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Interview mit Sentenced
 

Für unsere Leser ist uns keine Hürde zu hoch und so packten wir unsere sieben Sachen und fuhren nach Abtsgmünd auf das Summer Breeze Open Air, um dort eine Stunde vor ihrem Auftritt (Bericht folgt) den finnischen Chartsstürmer von Sentenced ein paar Fragen zu stellen. Da man schon einige sonderbare Geschichten, wie z.B. die im Alkohol ertrunkene CD-Releaseparty oder ähnliche Dinge von Interviews mit dem Jungs gehört hat, verstärkten wir uns mit Jutta Mayer vom Underground-Metal-Mag "Metal-Culture" und fanden zu aller Überraschung im Century-Media-Zelt einen freundlichen, gesprächigen und vor allem nüchternen Frontmann der Northernmost Killers vor. Was Mr. Ville Laihiala uns so interessantes zu sagen hatte, während er an seiner Mineralwasserflasche spielte (was sich während und vor allem nach dem Auftritt auch noch ändern sollte), lest ihr hier.

MAS:
Ihr spielt heute wohl noch bei Tageslicht auf der Open-Air Bühne des Summer Breeze. Ist es auf Festivals nicht schwer eure melancholische Musik ansprechend umzusetzen oder geht ihr einfach nur raus um Spass zu haben und konzentriert auch mehr auf die kommende Club-Tour.

Ville:
Die Situation auf einem Festival ist schon wegen der Atmosphäre, dem Licht usw. immer anders als in einem Club. Das bedeutet zwar nicht das wir heute eine schlechte Show spielen werden, aber wir versuchen hauptsächlich dem Publikum und uns eine Menge Spass zu bereiten. Deswegen sind heute auch mehr "Up-Tempo"-Songs in unserem Programm, da man bei ruhigeren Stücken wegen dem Flair eine gute Lightshow braucht, die aber bei Tageslicht nur schwer zu realisieren ist. Das ist der Hauptunterschied für uns zwischen einem Club- und Festivalgig.

MAS:
Im Herbst gibt es ja bei eurer Tour einen kleinen europäischen Nord-Süd-Gipfel, da ihr von den Italienern Lacuna Coil und noch einer dritten Band begleitet werdet. Könnt ihr uns schon verraten wer die dritte Truppe im Bunde ist ?

Ville:
Nein, leider wissen wir auch noch nicht um wem es sich da handelt.

MAS:
Was kann man von euch auf der Headlinertour erwarten bzw. was erwartet ihr von dieser Gastspielreise ?

Ville:
Es ist das erste Mal das wir eine Tour headlinen, weswegen wir hauptsächlich darauf konzentriert sind unser Bestes zu geben und den Fans mit unserer Musik einen Tritt in den Hintern zu verpassen. Aus diesem Grund haben wir uns auch vorgenommen partytechnisch etwas kürzer zu treten und dafür lieber öfters mal auszuschlafen um fit für die entsprechende Show zu sein. Spezielle Erwartungen haben wir eigentlich keine. Wir probieren alles zu geben, haben uns ein paar nette Überraschungen ausgedacht und die Leute sollten sich am besten selbst davon überzeugen.

MAS:
Glückwunsch für euren sehr gelungenen neuen Longplayer, bei dem die Stücke trotz enormer Abwechslung und Vielfalt zu einer Einheit verschmelzen, die 100 % Sentenced ist. Was war beim Songwriting bzw. den Studioaufnahmen anders als bei Crimson, wo die Atmosphäre nicht so ganz rüberkommt wie bei "The cold white light" ?

Ville:
Die Stimmung innerhalb der Band ist heutzutage eine komplett andere als zur Zeit von "Crimson". Wir sind damals eine Menge getourt um das Album zu supporten und dort sind mit ansteigender Dauer der Tour ziemlich hässliche Dinge passiert, die sogar darin gipfelten das wir uns gegenseitig in die Haare bekommen haben. Als wir wieder daheim angekommen waren, hatten wir sieben Monate keinen Kontakt mehr untereinander und nach dieser langen Zeit starteten wir das Songwriting zu "The cold white light". Seit diesem Tag merkte man richtig wie der Geist von Sentenced bzw. der Spass wieder zurückkehrte und ich denke dies kann man ohne Zweifel wieder auf unserer neuen CD hören. Trotzdem will ich "Crimson" nicht runterziehen, denn es ist und bleibt ein grossartiges Album, das leider nur ein wenig zu ernst geraten ist. Bei unserem neuen Longplayer gibt es zwar auch ein paar ernste Stücke, aber die Hauptsache ist das wir wieder über uns selbst lachen können, was man an der grossen Portion schwarzen Humors erkennen kann. "The cold white light" versprüht teilweise sogar positive Energie und enthält von jeder bisherigen Sentenced-Scheibe seit Amok diverse Einflüsse.

