SLASH - Die Autobiografie: ein gutes Buch mit orthografischen Mängeln
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Nachdem Slash mit Slash in diesem Jahr sein erstes Solo-Album veröffentlicht hat und ganz aktuell auch mal wieder Deutschland mit seinem Besuch beehrt hat (Rock am Ring im Juni 2010), soll an dieser Stelle aus gegebenem Anlass mal ein Blick auf seine Biografie geworfen werden. Erschienen ist sie eigentlich schon Ende 2007, die hier besprochene deutsche Ausgabe im Oktober 2008 - und damit fast parallel mit dem seit Jahren (bzw. Jahrzehnten...) erwarteten Chinese Democracy-Album der "neuen" Guns N’ Roses - Slash war mit seinem Buch damit eben doch etwas früher dran als sein Ex-Kollege Axl.
Ein wildes Leben hat der Mann mit dem Zylinder hinter sich, der uns da seine Geschichte erzählt: Slash - Die Autobiografie berichtet von seiner Geburt (23. Juli 1965), seiner Kindheit und Jugend und natürlich ausgiebig über die Gründung, den Aufstieg und den Zerfall von Guns N' Roses. Und so erfahren wir nicht nur, wie Saul Hudson zu seinem Namen Slash und zu seinem Zylinder kam, sondern erhaschen auch einen Blick hinter die Person Slash, von der ja meist nur eine wilde Haarmähne und ein Zylinder zu sehen sind. Auch gibt es in diesem Buch private Bilder, auf denen man ihn ohne Gitarre und ihm sogar in die Augen schauen kann - u. a. auch einige Schulbilder von einem wirklich süßen kleinen Jungen, der später zu Slash werden sollte.
Inhaltlich bedient die Biografie dabei so jedes Klischee, welches man von einem Rockstar wohl nur haben kann: es geht vor allem um Sex and Drugs and Rock and Roll. Als Scheidungskind macht Slash bereits als Zwölfjähriger Bekanntschaft mit Sex, kleinen und größeren Diebstählen und ersten Drogen, der Rock and Roll dagegen kam erst relativ spät, als er seine BMX-Leidenschaft gegen eine Gitarre austauschte. Was folgt ist eine der typischen Rockbiografien, in der eigentlich keine Droge ausgelassen wird, zahlreiche Hotelzimmer sinnlos zertrümmert werden und einige Sexgeschichten zum besten gegeben werden. Vor allem aber Drogen spielen in Slashs Lebensgeschichte eine herausragende Rolle: er hat sie wohl alle, vor allem Alkohol, Heroin und Koks, derartig ausgelebt, dass man sich nach der Lektüre des Buches fast wundert, dass er noch ein Buch auf die Reihe bekommt.
Sein anfangs noch moderates, ja fast freundschaftliches Verhältnis zu Axl Rose, welches sich im Laufe der Guns N’ Roses-Zeit doch zunehmend abkühlt bzw. einer rein geschäftlichen Beziehung weicht, wird ebenso aus Slashs Sicht beschrieben wie der Ausstieg von Steven Adler, Izzy Stradlin und Gilby Clarke aus der Band. Für Guns N’ Roses - Fans dürfte das Buch damit wohl unverzichtbar sein. Aber auch die Neben- und Folgeprojekte von Slash (Slash’s Snakepit, Velvet Revolver, seine Mitarbeit bei Michaeal Jackson, Lenny Kravitz, Alice Cooper u. a.) kommen natürlich im Buch zur Sprache, wenn auch nicht mehr so ausführlich. Leider endet das Buch eben naturgemäß im Jahr 2007, so dass zwar der Disput zwischen Slash und Axl Rose ausführlich behandelt wird, die aktuelle Feindschaft mit Ex-Velvet Revolver-Sänger Scott Weiland aber leider noch kein Thema ist. Sein kürzlich in einem Interview geäußerter George-Bush-Vergleich mit ihm ("Ich mag ihn, jetzt wo er weg ist.") deutet jedenfalls an, dass es auch hier interessanten Lesestoff gegeben hätte. Mit Sängern hat Slash anscheinend schnell mal Probleme...
Eine Sache sollte an Slash - Die Autobiografie an dieser Stelle aber nicht unerwähnt bleiben: die deutsche Ausgabe lässt doch sehr zu wünschen übrig, aus dem Edel-Verlag ist man da doch einen höheren Standard gewöhnt. Wer denn dieser Co-Autor Anthony Bozza ist, wird leider ganz verschwiegen und mit keiner Silbe erwähnt (Anm. der Red.: er ist ein Redakteur des Rolling Stone); und was das Lektorat angeht, ist das Buch wirklich erbärmlich. Gleich drei Personen werden für das Lektorat genannt, aber entweder haben diese sich allesamt aufeinander verlassen (ohne das Buch wirklich zu lesen) oder sie haben bei ihrer Arbeit einen ähnlichen Drogenkonsum an den Tag gelegt wie Slash zu seinen besten Zeiten: Im Buch finden sich (beim oberflächlichen Lesen) über 100 offensichtliche Fehler (Tippfehler, fehlende Leerzeichen, deutliche Satzzeichenfehler, Trennfehler, fehlende Worte, etc.). Und zwar lässt die Rechtschreibreform mittlerweile allerhand parallele Schreibweisen zu, wie z.B. "sodass" und "so dass", dies aber als Einladung zu betrachten, so etwas abwechselnd getrennt oder zusammen zu schreiben, ist schon etwas fragwürdig und stört den Lesegenuss neben den Fehlern doch erheblich.
Ansonsten: nett zu lesen, trotz der orthografischen Schwächen. Aber vielleicht wurde das Buch auch etwas überhastet lektoriert auf den Markt gebracht aufgrund des zeitgleich erscheinenden Chinese Democracy-Albums... Und wer sich allzu sehr an solchen Fehlern stört, kann ja auch auf die Hörbuch-Version - gelesen von Tatort-Star Ingo Naujoks - ausweichen.
Jürgen Weber
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