Hawkwind
Blood of the earth
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Eigentlich müsste man die Briten Hawkwind zu all den anderen reunionierten Dinosaurierbands zählen, die alljährlich durch unsere Lande ziehen. Aber aus dem Fokus der Öffentlichkeit sind sie bereits lange verschwunden. Obwohl, als Teil der Gegenkultur waren sie dort eigentlich nie übermäßig präsent, wenn man mal von ihrem Chartbrecher „Silver machine“ absieht. Nun gibt es also ein neues Album der Spacerock-Pioniere. Fünf Jahre sind ins Land gezogen, seit der letzte Langdreher Take me to your leader erschienen ist.
Allzu viel passiert ist musikalisch (glücklicherweise) nicht. Noch immer gibt es sphärische Klänge zwischen stampfenden, fast punkigem Powerrock, fast geisterhafte Töne zwischen oszillierenden Ethnopassagen, sowie proggige Fetzen und mächtige Klangschichten. Dabei wirkt man charmant anachronistisch. Irgendwie stehen Hawkwind damit jenseits von Retro und Postmoderne. Wer der Band dabei Selbstplagiatismus vorwerfen möchte, hat stellenweise gar nicht unrecht. Wühlte Dave Brock doch gleich zweimal in der eigenen Geschichte und zerrte noch einmal „You'd better believe it“ (vom 1974er Hall of the mountain grill) und seine Solonummer „Sweet obsession“ (vom 1984er Earthed to the ground) hervor. Der Rest ist neu. Und dabei kann man sich dem Eindruck nicht verwehren, dass sich Herr Brock selbst etwas zurück genommen und Keyboarder Tim Blake das Ruder in die Hand gelegt hat. Nicht nur einmal stehen eindeutig schwebende Synthieflächen im Vordergrund, anstatt wilder Rockjams.
Blood of the earth beginnt recht dramatisch mit gesprochenen Worte aus dem Off, Meereswellen und Nebelhorn, sowie flirrender Sologitarre und Tastentönen. „Wraith“ wird danach zum reinsten Paukenschlag und zeigt uns Hawkwind, wie sie sich dereinst auf Space ritual kultiviert haben. Danach wechseln sich die Eindrücke und Klänge bunt ab. „Green machine“ ist ein schönes, floydiges Instrumentalstück. „Inner vision“ spielt die elektronisch anmutende Krautrock-Ethno-Karte aus und führt direkt ins Kifferuniversum. „Sweet obsession“ grüßt ebenso als 60's Psychpopnummer aus dieser Richtung, während sich „Comfy chair“, „Prometheus“ und das neu aufgelegte „You'd better believe it“ gekonnt zwischen Jamlastig- und Eingängigkeit einordnen. Es gibt was zu entdecken. Das balladeske und angenehm verspielte „Sentinal“ lädt noch einmal zum Träumen ein und beschließt das reguläre Album. Der Bonustrack „Starshine“ ist dagegen nur ein spaciges und etwas unbeeindruckendes Ethno-Instrumental.
Auf Blood of the earth ist nicht alles Gold was glänzt. Stellenweise gewinnt man den Eindruck, Hawkwind würden etwas den Blick fürs Wesentliche verlieren und sich in ihrer Spielwut verzetteln. Aber trotzdem haben sie damit bewiesen, dass auch im hohen Alter noch mit der Band zu rechnen ist. Allerdings muss man auch gestehen, dass diese Platte doch eher was für Fans ist und Neuankömmlinge das selbst gestrickte Universum vielleicht nicht so sehr einladend finden könnten. So schlagen hier auch im Rezensenten zwei Herzen. Objektiv würde man das Ganze mit 12 Punkten bewerten, subjektiv mit einer guten 16. Macht insgesamt 14 Zähler für eine Stunde Musik.
Mario Karl
Trackliste |
1 | Seahawks | 6:14 |
2 |
Blood of the earth | 2:59 |
3 |
Wraith | 6:09 |
4 |
Green machine | 4:05 |
5 |
Inner visions | 4:29 |
6 |
Sweet obsession | 4:43 |
7 |
Comfy chair | 4:57 |
8 |
Prometheus | 5:46 |
9 |
You’d better believe it | 7:15 |
10 |
Sentinel | 6:05 |
11 |
Starshine (Bonus track) | 7:12 |
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Besetzung |
Dave Brock (Guitar, Keyboards, Vocals)
Mr. Dibs (Bass, Vocals)
Tim Blake (Keyboards)
Nial Hone (Guitar, Bass, Keyboards)
Richard Chadwick (Drums, Vocals)
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