Eines der Referenzwerke im Metalsektor in diesem Jahrtausend stellt
sicherlich Nevermore`s letzter Meilenstein "Dead Heart In A Dead World" dar, bei dem
es den Jungs aus Seattle fast in Perfektion gelungen ist Härte und Melodie
bzw. Wahnsinn und Gefühl zu einer unwiderstehlichen Einheit verschmelzen zu
lassen.
Mit dem neuesten Longplayer der Truppe können und wollen Nevermore das
Vorgängeralbum nicht toppen, denn anstatt "Dead Heart In A Dead World Part II" auf
die Menschheit loszulassen, geht die Reise sozusagen Zurück in die Zukunft,
noch vor "Dreaming Neon Black"-Zeiten. "Enemies Of Reality" bietet (leider
nur) neun Songs von denen die meisten Titel zwar mit unzähligen Feinheiten, wie
z.B. fast schon in einem Anflug von Genialität scheinbar zufällig aus dem
Armel geschüttelten Gitarrenspielereien von Klampfengott Jeff Loomis,
angereichert sind, sich aber jedoch erst nach mehrmaligen Hören dem Konsumenten
öffnen. Falls sie sich überhaupt öffnen muss man unbedingt noch dazusagen, denn ein
ewiges Rätsel, neben dem Sinn des Lebens und der Popularität von Robbie
Williams, wird mir wohl das völlig durchgeknallte "Noumenon" bleiben. Ist aber
auch nicht weiter verwunderlich, da Frontpsycho Warrel Dane ja selbst der
Meinung ist, das man erst bei vier Gläsern Bourbon hinter dieses Werk blicken
kann. Die Marke dieses hochprozentigen Getränkes hat er uns jedoch leider nicht
verraten und dies könnte der Grund sein, das soviele Versuche von mir kläglich
gescheitert sind. Hicks !
Am ehesten noch in die melodische Kerbe schlägt die gelungene Halbballade
"Tommorrow Turned Into Yesterday" das man ohne schlechtes Gewissen als das
"Heart Collector" des neuen Silberlings bezeichnen kann, sowie das ebenfalls
relativ ruhige "Who Decides", während der schon von diversen Livegigs bekannte
Titelsong und das ungewöhnlicherweise schon mit dem Chorus beginnende "Never
Purify", dessen Refrain doch sehr an das Titelsstück der letzten CD erinnert,
eher in die Sparte "Gelungene Vertreter des Rückfalls in alte, harte Zeiten"
eingeordnet werden kann. Ebenfalls noch auf der Haben-Seite kann das genial,
verrückte Gitarrensolo auf "I, Voyager" gutgeschrieben werden und das war es
dann auch schon mit Friede, Freude, Eierkuchen. Die restlichen Stücke gehen
bei ca. 56 maligen Konsum bestimmt unweigerlich In Leib und Blut über, aber ob
man sich das antun will, muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich denke es
reicht wenn man tagtäglich irgendwelche Radiomusik vorgespielt bekommt und
nach einiger Zeit erschreckenderweise unfreiwillig dazu mitsummt. An der
Produktion, gibt es trotz angeblicher Budgetkürzungen seitens des Labels und
heftiger Bedenken im Vorfeld der Veröffentlichung, so gut wie gar nichts
auszusetzen, da der komplette Silberling kurz vor Toresschluss nocheinmal gemastered
worden ist. Also keine Angst vor weiterer St.Angerei bzw. stänkerei.
"Enemies Of Reality" ist sperriger, komplexer und härter als die letzten
beiden Nevermore-Outputs und wird vor allem Fans der Anfangszeit dieser Band
begeistern. Für alle anderen gibt es ein nettes Cover, bei der limited Edition
eine Bonus-DVD mit Videos des Haufens, eine CD mit 50 Prozent songtechnischer
Trefferausbeute und die Erkenntnis das Vorfreude wohl doch die grösste Freude
bleibt.
13 von 20 Punkte
Manuel Liebler
Internet: nevermore.the.nl
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