Musik an sich


Reviews
Mozart, W. A. (Eickhorst)

Mozart in Moll


Info
Musikrichtung: Wiener Klassik

VÖ: 16.9.2011

(Genuin / Codaex / CD / 2011 / Best. Nr. GEN 11212)

Gesamtspielzeit: 67:16

Internet:

Konstanze Eickhorst



"WAS IST DENN EIGENTLICH GESCHEHEN?"

- "Que s´est-il donc passe?", so fragte der Mozart-Biograph Georges des Saint-Foix (1936) in Anbetracht der Sonate a-moll, KV 310, offenbar der Meinung, der vermeintlich ach so heitere Mozart sei mit ihr von seinem Weg abgeirrt, habe zumindest eine existentielle Erfahrung gemacht, die seine Musik einschneidend verändert habe. Aber nur, weil die Grundtonart Moll beim Salzburger Meister selten anzutreffen ist, ist das Wehmütige, Dunkle eigentlich doch keinem seiner Werke fremd. Freilich, so konsequent zelebriert wie in den hier zusammengestellten Klavierstücken hat er es sonst kaum. Doch auch in ihnen findet sich jene Janusköpfigkeit und - wenn man dem Abgrund allzu nahe kommt - das typische "Ach, lassen wir das!", so z.B., wenn die Fantasie d-moll in einen heiter-beschwingten Schluss mündet und zuletzt geradezu betont banal endet, ganz so, wie Mozart im Lied vom "Veilchen" verfährt.
Die Pianistin Konstanze Eickhorst, den Kammermusikfreunden nicht zuletzt als Mitglied des Linos-Ensemble bekannt, widmet diesem nur scheinbar so ganz anderen Mozart eine ganze CD und widersteht dabei der Versuchung, Mozart allein wegen des Moll zum verfrühten Romantiker zu erklären. Sie führt in den entsprechenden Passagen mithilfe fein austarierter Dynamik vielmehr eine Traurigkeit vor, die sich mal aus melancholischer Wehmut, mal aus zornigem Feuer speist. Das wird besonders in den Ecksätzen jener a-moll-Sonate deutlich, während Eickhorst die c-moll-Sonate insgesamt träumerischer anlegt. Dort werden die Untiefen und Stimmungen außerordentlich differenziert ausgelotet, Mozarts psychologische Meisterschaft - die man sonst vornehmlich in den Opern zu vernehmen meint - scheint dadurch erstaunlich klar in dieser Sonate auf. Was die "kleineren" Stücke angeht, so nutzt die Interpretin die Freiräume der Fantasie c-moll konsequenter aus, als beim kleineren Schwesterwerk in d-moll. Sehr sensibel und beredt spürt sie schließlich dem irrlichternden, affektiv instabilen und chromatisch kühnen Rondo a-moll nach, mit dem der Komponist nun tatsächlich seiner Zeit voraus war.
Insgesamt eine Mozart-Begegnung, die trotz oder wegen ihrer düsteren Seiten beglückend genannt werden darf.



Sven Kerkhoff



Trackliste
1 Fantasie d-moll, KV 397 05:43
2 Fantasie c-moll, KV 475 12:41
3-5 Sonate c-moll, KV 457 20:44
6-8 Sonate a-moll, KV 310 17:58
9 Rondo a-moll, KV 511 10:10
Besetzung

Konstanze Eickhorst: Klavier


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