Misanthrop
Aphorismen
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Misanthrop ist der erste HipHopper im Hause des jungen Labels NovaTune, das macht neugierig! Ein erster Blick auf das Cover offenbart eine düstere, in Rot und Schwarz gehaltene Szenerie - das kennt man doch irgendwo her? Richtig, Thomas D.'s wegweisendes 2001er Album Lektionen in Demut war ganz ähnlich gestaltet, und das wird wohl kein Zufall sein. Der Misanthrop sucht den Vergleich mit dem Fantastischen Einen geradezu, hat mit dem selbstherrlichem Prollo-Rap anderer deutschsprachiger Crews nichts am Hut und geht den noch sehr unberührten Weg des philosophischen und nachdenklichen HipHops.
Sein größtes Manko dabei ist vielleicht, dass er einfach nicht der geborene Rapper ist. Man hat ganz sicher schon schlechteres gehört, aber sein Sprechgesang ist einfach unspektakulär, gelegentlich fast schon einlullend ("Bluefisk"). Auch mit Refrains tut er sich schwer, die lahme Hook in "Zurück in die Zukunft" demonstriert dieses Defizit ganz gut. Erfreuliche Ausnahme: Das komplett folkloristisch (!) arrangierte "Das Leben ist schwer", ohnehin ein Highlight auf dem Album.
Es bleiben Texte und Sounds, um aus Aphorismen etwas außergewöhnliches zu machen. Erstere haben es in sich: Der Misanthrop, der auf seiner Homepage eine Rubrik eigens für Buchempfehlungen eingerichtet hat, rappt über sehr existentielle Themen - "Liebe, Leben, Tod und Musik" umschreibt es schon ganz gut. Dabei gibt er nicht nur seine eigenen geistigen Ergüsse zum Besten, sondern samplet auch oft "klüge Sprüche" anderer Herrschaften - "Über Krieg" und "Hektor 2001" basieren gänzlich auf musikalisch unterlegte Thesen und Meinungen. Reichlich schade allerdings ist, dass die Texte im Booklet (welches nur zweiseitig ist, also aus Cover und Inlet besteht) nicht abgedruckt sind. Ärgerlich deshalb, weil auch die Homepage des Misanthropen keine Texte zum Album enthält und einige der Tracks relativ schnell gerappt werden, so dass das rein auditive Verstehen der Texte nicht immer leicht fällt.
Eine zwiespältige Angelegenheit - ist dieser ungewohnte Stil nun das nächste große Ding im deutschen HipHop, quasi der erwachsenere Nachfolger von Samy & Co., oder nichts anderes als eine neue Art der stupiden Prahlerei, die sich diesmal im wahllosen Jonglieren mit Fremdwörten und Pseudo-philosophischen Texten äußert? Entscheiden soll's jeder selbst, die Möglichkeit gibt's dazu bei NovaTune. Tatsache ist jedenfalls, dass Aphorismen ein okayes Debut ist. Nicht mehr und nicht weniger.
Hendrik Stahl
Trackliste |
1 | Aphorismen | 3:47 |
2 | Liebe, Leben, Tod und Musik (DJ Backdraft Mix) | 4:28 |
3 | Life & Death | 4:54 |
4 | Flügel aus Stahl | 4:42 |
5 | Über Krieg (mit DJ Ju) | 2:43 |
6 | Bluefisk | 3:47 |
7 | Zurück in die Zukunft | 4:41 |
8 | Delirium im Paradies (mit Takesni) | 4:19 |
9 | Flügel aus Stahl (Stadler & Waldorf Mix) | 3:54 |
10 | Das Leben ist schwer | 2:07 |
11 | Allgemeiner Aussagen (mit Homid, Bina und Tony Gorilla) | 4:23 |
12 | Hektor 2001 | 4:00 |
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