Rodgau Monotones
Wir sehn uns vor Gericht
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Rodgau ist ein kleiner Ort, wenige Kilometer südlich von Frankfurt/ Main. Dass der Name Rodgau seit Anfang der 80er Jahre bundesweit bekannt ist, dürfte das 40.000 Einwohner Kaff den Rodgau Monotones verdanken. Dafür erhielten sie 2009 die Bürgermedaille in Gold der Stadt Rodgau. Noch 2005 wurde ihr 84er Single-Durchbruch „Erbarme, die Hesse komme“ in einer Pressemitteilung der hessischen Grünen als offizielle Hessen-Hymne bezeichnet.
Segen und Fluch zugleich: Daher legte die Band auf dem Nachfolgealbum Wir sehn uns vor Gericht Wert auf das abschließende 17-Sekunden-Statement „Wir sind keine Dialektband. Wann seht Ihr das endlich ein.“ Zu Recht!
Normaler Weise singen die Rodgau Monotones auf Hochdeutsch über die Sorgen und Probleme eines durchschnittlichen 80er Jahre Menschen, der sich mit emanzipierenden Frauen, der Organisation von Demos und BIs, alten R4s und ähnlichen Problemen herumschlagen muss. Das aber nie mit dem links-alternativen Zeigefinger, sondern mit der fantastischen Fähigkeit, die eigene Szene humorvoll auf die Schippe zu nehmen.
Garniert wurde das Ganze von Party-tauglicher Musik. Mit dem englisch gesungenen „Don't talk about Love“ wird der Ursprung der Band bei partytauglichen ZZ Top Cover-Songs besonders deutlich. Herrlich die Zeile: „My favourite Sayin’ is, “Cool it”. I wear dark Glasses at Night.”
Wir sehn uns vor Gericht war im doppelten Sinn ein Scharnier-Album. Es war das letzte Album für das kleine Rockport-Label. Danach ging’s institutionell aufwärts zum Branchenriesen WEA, aber musikalisch, textlich und von den Verkaufszahlen her versank die Band in der Bedeutungslosigkeit. Sänger und Saxophonist Hendrik Nachtsheim verendete später bei der Comedy-Truppe Badesalz.
Wir sehn uns vor Gericht ist nicht mehr ganz so genial, wie die Vorgänger Fluchtpunkt Dudenhofen und vor allem Volle Lotte, das 1984 bis auf Platz 16 der deutschen Verkaufscharts stieg, bietet aber zu über 50 Prozent absolute Volltreffer und keinen einzigen wirklichen Ausfall.
Ganz oben schwimmen
- „Immer ohne mich“ mit seinen tollen Alltagslyrics, die sich mit der merwürdigen Tatsache befasst, dass man immer dann, wenn etwas wirklich Weltbewegendes geschieht, garantiert an einem anderen Ort ist.
- Mit schönen ZZ Top-Riffing garniert schildert „Schritt für Schritt“ das – ab einem gewissen Alter wohl fast unvermeidliche - langsame Hineinwachsen auch des letzten Spontis in konventionelle Karrieren.
- Eine schöne Ballade mit viel Gefühl ist das Liebes(kummer)lied „Is’ nur Kino“.
- Mit dem schön schmierigen Gigolo-Song „Hallo, ich bin Hermann“, gesungen von Hendrik Nachtsheim, begeben sich die Rodgau Monotones fast hörspielartig bereits einen Schritt in Richtung Comedy. So platt, wie das später bei Badesalz sein wird, ist es hier aber nicht nicht
Absolutes Highlight aber ist „Ich bin müde“, ein genialer Power Track, der seinen eigenen Titel Lügen straft. Die donnernde Stimme Peter Osterwolds, das drückende Basssolo von Joky Becker und geniale formulierte Wortspielereien wie „Wenn die Bis für ihre Menschenkettenganz gerne noch mehr Menschen hätten,… …bin ich oh so müde“ oft herrlich lautmalerisch vorgetragen „Ich könnte jetzt davon noch mehr erzählen, würde mich nicht dieses Gääähhnen quääähhlen.“ kreieren einen der besten Deutschrock-Tracks ever.
Und immer angehängt der Highpower Refrain „Ich bin müde, oh so müde!“ Wer dabei nicht aufwacht, ist selber Schuld!
Norbert von Fransecky
Trackliste |
1 | Mein Freund Harvey | 3:51 |
2 |
Immer ohne mich | 4:09 |
3 |
Kreuzverhör | 3:26 |
4 |
Ich bin müde | 3:20 |
5 |
Hallo ich bin Hermann | 4:48 |
6 |
Schritt für Schritt | 3:15 |
7 |
Einfach nur so ... | 3:21 |
8 |
Is' nur Kino | 4:35 |
9 |
Hypnose | 3:38 |
10 |
Don't talk about Love | 5:14 |
11 |
Dialektband | 0:17 |
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Besetzung |
Joky Becker (B)
Mob Böttcher (Dr)
Hendrik Nachtsheim (Voc, Sax)
Ali Neander (Git)
Peter Osterwold (Voc)
Raimund Salg (Git)
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