Nachdem die Veranstalter in der Historie des Rock am Wachhügel-Open Airs bisher größtenteils auf Nummer Sicher gegangen waren und überwiegend allgemeinverträgliche Coverbands für die musikalische Untermahlung auf dem nett aufgemachten Open-Air-Gelände verpflichteten, konnte man anno 2002 die deutsche Crossoverinstitution H-Blockx engagieren und 2003 sogar schon von einem richtigen kleinen Festival sprechen, da dieses Jahr (zumindest am Freitag) drei sehr interessante, sich stylistisch gut ergänzende Bands mit eigenem Liedgut auf der Bühne in Wiesenbronn am Start waren. Leider wusste dies vom anwesenden Publikum nicht jeder ausreichend zu würdigen und so teilte sich die Menge zwischen denen die vor der Bühne standen und den Bands lauschten bzw. den Zuschauern (oder besser gesagt: Zuschüttern) die ihr Heil in den (zugegeben recht netten) Getränkeständen suchten, in einem recht unnatürlichen Verhältnis von teilweise 50:50 auf, was Axxis-Frontsirene Bernhard Weiss schon zu der ein oder
anderen kleinen (aber feinen) Spitze gegenüber diesen Leuten hinriss. Aber nun zum chronologischen Ablauf der Geschehnisse.
Als erstes durften MISFIT aus Aschaffenburg auf die Bühne und wer, anhand der Namensähnlichkeit, mit einer Tributeband der Horrorpunker Misfits rechnete, hat zwar anhand seiner blühenden Phantasie einen Orginalitätspreis verdient, war aber leider mit seinen wirren Gedanken auf dem Holzweg ... und das war gut so. Die Truppe aus Nordbayern erinnerte vom Sound her an eine Mischung zwischen Female-Vocal-Rotzrock ala Lullacry, diversen 80er Jahre Poserrockbands sowie traditionellen Heavy Metal und diesen Mix nennt man heutzutage der einfachheithalber wohl Heavy Rock. Die druckvollen Kompositionen von Misfit überzeugten durch jede Menge Abwechslung, Ohrwurmqualitäten und gelungenen Backing Vocals, wobei der Schwachpunkt der Band gerade beim Gesang von Frontfrau Eva Kreuzer lag, der wohl doch für diese Art von Musik ein wenig zu hoch angesetzt war, was einige Fehlerchen mit sich zog und auf Dauer doch ein wenig nervte. Dieses Manko machte der Fünfer aber durch eine engagierte Bühnenshow wied
r wett und die Axtfraktion poste (teils sogar simultan) was das Zeug hielt, so das das Rockerherz vor Freude hüpfte. Sogar ein neues Lied wurde auf die Leute vor der Bühne zur Feier des Tages losgelassen und dieser Song konnte sich nahtlos in die Riege der anderen gelungenen Misfit-Werke einführen. Es also machte Spass der Band zuzusehen und mindestens ebensoviel Spass hatten die Jungs und Mädels auf der Bühne, so das man sich alles in allem keinen besseren Opener für diese Veranstaltung hätte wünschen können.
Richtig gespannt war ich dann auf die Jungs von SHYLOCK, da dies der erste Auftritt war, bei dem ich die total umgekrempelte Band (nur noch die Bandköpfe Matthias
Schenk (voc.) und Hannes Löhr (git.) sind von der Besetzung des letzten Albums "Pyronized" übriggeblieben) in ihrem neuen Aufgebot zu Gesicht bekam. Nach einem Muppet-Show-Intro(!) stürmte die neuformierte Truppe dann auf die Bühne, legte traditionell mit "Knocking" los und schon nach dem Opener konnte man sagen, das die neuen Kleider Shylock hervorragend zu Gesicht standen. Endlich wirkte der Sechser wie eine geschlossene Einheit und die recht jungen Neuzugänge brachten durch ihre Performance jede Menge Leben in die Bude bzw. der Stage in
Wiesenbronn. Dazu passte es auch hervorragend das neben Melodic-Hardrockperlen wie "Bloodsister", "Never Give Up Fighting", "Desparation Song" u.v.a.m. dem Publikum auch ein neuer Track namens "Revolution" spendiert wurde, der sich trotz seiner etwas moderneren Ausrichtung sehr gut in die Setlist der Würzburger einfügte und enormen Appetit auf die kommenden CD der Jungs machte. Was gab es sonst noch zu berichten ? Die sich steigernde Überballade "Another Lonely Night" verursachte diesmal sogar Gänsehaut unter freiem Himmel, Sympathiepunkte wurden durch ein nettes Gewinnspiel sowie dutzend geschüttelter Fan-Hände gutgeschrieben und als Zugabe gab es es wie immer den Bandklassiker "Can`t Let You Go". Starker Auftritt der jetzt schon enorm eingespielt wirkenden Truppe, bei eigentlich nur der etwas schwammige Sound, sowie die ewig gleichen Ansagen von Frontröhre Schenky für ein paar kleine Abzüge in der B-Note verantwortlich sind. Shylock sind also durchaus für höhere Aufgaben gerüstet un
wir bleiben natürlich am Ball.