MAS:
Damit hast Du uns schon fast unsere nächste Frage beantwortet, denn die Lyrics des neuen Albums sprühen für eure Verhältnisse ja fast vor postiver Energie und auch der typische Sentenced-Humor ist bei Stücken wie "Excuse me while I kill myself" oder "The luxury of a grave" wieder vollständig zurückgekehrt. Euch scheint es privat also im Moment sehr gut zu gehen oder hat dies einen anderen Grund ?

Ville:
Ja, das kann man wohl so sagen. Es wäre wirklich schade gewesen wenn das Sentenced-Ding aus einem Grund wie den Meinungsverschiedenheiten auf der letzten Tour gestorben wäre, den immerhin kennen wir uns seit solanger Zeit und die Platte "The cold white light", auf die wir sehr stolz sind, wäre sonst nie entstanden.

MAS:
Wir halten euch für eine der wenigen Bands bei der die "Instrumentals" an die Qualität der "normalen" Songs herankommen und die Scheibe dadurch atmosphärisch aufwerten. Wieso habt ihr bei "Crimson" und bei "The cold white light" ausser dem Intro komplett darauf verzichtet ?

Ville:
Die instrumentalen Songs wurden bisher von unserem Gitarristen Tenkula geschrieben. Ich denke es gab in der letzten Zeit für ihn einfach keinen emotionalen Anlass für so ein Stück, das auf einem Gitarrensolo basiert, ganz im Gegensatz zu dem "Frozen"-Album wo "Mourn" massgeblich vom Tod seines Grossvaters beeinflusst war, da er seinen Leidensweg bis zum Ende hautnah verfolgen musste. Es gibt im Leben immer bestimmte Gründe etwas zu tun und wenn kein Grund vorhanden ist lässt man es einfach.

MAS:
Es fällt auf das ihr seit jeher und ziemlich verstärkt auf "The cold white light" in den Texten, Songtiteln und Sounds eine spezielle Verbundenheit zu eurer Heimat zeigt. Was bedeutet Finnland für euch und seid ihr in einem gewissen Sinne stolz auf eure Heimat ?

Ville:
Finnland ist meine Heimat, in der ich seit über 29 Jahren lebe. Die gesamte finnische Mentalität, Kultur .. usw. fliesst in meinen Adern und dies versuchen wir auch durch unsere Musik und Texte auszudrücken. Finnen sind generell schüchtern und haben nur wenig Selbstbewusstsein, aber wir schämen uns nicht dafür, sondern sind eher stolz auf Finnland. Aber dies trifft ja auf viele Bands zu wie zum Beispiel Moonspell aus Portugal. Ich denke das sie genauso stolz auf ihr Land sind, was sie ausdrücken indem sie auch portugiesische Einflüsse in ihre Texte einweben. Aber dies ist wieder eine ganz andere Kultur als die finnische.

MAS:
Wieso denkt ihr das gerade ein relativ kleines Land wie Finnland soviele etablierte Bands wie z.B. Nightwish, HIM, Stratavarious hervorbrachte und es auch mit z.B. Sonata Arctica, Thunderstone, Entwine am hoffnungsvollen Nachwuchs nicht mangelt ?

Ville:
Keine Ahnung, das ist eine gute Frage. Jedes Jahr spriessen gute Bands in Finnland wie Pilze aus dem Boden und wenn man die Top-Ten in unserer Heimat betrachtet, findet man vier bis fünf "heftigere" Acts darin vertreten. Damit meine ich zwar kein Death- oder Blackmetal, sondern härtere Gruppen als bei euch zum Beispiel der Mainstream alà Britney Spears oder so einen Müll. Metal ist Mainstream in Finnland. Wir wissen aber nicht warum. Vielleicht weil es ein guter Weg für die Menschen dort ist ihre Agressionen und Emotionen herauszulassen, den fast immer wenn ein Metalkonzert in Finnland stattfindet, kann sich der Veranstalter das "Ausverkauft"-Schild an die Kasse hängen.

