Haberecht 4
Essence
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Na, wenn das man nicht zu Wortspielereien einlädt!
„Rechthaberisch“ nennt die Saxofonistin aus Karlsruhe ihr Album Essence?
Eine Essenz also, und das nimmt Steffen Weber in den Liner Notes auch gleich auf, in dem er ausführt: Wie in einem guten Parfum sind auch in dieser „Essenz“, bestehend aus Eigenkompositionen von Kerstin Haberecht, eine Vielzahl unterschiedlicher Duftnoten enthalten.
Auch Sebastian Sternal äußert sich und schreibt von einem beachtlichen Debüt-Album.
Nun, ob sie Alle Recht haben?
Das Album ist erschienen in der Serie >>Next Generation<< der Jazz-Zeitschrift JazzThing, in Zusammenarbeit mit dem Plattenlabel Double Moon erschienen. Hierbei sollen vor allem junge Talente gefördert werden.
Das seit 2013 bestehende Quartett um Kerstin Haberecht stellt auf der Platte ausschließlich Eigenkompositionen der Saxophonistin vor.
Gleich der erste Song wirkt sehr betörend mit diesem ganz zarten und filigranen Ausdruck. Die Protagonistin lässt dabei vor meinem geistigen Auge Kollegen wie Ben Webster oder Lester Young erscheinen, aber auch moderne Interpreten des Genres wie David Sanborn fallen mir ein. Doch letztlich bemerkt man rasch, wie sie es vermag, mögliche Vorbilder und/oder Inspirationen mit offensichtlich eigenen Vorstellungen zu verbinden. Ja, “Unforgettable Colors“ ist ein magischer Auftakt, viel Wärme, Innigkeit und Vertrautheit bahnen sich rasch ihren Weg. Positiv auffällig ist, wie die Begleiter der Saxofonistin dabei sind mit ihren spontanen Aktionen, man spielt absolut verflochten miteinander zusammen und die Vier bilden eine traumwandlerische Einheit. Das ist ein Eindruck, der im Verlauf der Platte nur noch erhärtet wird.
Wir hören keinen typischen Jazz, einen, der wie wild swingt, einen, der viel Blues beinhaltet, sondern eine moderne Variante dessen, was der Jazz an offenen Türen bietet. So sind es viele Details in den zarten Arrangements, die sich sehr feinfühlig eingraben in das Hörvergnügen. Verbunden ist die Musik mit einem hohen Grad an Entspannung, die dazu zwingt, dabei und mittendrin zu sein, um zu verweilen in diesem angenehmen Meer von Tönen.
Aber nicht nur weich und zurückhaltend wie auf den ersten beiden Songs bleibt es, denn “In Freedom Of The Fearless Mind“ swingt nun doch rasant davon, fast schon kontraproduktiv zum treibenden Rhythmusgerüst spielt Kerstin Haberecht ganz gegen den Rhythmus, bis sie nach und nach hineinwächst und sich in das Tempo integriert. Das ist eine der Feinheiten in den Arrangements und spontanen Ausführungen, die das Besondere an dieser Musik ausmachen.
Weinig und Grossmann erweisen sich als großartige Rhythmiker und können brillieren, Nicolas Hering setzt beim soeben genannten Stück darüber exzellente solistische Akzente, mit Spuren des Großmeisters Thelonious Monk.
Alles in Allem überwiegen auf der Platte die eher ruhigen Momente, was mir persönlich noch fehlt, sind spontane emotionale Ausbrüche in Richtung des freien Jazz, das hätte mir meinen sehr positiven Eindruck noch etwas verstärkt.
Ja - sie haben recht, die Herren Weber und Sternal, wenn man ihre eingangs erwähnten Worte genau so auslegt.
Wolfgang Giese
Trackliste |
1 Unforgettable Colors (4:28)
2 Lullaby For M (6:31)
3 In Freedom Of The Fearless Mind (6:26)
4 Schlafloser Februar (6:29)
5 Lost And Won (6:10)
6 Boxstunde (6:47)
7 Metamollphose (8:04)
8 Schöne Stille Stille Schöne (6:23)
9 The Machine (5:10)
(all compositions by Kerstin Haberecht)
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Besetzung |
Kerstin Haberecht (alto and soprano saxophone)
Nicolas Hering (piano, Fender Rhodes)
Bastian Weinig (bass)
Mathis Grossmann (drums)
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