Bruckner, A. / Rheinberger, J. G. (Grün)
Messe in e / Requiem
DIE HOHE SCHULE DES CHORGESANGS
Es reichen die ersten Takte von Bruckners Messe in e um zu wissen: Dies ist eine DER Chor-CDs der letzten Jahre. Herrlich empfindsam und farbig lässt der KammerChor Saarbrücken unter seinem Leiter Georg Grün die Töne aufblühen und schafft dabei eine Atmosphäre von solcher Dichte, dass sie den Hörer sogleich gefangen nimmt. Das kann man nicht hoch genug bewundern, denn zum einen ist die 1869 uraufgeführte Messe ein sängerisch höchst anspruchsvolles Werk für achtstimmigen Chor, zum anderen stellt sie mit ihrem steten Wechsel zwischen kirchenmusikalischer Archaik und modernen Klangwirkungen auch beachtliche Anforderungen an den Zuhörer.
Wer Bruckner eher als Sinfoniker kennt, wird überrascht davon sein, dass hier die großen Klangflächen vollkommen fehlen, vielmehr feinste Nuancen und dissonante Verschiebungen dominieren. Ergänzt wird das ganze durch eine Bläserbegleitung von Oboen, Klarinetten, Fagotten, Hörnern, Trompeten und Posaunen, deren Stimmen nicht lediglich den Chorgesang stützen, sondern eigenständig auskomponiert sind. Bruckner entschied sich für diese ungewöhnliche Gestaltung des Orchesterparts deshalb, weil die Messe für eine Aufführung unter freiem Himmel bestimmt war.
Die Messe lebt nicht zuletzt von ihren geschickt eingesetzten Kontrasten. Vom wiegenden Flüsterton bis zum expressiven Fortissimo-Gesang reicht die Palette, wobei der Messtext sensibel ausgedeutet wird. Der Chor reizt dieses Spektrum bei durchweg homogenem Klang in vorbildlicher Weise aus und heißt damit all jene schweigen, die behaupten, Kirchenmusik des 19. Jahrhunderts sei durchweg süßlicher Cäcilianismus.
Dieses Attribut mag schon eher Rheinbergers (1839-1901) Requiem in Es zukommen. Es ist der kleine Bruder der zwei Jahre zuvor entstandenen Totenmesse in b, op. 60, reicht aber an jene im kompositorischen Anspruch nicht heran. Dies war durchaus Absicht, kennzeichnete doch schon das Titelblatt des Erstdrucks das vierstimmig a cappella darzubietende Werk als "leicht ausführbar". Die homophone Stimmführung und die choralartig schlicht gewählten Themen gewährleisten das Erreichen dieser Zielsetzung. Durch sie strahlt das Werk absichtsvoll zwar eine große Ruhe und Harmonie aus, kommt dabei aber letztlich über das Niveau durchschnittlicher liturgischer Gebrauchsmusik nicht hinaus.
Dem KammerChor Saarbrücken gelingt es ungeachtet dessen auch hier, seine Qualitäten auszuspielen und durch eine blitzsaubere Intonation zu überzeugen.
Sven Kerkhoff
Trackliste |
1-6 Bruckner, Messe in e, WAB 27
7 Bruckner, Libera me, WAB 22
8-15 Rheinberger, Requiem in Es, op. 84 |
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Besetzung |
KammerChor Saarbrücken
Bläser der Kammerphilharmonie Mannheim
Ltg. Georg Grün
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