Venitian Snares
My Love is a bulldozer
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Wenn ich bei einer Review mehr als drei Genres angebe, liegt das manchmal daran, dass der betreffende Künstler tatsächlich ein überaus vielfältiges Werk vorgelegt hat, zumeist jedoch, dass ich das Gehörte kaum einordnen kann. Zu letztgenannten gehört ganz sicher My love is a bulldozer des Kanadiers Aaron Funk, welcher hinter dem wohlklingenden Pseudonym Venetian Snares steckt.
My Love is a blulldozer ist das 20. Album (und das in 10 Jahren!) des Künstlers und tatsäclich musikalisch wie gefühlsmäßig ein Bulldozer.
Das Eröffnungsstück stürmt mit harschen Beats und elektronischen Sounds über den Hörer, zerfällt immer wieder zu Passagen die nach Barjazz und Trip-Hop klingen und werden von stimmungsvollen, verhallenden weiblichen Vocals, die auch gut zu einer Trip-Hop-Band passen würden, aber eigentlich klar dem Jazz zuzuordnen sind, veredelt.
In "Deleted Poems" wird es dann klassisch. Wehmütige, klassische Streicher überborden den Hörer, dunkle elektronische Sounds erzeugen Gothic- bzw. Darkwave-Atmosphäre und der berührende weibliche Gesang vollendet einen der schönsten Songs zwischen Dark Wave, Neofolk und Klassik den ich je gehört habe.
“1ooo Years“ greift den klassischen Faden auf. Zunächst mit den Streichern, dann über eine Leier oder etwas, das wie eine Harfe klingt. Und erstmals setzt der Künstler hier seine eigene Stimme ein. Nach zwei Minuten wird das Ganze durch harsche, brutale Elektrobeats und Drummprogrammings und gesampelte Vocals zerfetzt, wenn auch die Streichersegmente immer wieder auftauchen und die gewaltige Elektrosoundlandschaft dann und wann zerfällt, um zum traurigen Eingangsthema zurückzukehren.
“You´re smiling face“ mutiert zu einem elektronischen Jazz- und Trip-Hop-Drama mit hohem Gänsehautfaktor. Weltmusikalische Aspekte werden im von Drummachine und Elektrobeat dominierten “Amazon“ zu einem furiosen und aggressiven Stück verarbeitet. Das Titelstück greift wieder die Streicher auf, driftet dann jedoch ab zu einer Art von Popballade. Stimmungsvolle Keyboardsounds, interessante Beats und straighter Gesang. Doch auch hier kommen über die Drummachinesounds immer wieder Ecken und Kanten hoch.
Hymnische Sounds aus dem Keyboard bestimmen dann “She runs“ - ein weiteres sehr poppiges Stück. Wäre nur auf eingängige Rhythmussounds gesetzt worden, könnte es ein Breitband-Depeche-Mode-Song sein. Doch auch hier bleibt es interessant durch die extreme Rhythmik, die unter dem sphärischen Stück liegt bzw, immer wieder aufbricht. Die Keyboards klingen auch schon mal nach den 80er Tangerine Dream und sorgen so für Soundtrackatmosphäre - doch bitte wegen der genannten Rhythmusklänge kein reines, sphärisches Synthiepopstück erwarten.
Im weiteren Verlauf tauchen dann auch noch Flamencogitarrensounds auf (“8AM Union Station“), dunkler Trip Hop mit Dark-Wave-Keyboards und elektronischen Blasinstrumenten (“Shaky Sometimes“), Neo-Folk-Akustikgitarre und Chöre (“Too far across“), ein weiterer Hybrid aus stimungsvoller Ballade mit Streichersounds und eruptiven Rhythmus-Explosionen sowie das dunkel abschließende Stück Namens “You're blanket“, das noch mal auf Dark-Wave-Keyboards und Elektrostreicher setzt.
Ein solch innovatives Album habe ich schon lange nicht mehr gehört. Als vergleichbare Künstler fallen mir höchstens Ulver, Liars, Test Dept. und aufgrund der Herangehensweise an die Musik vielleicht noch die Legendary Pink Dots, Archive und auch Portishead ein. Nichts ist vergleichbar, aber alle sind irgendwo im Koordinatensystem von Venetian Snares verankert.
Sicher kein einfach zu hörendes Album. Aber eines, das entdeckenswert ist und viel zu entdecken bereit hält. Die volle Punktzahl verwehre ich dem Album nur aufgrund der Tatsache, dass die das Album dominierende elektronische Rhythmik manchmal ein stückweit zu übertrieben eingesetzt wird.
Wolfgang Kabsch
Trackliste |
1 | 10th Circle of Winnipeg | 7:00 |
2 |
Deleted Poems | 3:14 |
3 |
1000 Years | 6:14 |
4 |
Your smiling face | 3:05 |
5 |
Amazon | 4:05 |
6 |
My Love is a bulldozer | 5:09 |
7 |
She runs | 7:05 |
8 |
8am Union Station | 1:41 |
9 |
Shaky Sometimes | 3:32 |
10 |
Too far across | 2:46 |
11 |
Dear Poet | 6:48 |
12 |
Your blanket | 3:07 |
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Besetzung |
Aaron Funk
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