur in den US-Country Charts. Und der dritte Platz für Moody Blue, dürfte wohl auf den Tod Elvis' vier Wochen nach Erscheinen des Albums zurückzuführen sein. From Elvis Presley Boulevard, Memphis, Tennessee schaffte gerade mal den Sprung in die Top 50.
Und so passt der muntere Titelsong von Moody Blue, der stark an die Bellamy Brothers oder Harpo erinnert, gut ins Bild – ohne deren Hits in irgendeiner Weise Konkurrenz zu machen.
Wer ein durchschnittliches Country-Album mit starken Pop- und leichten Rock'n'Roll-Tendenzen zu schätzen weiß, dürfte auch mit Way down in the Jungle Room klar kommen. Die Bonus-CD ist nur für Spezialisten wirklich. Am auffälligsten sind noch die deutlichen Proberaum-Tracks mit Gesprächsfetzen und Neueinsätzen. Sonderlich interessante Alternativ- oder Ur-Interpretationen sind da nicht zu finden.
Das 24-seitige reich bebilderte Booklet bietet ausführliche englisch-sprachige Linernotes. Das Coverartwork des Digi-Backs ist mit Fotos aus dem Inneren von Graceland erstellt worden, ein erdrückender Plüsch, der durchaus zur Musik passt. Rebellisch ist hier definitiv nichts mehr.
Norbert von Fransecky
Trackliste |
CD 1: The Masters
1 Way down (2:38)
2 She thinks I still care (3:51)
3 Bitter they are, harder they fall (3:17)
4 Pledging my Love (2:51)
5 For the Heart (3:22)
6 Love coming down (3:07)
7 He'll have to go (4:32)
8 Blue Eyes crying in the Rain (3:41)
9 Hurt (2:07)
10 Never again (2:51)
11 Danny Boy (3:56)
12 Solitaire (4:40)
13 Moody Blue (2:49)
14 It's easy for you (3:27)
15 I'll never fall in Love again (3:44)
16 The last Farewell (4:02)
CD 2: The Outtakes
1 Bitter they are, harder they fall (Take 1) (5:15)
2 She thinks I still care (Take 10) (6:30)
3 The last Farewell (Take 2) (4:15)
4 Solitaire (Take 7) (5:37)
5 I'll never fall in Love again (Take 5) (4:04)
6 Moody Blue (Take 1) (3:53)
7 For the Heart (Take 1) (3:55)
8 Hurt (Take 3) (2:30)
9 Danny Boy (Take 9) (4:02)
10 Never again (Take 9) (3:56)
11 Love coming down (Take 3) (3:17)
12 Blue Eyes crying in the Rain (Take 4) (4:59)
13 She thinks I still care (Alternate Version - Take 2) (4:26)
14 It's easy for you (Take 1) (5:24)
15 Way down (Take 2) (3:50)
16 Pledging my Love (Take 3) (5:34)
17 For the Heart (Take 4) (4:13) |
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