Gilles Grethen Quartet
Time Suite
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"Jazz Thing Next Generation Vol.88", die Serie in Verbindung mit der Zeitschrift JazzThing setzt sich fort mit einer CD des jungen, siebenundzwanzigjährigen Luxemburger Gitarristen Gilles Grethen, der die Platte Time Suite als Gilles Grethen Quartet eingespielt hat. Erst kürzlich war ein weiterer Luxemburger Musiker für mich Thema, der Schlagzeuger Michel Meis, der nun auch hier als Bandmitglied mitwirkt.
Grethen selbst nahm einen Umweg über die klassische Musik zum Jazz. Durch die Plattensammlung des Vaters stiess er seinerzeit auf Count Basie und Ella Fitzgerald, die letztlich das Interesse an dieser Musik intensiv weckten. Doch erst über weitere Umwege, nämlich über Geige und Klarinette, Schlagzeug und Bass startete der junge Musiker mit dreizehn das Spiel mit der elektrischen Gitarre. Nun, diese "Vorausbildung" wird sicher nicht geschadet haben.
Die neuen "Helden" hießen nun Wes Montgomery und Grant Green, und ich bin gespannt, ob auch sie Spuren hinterlassen haben. Die Suite über die Zeit startet im Weltraum mit "Stars & Asteroids", und die sphärische Eingangsstimmung hinterlässt bei mir spontan Assoziationen. Ach, da purzelt so Einiges, eigentlichin den ersten fünfzig Sekunden bin ich mitten in den Siebzigern, beim Entstehen des Jazz Rocks, bei Miles Davis, Lenny White, Chick Corea und all den anderen Musikern, die erfolgreich versuchten, Klangwelten zu schaffen, die auf ganz neuen Ideen basierten. Und nach dieser Einleitung muss ich springen, in eine ganz andere Welt, hartnäckig swingender und antreibender Jazz im Hard Bop-Umfeld. Doch bereits im Eröffnungssong muss man mit Überraschungen rechnen, findet doch bereits ein ständiger Wandel statt.
Insofern hat man den Eindruck, fast jeder Song sei eine Suite innerhalb der Suite. Dabei schöpft die Band aus vielen Quellen der Entwicklung des Jazz und des Jazz Rocks, zwischen der Tradition und dem, was noch kommen mag, zwischen hoch energetisch und verträumt zurück genommen. Alle Kompositionen von Grethen zeichnen sich aus durch die Durchdachtheit der Arrangements und gleichzeitig durch Freiräume, die zu spontanen Entwicklungen innerhalb der Songs genutzt werden können.
Auf diese Weise entstehen Spannungsbögen, überraschenden Wendungen und viel Harmonie. Trotz seiner Rolle als Namensgeber des Quartetts ist der Gitarrist nicht jener Musiker, der ohrenfällig als Erster auffällt. Sicher, sein Auftreten, sein Wirken ist offensichtlich, seine Beiträge sind wichtig, doch die Mitspieler nutzen den Raum, um ihrerseits Akzente zu setzen, solistisch natürlich zunächst der Trompeter und Flügelhornist Pinn, der sich auch oft in Unisono-Passagen mit Grethen in Szene setzt. Doch Bassist Basilico und vor Allem Meis um Schlagzeug bieten prägende Beiträge, und tragen zu dem recht individuellen Gesamtbild der Musik bei.
Dieses individuelle Gesamtbild zieht sich wie ein roter Faden durch die Musik der ganzen Platte und die Time Suite läßt mir die Zeit, mich zu vertiefen und die knapp vierzig Minuten als einen guten Zeitvertreib erscheinen, unterstützt von den innovativ und virtuos aufspielenden Musikern.
Wolfgang Giese
Trackliste |
1 Stars & Asteroids (5:48)
2 Reclining (6:20)
3 Pulse (8:45)
4 Black Holes (5:18)
5 Dark Matter (5:54)
6 Remembering (7:09)
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Besetzung |
Gilles Grethen (guitar, compositions)
Vincent Pinn (trumpet, flugelhorn)
Gabriele Basilico (double bass)
Michel Meis (drums)
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