Hungarian Pink Floyd Show

On The Turning Away


Info
Musikrichtung: Progrock

VÖ: 2016

(Hungarian Tribute Records)

Gesamtspielzeit: 41:08

Internet:

http://www.hungarianpinkfloydshow.com


Die Musik Pink Floyds wird natürlich auch im Lande der Magyaren geliebt. Ob die Band auf der Tour zu The Division Bell oder gar bereits zu früheren Zeiten, als der Eiserne Vorhang noch kaum Roststellen zeigte, mal in Ungarn gastiert hat, können Floyd-Konzertstatistiker sicherlich problemlos sagen (zumindest setlist.fm weist keine Daten aus), aber die Möglichkeit, Floyd-Songs live zu erleben, verebbte naturgemäß mit dem Ende von Pink Floyd als Liveband. Ergo war es nur folgerichtig, dass sich wie in anderen Ländern auch in Ungarn Tributebands gründeten, und so erwuchs kurz nach der Jahrtausendwende aus einer bereits viele Jahre existierenden allgemeinen Rock-Coverband namens HitRock ein Projekt namens Hungarian Pink Floyd Show, das offensichtlich strukturell mit dem Hungarian Pink Floyd Club zusammenhängt. Selbiges Projekt spielte anno 2012 sechs Pink-Floyd-Songs im Studio ein, die vier Jahre später zusammen mit einem siebenten, bereits anno 2008 live mitgeschnittenen als CD veröffentlicht wurden, welchselbige wiederum geraume Zeit später auch den Weg in den Player des Rezensenten fand. Wieso es von der Aufnahme bis zur Veröffentlichung so lange dauerte, läßt sich leicht erklären – die Studioaufnahmen waren eigentlich nur für promotionale Zwecke gedacht, und der Impuls zur Veröffentlichung in der vorliegenden erweiterten Form kam dann offensichtlich aus dem Hause Hammer Records, der führenden ungarischen Plattenfirma im härteren Bereich: On The Turning Away trägt für das Sublabel Hungarian Tribute Records die Katalognummer HTRCD 001.
Wie sich die Hungarian Pink Floyd Show strukturell dem Schaffen der Briten nähert, muß an dieser Stelle offenbleiben – von einer Best-Of-Show bis zum Nachstellen spezieller Tourprogramme bietet sich ein breites Spektrum samt mannigfacher Zwischenstufen. Die CD jedenfalls spannt die Songherkünfte von Meddle (1971) bis zu The Division Bell (1994), bietet dabei aber ein Mischspektrum aus erwartbaren und eher unerwarteten Nummern, also keineswegs ein pausenloses Hitfeuerwerk. Dass das letztgenannte Album „High Hopes“ stellen würde, damit konnte man durchaus rechnen, aber von The Wall gibt es eben nicht „Another Brick In The Wall Part 2“, sondern „Mother“, und Material von A Momentary Lapse Of Reason wäre auch erstmal nicht zu vermuten gewesen, es sei denn, Pink Floyd hätten auf der zugehörigen Tour tatsächlich schon in Ungarn gespielt, so dass einem Song wie „On The Turning Away“ möglicherweise dort ein anderer Status zukommt als im Rest der Welt, was wie einleitend bemerkt aber eher unwahrscheinlich ist. Allerdings hat das 25jährige Jubiläum besagter erster Post-Waters-Scheibe tatsächlich den strukturellen Anlaß für die 2012er Studiosession gegeben. Vorteil ist, dass man sich mit einer weniger im allgemeinen Fokus stehenden Nummer wie „On The Turning Away“ nicht ganz so der starken Konkurrenz aussetzt, aber mit seinen Stärken glänzen kann: Die Chorgesänge wissen hier mit ihrem fast gospeliten Touch ohne Wenn und Aber zu überzeugen, und auch das kräftige Riffing tut dem Song zweifellos gut. Generell gestatten sich die Ungarn eher wenig Abweichungen von den Originalen, und wenn sie es tun, dann ist das bisweilen durchaus gewagt: „Shine On You Crazy Diamond“ ist mit „Parts 1-4“ untertitelt, kommt aber in einer noch stärker komprimierten Variante und entbehrt des schwebenden Zaubers, den das Original ausströmt, mehr oder weniger völlig – ob man die kompakte und geerdete Fassung jetzt vielleicht sogar besser findet, liegt freilich wie immer im Ohr respektive Hirn des Hörers. Und überhaupt fällt die Erdungsstrategie auch an anderen Stellen auf: Das Klavierthema von „High Hopes“ kommt relativ straight aus den Boxen, vollzieht den „suchenden“ Touch von Rick Wright nicht nach, und die Glocke klingt nach einer osteuropäischen Billigversion – das Hauptsolo wiederum schwebt so weit über der Landschaft wie das originale von Gilmour auch. Dass sich der Rezensent mittlerweile aber so sehr an die Coverversion dieses Songs von Nightwish gewöhnt hat, dass er diese höher einschätzt als das Original (und sie nicht mal 24 Stunden vorm Schreiben dieses Reviews auch mal wieder im Player hatte), dafür können die Ungarn natürlich nichts und müssen sich dieses „Problem“ zudem mit allen Stilkollegen teilen. In Einzelleistungen weiß die Hungarian Pink Floyd Show jedenfalls partiell sehr hoch zu punkten, vor allem diejenige der Sängerinnen, die den ganz leicht „schwarzen“ Touch in ihrer Stimme hat und in „Mother“ an prominenter Stelle zu hören ist, könnte ein starker Trumpf der Band sein. Um wen es sich konkret handelt, ist ohne weiteres Nachforschen nicht zu ergründen – auf der CD sind neun Mitwirkende angegeben, allerdings ohne nähere Informationen, wer davon 2008 und wer 2012 aktiv war und wer bei gleicher Instrumentierung bzw. Stimmlage was macht. Dass die Formation mit gleich zwei Bassisten auf der Bühne steht, ist jedenfalls eher nicht zu vermuten. Wenn der Livemitschnitt von „One Of These Days“ aus dem Jahr 2008 noch heute repräsentativ ist, sollte die Formation auf der Bühne jedenfalls durchaus überzeugen können, und auch hier ist wieder ein starkes Gitarrensolo zu verzeichnen – ob man aber die 41minütige Tonkonserve wirklich braucht, steht auf einem anderen Blatt, sofern man nicht Hardcore-Floydianer ist: Dann kommt man ohne sie natürlich nicht aus und darf die Punktzahl nach Belieben erhöhen.



Roland Ludwig



Trackliste
1Shine On You Crazy Diamond (Parts 1-4)7:28
2High Hopes8:36
3On The Turning Away5:48
4Mother5:39
5Brain Damage4:34
6Eclipse2:13
7One Of These Days (Live 2008)6:40
Besetzung

László Birta (Git)
Vera Földi (Voc, Perc)
Tibor Füchsel (Keys)
Máté Nógrádi (B, Voc)
Tünde Szinyéri (Voc, Perc)
Réka Káli (Voc, Perc, Gong)
István Puskás (Git, Steel Git, Voc)
György Gönci (B, Voc Phrase)
Tibor Pozsonyi (Dr, Perc, Theremin)



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