Eine der schönsten Scheiben, die ich bisher für dieses nette Magazin durchhören durfte. "An old english Dream", der Opener,
kommt natürlich nicht an die unerreichbare Latte heran, die sich Procol Harum vor über 30 Jahren mit dem Übersong "Whiter Shade of
Pale" selber aufgelegt haben, setzt aber sehr interessant bei der Atmosphäre dieses Stückes ein und aktualisiert sie für die Gegenwart.
Es folgen zwei richtig schöne kleine Ohrwürmer, der eine ("Shadow boxed") rhythmisch, der andere ("A Robe of Silk") eher ruhig.
Nach diesen phantstischen 25plus-Punkte-Auftakt-Hattrick fällt "The Blink of an Eye" etwas ab. Da hilft auch die wiederum an "Whiter Shade of
Pale" erinnernde Orgel nicht drüber hinweg. Großßartig bleibt es dennoch.
Denn dieser zeitlose Comeback-Versuch bewegt sich vom ersten bis zum letzten Ton auf extrem hohem Niveau. Selbst die im Vergleich zu den
Highlights etwas abfallenden Tracks stecken 90 Prozent dessen, was uns sonst so angeboten wird, locker in den Sack. Auch der Verzicht
darauf, sich selber zu kopieren, bei gleichzeitigem Festhalten an den eigenen Traditionen, verlangt höchsten Respekt. Wahrscheinlich wird sich
die CD, da sie sich auf keinem der aktuellen Trends bewegt, dennoch nicht durchsetzen, was mich nicht daran hindert verschwenderisch mit den
Punkten um mich zu werfen. Denn jeder Durchlauf dieser CD war ein echter Genuss, was man nur von einem Bruchteil der CDs sagen kann, die
zum reviewen auf meinem Schreibtisch landen.
Neben Selbstzitaten ("Fellow Travellers" und ganz massiv "Weisselklenzenacht (The Signature)") sind auch Anklänge an
andere "erwachsenere" Bands der späten 70er/ frühen 80er herauszuhören - insbesondere an The Alan Parsons Project zur Zeit der "Turn
of a friendly Card" ("VIP Room", "Wall Street Blues"), an Steely Dan ("The Question" ) und sogar Pink Floyd ("This
World is rich")
Stilistisch schkägt man den Bogen von wunderschöne Balladen ("The Emperor's new Clothes") bis hin zu erdigen Blues-Nummern
("Every Dog will have his Day"). Und auch der Kopf bekommt Futter. Die Lyrics zu Texten, wie z.B. dem sozial engagierten "This
World is rich", das sich mit den Fragen von weltweiter (Un-)Gerechtigkeit auseinandersetzt, lohnen durchaus den Blick ins Booklet.
"The Well's on Fire" - die empfohlene Alternative zur mainstreamigen Fastfood-CD.
18 von 20 Punkte
Norbert von Fransecky
Internet: www.procolharum.com
|