MAS:
Könnt ihr daheim eigentlich nach dem Einstieg von Null auf Eins in den Charts noch unbehelligt auf die Strasse gehen, oder denkt ihr schon an Landflucht wie das Tarja von Nightwish aus diesem Grund vollzogen hat.

Ville:
Nein, ich könnte Finnland niemals für immer verlassen. Es ist meine Heimat.

MAS:
Was ist deine Meinung dazu, das gerade euch vorgeworfen wird im Fahrwasser von HIM zu schwimmen, die ihr hörbar beeinflusst habt, obwohl man Parallelen in den aktuellen Longplayern schon mit einer riesigen Lupe suchen müsste ?

Ville:
Ich sehe nicht viele Gemeinsamkeiten zwischen beiden Bands, obwohl uns viele Menschen mit HIM vergleichen. Uns kümmert das auch herzlich wenig, da wir textlich völlig unterschiedlich sind und nur musikalisch einige wenige Übereinstimmungen zu finden sind. Sentenced existieren seit 1989, während HIM erst seit Ende der neunziger Jahre richtig bekannt wurden. Mehr muss ich dazu auch nicht sagen, ausser das Leute die so etwas behaupten sich wohl noch nicht richtig mit unserer Musik beschäftigt haben.

MAS:
Der Wendepunkt zu eurem heutigen Stil war die Veröffentlichung von "Amok". Was war der Auslöser dafür das ihr das Risiko eingeht einen Grossteil der "alten" Fans zu verlieren und wie ist eure Meinung zu der Engstirnigkeit der meisten Death-Metal-Fans, die euch vorher vergöttert haben und auf einmal nichts mehr von euch wissen wollen ?

Ville:
Da ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht Mitglied von Sentenced war, kann ich nicht detalliert Auskunft über diesen Stilwechsel geben. Aber was mir die Jungs so erzählt haben, wollten sie sich nicht auf das bisher Erreichte beschränken, sondern die Musik mit ihren mit der Zeit gewachsenen Fähigkeiten weiter entdecken. Dies hat jedoch nichts damit zu tun, das man plötzlich seine Songs im Radio hören möchte, den Veränderungen passieren einfach und wenn man Tag für Tag nur dasselbe tut geht man irgendwann daran zu Grunde. Wir akzeptieren und verstehen das viele Death-Metal-Fans Sentenced nicht mehr mögen, jedoch erwarten wir das sie eine Band die sich keine Vorschriften machen lässt und tut worauf sie Lust hat, genauso respektiert wird.

MAS:
Zum Abschluss möchten wir noch fragen auf welches Land ihr euch auf der Tour am meisten freut ?

Ville:
Eigentlich auf jedes Land, da wir solange nicht mehr "on-Stage" waren, den die letzte Tour war im Jahr 2000 und da dies auch noch unsere erste Headlinertour ist wollen wir überall unser Bestes geben und den Fans mit unserer Musik einen gehörigen Tritt in den Arsch verpassen....(kurze Pause) ihre Ärsche lecken oder was auch immer.(lautes Gelächter)

MAS:
Da wir gerade bei den schönen Dingen des Lebens sind. Wo gibt es das beste Bier zu kaufen ?

Ville:
In Finnland natürlich !(lacht)

MAS:
Ist es da nicht besonders teuer ?

Ville:
Ja, ist es. Aber es lohnt sich, da es so grossartig schmeckt,

MAS:
Wir bedanken uns für die Geduld unsere Fragen zu beantworten und wünschen das Beste für den Auftritt gleich. Grüss die Jungs von uns und pass auf dich auf.

Ville:
Dankeschön, werde ich machen.

MAS:
Kiitos ! ( Danke auf finnisch ! - mit deutschem Akzent)

Ville:
Kiitos ! ( grinsend orginal auf finnisch dargeboten !)

Am Interview beteiligt waren Jutta Mayer und Manuel Liebler

Internet:
www.sentenced.org
www.metal-mag.de.vu
www.Century-media.de

 

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