Nun war es also soweit und nach einer kurzen Umbaupause bzw. dem aktuellen Intro vom "Eyes Of The
Darkness" eröffneten die Jungs aus Dortmund mit ebenjenen Titel ihr Set. Jeder Anwesende der sich in der Vergangenheit schon ein wenig näher mit der Truppe befasst hatte, konnte beim ersten Anblick wirklich ins Zweifeln geraten ob es sich bei den Musikern auf der Bühne wirklich um das
Orginal, oder doch eher um eine Axxis-Tribute-Band handelte. Nun gut, den kurzen Haarschnitt
(uiuiui, bei dieser Veränderung behalte ich meine langen Haare wohl ewig - der Autor) von Basser Kuno Niemeyer und das Piratenbärtchen von Sänger Bernhard Weiss waren die eingefleischten Fans ja schon seit spätestens dem Bang Your Head-Festival gewohnt, aber wer um Himmels Willen war der Gitarrist bzw. der Drummer ?!? Die Antwort ist im Prinzip ganz einfach. Da der etatmäßige Gitarrero Guido Wehmayer exakt an diesem 15. August in den stürmischen Hafen der Ehe eingelaufen ist und Schlagwerker Richie Michalski zu dieser Zeit noch eine Handverletzung auskurierte, wurde das optisch doch ein wenig verändert wirkende Axxis-Gründungsmitglied Walter Pietsch wieder an der Axt reaktiviert und für den Job hinter den Kesseln wurde Drummer Andre Hilgers von Silent Force vorübergehend verpflichtet.
Eigentlich hatten die beiden fehlenden Bandmitglieder ja Glück das sie in Wiesenbronn nicht am Start waren, denn auf der Fahrt in diesen Ort platzte bei 140 Stundenkilometer ein Reifen des Axxisgefährts und so konnte man wirklich froh sein das wir dieses Konzert in einer wohl einmaligen Besetzung überhaupt erleben durften.
Frontmann Bernhard Weiss, für den ich ohne weiteres mein Geld auf Sieg bei Teilnahme einer neumodischen "Deutschland sucht den besten Komiker"-Castingshow setzen würde, machte sich selbst aus dieser Situation einen
Spaß und verschenkte den geplatzten Reifen an ein Mädel aus dem Publikum mit dem Versprechen das die Truppe ihn nachher mit einem schwarzen Edding signiert, so das die arme Maid auch theoretisch behaupten kann die Namenszüge sind von Bon
Jovi. Da man ja in Wiesenbronn anhand der doch etwas geringen Zuschaueranzahl "Unter Uns" laut Mr.Weiss war, gab es weitere ausgedehnte Showeinlagen mit einer Heliumflasche und einigen daraus resultierenden menschlichen Mickey-Mäusen.
Naja, sowas ist sicherlich Geschmackssache auf einem Rockkonzert, aber zumindest meine Wenigkeit könnte sich stundenlang über die Sprüche im ulkigen Ruhrpottdialekt amüsieren.
Musik gab es natürlich auch noch und vor allem den zwei Zeitarbeitern an der Gitarre bzw. Drums gehört mein größter Respekt, da sie sich die Axxis-Stücke in sehr kurzer Zeit fehlerfrei aneigneten und sogar noch für ein nettes Instrumental Zeit war. Die Hits der Band waren in der Setlist löblicherweise ausnahmslos vertreten und so stellte dieser Gig für alle Axxis-Hardcoreanhänger die den Weg nach Wiesenbronn gefunden haben, ein Konzert dar das sprichwörtlich den Fünfer einmal zum Anfassen bot.
Als Zugaben hatten sich die Ruhrpöttler "Kingdom Of The Night" sowie "Flashback Radio" ausgesucht und umso erstaunlicher war es das Bernhard Weiss und Co.
anschließend nochmals die Stage betraten um sich "Na, Na, Hey, Hey, Kiss Him
Goodbye" vom Frankenland zu verabschieden. Ein großes Lob von meiner Seite an die Jungs von
Axxis, die trotz einer für ihre Verhältnisse geringen Publikumsanzahl bzw. Reaktionen, voll motiviert bei der Sache waren und den wahren Fans ein tolles Programm boten. Das nennt man wohl Professionalität.
Alles in allem war das Rock Am Wachhügel-Open Air ein Festival das durch faire Preise, gute Organisation bzw. mindestens
genau so gute Bands glänzte. Ich hoffe die Veranstalter behalten das Schema dieses Jahres bei, bieten auch Anno 2004 wenigstens ein paar musikalische Leckerbissen mit Songs aus eigener Feder und das Publikum dankt es ihnen durch zahlreiches Erscheinen und Abfeiern der Bands ein wenig mehr als in diesem Jahr.
Manuel Liebler
Internet:
www.rock-am-wachhuegel.de
www.axxis.de
www.shylockmusic.de
www.misfit-roxx.de
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