Jeff Kollman

East Of Heaven


Info
Musikrichtung: Rock

VÖ: 21.05.2021

(Marmaduke / Code 7)

Gesamtspielzeit: 57:47

Internet:

http://www.jeffkollman.com


Obwohl Jeff Kollman auf mehr als 20 Alben zu hören ist – darunter das famose Chocolate Box von Mogg/Way – und aktuell die Live-Band von Alan Parsons bereichert, ist er zumindest in Europa in all den Jahren immer unter dem Radar geblieben. Obendrein hat es sich der amerikanische Gitarrist mit seinem sechsten, rein instrumentalen Soloalbum East Of Heaven nach eigenem Bekunden nicht leicht gemacht: „Dieses Album stellt deine/eure Geduld auf eine härtere Probe als alles, was ich bisher gemacht habe.“
Diese Einschätzung verstehe ich, teile sie aber nicht. Sie trifft nämlich nur dann zu, wenn man eine E-Gitarren-Demonstration erwartet. Die gibt es in den knapp 58 Minuten zwar auch, aber mehr so nebenbei, als eine weitere Facette.
Dafür ist der Anteil an akustischer Gitarre ungewöhnlich hoch. Der entlockt Kollman eine Unmenge wunderschöner Melodien, die er gerne mit elektrischer Gitarre unterlegt, etwa bei dem in Gedenken an seinen verstorbenen Bruder Tommy kreierten „See You On The Other Side“, das vollkommen zu Recht den krönenden Abschluss bildet. Dadurch könnte sich der Musiker ein ganz neues Publikum erschließen, das vom ersten Ton begeistert ist und dessen Geduld mit der hier gebotenen Musik eben nicht strapaziert wird!
Unbedingt erwähnen muss man, dass auf der Hälfte der 14 Songs kein Schlagzeug und keine Percussion zu hören ist. Allein deshalb ist East Of Heaven auf jeden Fall ein Fest für Liebhaber von Saitenzaubereien auf höchstem Niveau und ohne jede Ablenkung – nur eben auf eine andere Art. Eine angenehm andere Art!

Schauen wir auf ein paar weitere Songs: „The Mass Exodus“ z.B. packt mit einer starken Melodie, mit der Kollman gekonnt jongliert, herumspielt, sie hin und her rollt wie die Katze das Wollknäuel. Beim Titelsong „East Of Heaven“ dürfte im Kopf so manchen Zuhörers plötzlich der Gedanke aufdämmern: „Mensch, von Jeff Beck hat man ja ewig nichts Neues mehr gehört!“ Seit fünf Jahren, um genau zu sein. Deutlich handfester, aber nicht weniger virtuos kommt „Superstring Theory“ daher. Dabei behält der Gitarrist, Songwriter und Produzent stets die Ruhe eines Mannes, der genau weiß, was er kann, das aber nur zeigt, wenn ihm danach ist. Er will und muss nichts beweisen. Man hat immer das Gefühl, er könnte jederzeit noch eins drauflegen, aber wozu? Also lässt er es bleiben. Auf diese reduzierte Weise wirken die ohnehin fesselnden Songs noch viel stärker. Denn um die geht es, um brillant umgesetzte Ideen, um Stimmungen statt Skalenjagden, die strenggenommen zu nichts nütze sind, weil sie am Ende eh zu nichts führen, keine Verbesserung bringen. Das vielleicht beste Beispiel für das Ergebnis dieser Vorgehensweise ist der vom gleichnamigen Ort in in Italien inspirierte „Montecatini Waltz“, ein kleines Juwel, das dank Carla Buffas sensibler Akkordeon-Begleitung wunderbar entspannt und dabei trotzdem energisch und intensiv klingt. Herrlich!

Wie er diese so krassen Gegensätze zusammenführt und so miteinander verbindet, dass die Funken sprühen, zeigt die ganze Kompositionskunst des Komponisten Jeff Kollman, dem mit East Of Heaven ein melodisches Meisterwerk voller Überraschungen gelungen ist.

Wer möglichst viele der verschiedenen und auch sehr unterschiedlichen Seiten, die dieses Album zu bieten hat, in einem Song hören möchte, sollte „Ghostly“ antesten.



Michael Schübeler



Trackliste
1Loss1:50
2The Mass Exodus6:35
3Homage To King Edward1:07
4Superstring Theory4:47
5Ghostly4:42
6Insomnia2:20
767 XR-74:48
8Montecatini Waltz5:19
9Isolation 20203:37
10East Of Heaven4:27
11So Long Ago3:45
12Hidden Dimensions4:30
13The Darkness Resides4:52
14See You On The Other Side5:15
Besetzung

Jeff Kollman (Electric & Acoustic Guitars, Bass)
Paul Shihadeh (Bass)
Shane Gaalaas (Drums)
Jono Brown (Drums & Keyboards on “East Of Heaven” & “Hidden Dimensions”)
Guy Allison (Keyboards on “67 XR-7”)
Carla Buffa (Accordion on “Montecatini Waltz”)


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