Laurence Cummings
Bevor das Cembalo (engl: Harpsichord) in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts vom Hammerklavier abgelöst wurde, gelangte zuvor noch einmal die Literatur für dieses Instrument zu höchster Blüte, kam doch sein durchsichtiger, filigraner Klang dem Wunsch nach größtmöglichem kompositorischen Raffinement außerordentlich entgegen.
Erst die Rekonstruktion der alten Instrumente und das in den letzten Jahrzehnten entwickelte Verständnis dafür, daß Barockmusik mehr ist, als eine Art musikalischer Mathematik, hat vermocht, jenen Kompositionen wieder wirkliches Leben einzuhauchen.
Erfreulich viel von diesem Leben steckt in Laurence Cummings´ Cembalo-Rundreise durch das Europa um 1730. Selbstredend darf Bach nicht fehlen, hier vertreten mit dem Italienischen Konzert und der Französischen Suite Nr. 5. Der Solist überzeugt durch ein geradliniges, unprätentiöses Spiel. Cummings verzichtet auf vordergründige Knalleffekte. Ihm genügt in angenehmer Weise die musikalische Spannung der Werke, die er für sich sprechen läßt. Da zudem die Aufnahme sehr ausgewogen und mit einem klaren Klangbild ausgestattet ist, kommt in keinem Moment das Gefühl kammermusikalischer Nervensägerei auf.
Der Brite, der schon mit Ensembles wie Les Arts Florissants und The Gabrieli Consort zusammengearbeitet hat, beweist besonderes Gespür für die tänzerischen Elemente, so auch in Händels Suite Nr. 7. Dabei zeichnet ihn ein scheinbar mühelos leichter Anschlag aus, der wunderbar perlende Läufe und Verzierungen ermöglicht.
Nicht ganz so überzeugungskräftig gelingen die Stücke mit gewisser Doppelbödigkeit, wie z.B. Domenico Scarlattis Sonate f-moll (K 466), deren diffuse, geheimnisvolle Stimmung mit mehr Gestaltungswillen herausgearbeitet zu werden verdient gehabt hätte. Wie überhaupt in den ruhigeren Sätzen und Werken eine fast ängstliche Überbetonung der Struktur zu verzeichnen ist. Aber wieviel "Romantisierung" Barockmusik verträgt, ist wahrhaftig Ansichts- und Geschmackssache - nach Cummings´ Ansicht nun eben praktisch überhaupt keine.
Unabhängig davon bekommt der, der sich für diese CD entscheidet, einen sorgfältig ausgewählten und spielerisch, wie technisch einwandfreien Überblick über die Früchte jener Blütezeit des Cembalos.
Repertoire: 3 Punkte
Klang: 5 Punkte
Interpretation: 4 Punkte
Edition: 4 Punkte
Gesamt: 16 Punkte
Sven Kerkhoff