(Stuttgart; 13.08.03; Schleyerhalle)
Das im Februar ausgefallen Chili Peppers-Konzert wurde nun im August in der
größten Hitze selbstverständlich konsequent in der Halle nachgeholt. Die Karte
habe ich mir damals vorwiegend wegen der Vorband The Mars Volta für ca. 45 Euro
geleistet. Diese wurden nun beim Nachholkonzert von Killing Joke ersetzt, wofür
ich den Veranstaltern immer noch den Hals umdrehen könnte.
So sitzen wir leider bei geschätzt 150°C Hitze und ca. 0,4 % Sauerstoffgehalt in
der Luft am komplett anderen Ende der Halle scheinbar kilometerweit von der
Bühne entfernt. Was ist nun die Gitarre und was noch mal der Bass? Mit der Optik
nicht auszumachen. Normalerweise soll es gut möglich sein, auch mit
Sitzplatzkarten in den Stehplatzbereich zu gelangen. Jaja, schade, dass gerade
jetzt schon die Radrennbahn für das 6-Tage-Rennen die beiden Zuschauerklassen
wie ein Keil unüberwindbar trennen muss.
Killing Joke werden von den stehenden Besuchern gnadenlos ausgebuht, was ich
eigentlich nicht fair finde, da diese armselige Ausgrabung aus den Achtzigern
wohl auch nichts dafür kann von ihrer Plattenfirma zwecks ihrer neuen
Veröffentlichung in das Vorprogramm gedrückt geworden zu sein. Auf den anderen
Deutschland-Konzerten waren das wenigsten die Distillers, eine Band, die ich
eigentlich sehr mag, aber mit dem Majordeal scheinen die Auftrittsgründe ähnlich
zu sein wie bei Killing Joke und ich glaube auch weniger, dass es ihnen viel
besser erging als Killing Joke. Ich hätte heulen können, als ich mit anhören
musste (ansehen wäre vermessen) wie mir abwechslungsreich die Rhythmen 1/8 1/8
1/8 1/8 1/4 1/4 oder 1/8 1/4 1/8 1/4 1/4 entgegenschlugen. Die Betonung stets
auf den beiden letzten Vierteln und beharrlich nur mit einem Akkord von der
Gitarre reingepeitscht. Auch wenn man versucht das Geheule und Gegröhle eines
kranken Esels zu ignorieren, auf irgendeine Weise findet alles seinen Weg in den
Gehörgang. Ich träume von The Mars Volta.
An diesem Punkt ist die Stimmung schon am absoluten Tiefpunkt. Als ich dann auch
noch feststellen muss, dass ich auch die Hauptband mit den Augen nur erahnen
kann macht das langsam keinen Spaß mehr. Die Lust wird noch schlechter und
kühler wird es auch nicht. Auf der Rentnertribüne hat man auch mit dem
verzweifelten Versuch durch Aufstehen etwas Atmosphäre zu spüren keine Chance
auf Erfolg. Alle vier Songs sieht man etwas über die Videoleinwand von der Band,
was das Gefühl weiterhin verstärkt alles durch eine Mattscheibe zu verfolgen -
nur dass man nicht zappen kann. Ich möchte die Performance der Chili-Peppers
nicht kaputtschreiben , aber vermutlich fallen einem in aller Ernüchterung
einfach viele Mängel stärker ins Auge. Der Hintergrundgesang John Frusciantes
ist an manchen Stellen völlig fehl am Platz und auch Anthony Kiedis unterlaufen
Fehler. Anonsten aber wirklich musikalisch ein sehr gutes Konzert, viele
interessante Überleitungen und improvisierte Intros machen es auch für den
Zuhörer lohnenswert. Die Setlist setzt sich bis auf Give It Away und Under The
Bridge ausschließlich aus Stücken der Alben By The Way und Californication
zusammen. Dem Gesicht, das die RHCP von sich eben zeigen wollen. Am positivsten
fällt mir Flea am Bass auf, für mich das beeindruckendste am ganzen Konzert und
alles schließt sich mit dem Gedanken ihn am Bass mit der Mars Volta zusammen zu
sehen...
Naja, die RHCP waren echt gut, aber wirklich gespürt habe ich nichts beim
Konzert und so kann ich mich auch wenig an Emotionen erinnern wie es sonst bei
Konzerten eigentlich immer der Fall ist. Für mich die Schlussfolgerung, dass die
Atmosphäre das Wichtigste am Konzert ist, da ich überzeugt bin, dass wenn ich
etwas weiter vorne gestanden hätte von einem klasse Konzert berichtet hätte.
Fazit: Nie wieder in große Hallen!
Kevin Kirchenbauer
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