Philipp Poisel: das 2. Album (Bis nach Toulouse) erscheint am 27.08.2010
|
Es gibt Menschen, die haben auf alles eine Antwort. Sie wissen genau was sie wollen, sind zielstrebig und konsequent und halten Zweifel für ein Zeichen von Schwäche. Philipp Poisel gehört nicht dazu. Der Songschreiber aus Stuttgart weiß, dass es für das Leben keinen Masterplan gibt. "Bis nach Toulouse", das zweite Album des 26-jährigen, handelt vom Wechselspiel "Zwischen Innen und Außen" - so heißt auch einer der schönsten Songs. Weggehen um Anzukommen, ja, sogar Leben oder Tod - eine ganze Menge wird hier durchdacht und besungen. Nicht rechthaberisch, sondern mit einer warmen Melancholie.
Wer Philipp Poisels Debüt (Wo fängt dein Himmel an?) kennt, das vor zwei Jahren wochenlang in den Top-40 blieb, wird feststellen: Die Lieder des Jungen sind ganz schön groß geworden! Beeindruckend, wie sich das hymnische "Zünde alle Feuer" von einem kleinen Flämmchen zu einem lodernden Flächenbrand entwickelt. Philipps ungewöhnliche Stimme ist natürlich immer noch der Mittelpunkt: Fast beiläufig fallen ihm die Worte aus dem Mund, doch jedes davon ist tief empfunden. Eine angenehm lakonische Mischung aus Aufrichtigkeit und Verletzlichkeit.
Die Arrangements der Songs stecken voller funkelnder Details. Zum Beispiel die sehnsuchtsvoll miteinander tanzenden Obertöne von "Wie soll ein Mensch das ertragen". "Die Songs des ersten Albums konnte ich alle alleine auf der Gitarre spielen. Diesmal habe ich mich ein ganzes Stück weiter aus dem Fenster gelehnt", freut sich Philipp Poisel, denn er weiß: "Man kriegt jetzt eindeutig mehr fürs Geld".
Auch die Texte sind noch ein Stück besser und reifer geworden: "Froh dabei zu sein" wagt sich sogar an eins der größten Tabus: "Ich hab' furchtbar Angst vorm Tod / Ich hoff' ich bin dort nicht allein / Auch wenn das Leben manchmal traurig ist / Bin ich froh, froh dabei zu sein". Das Lied hat einen sehr realen Hintergrund: Ostern 2009 diagnostizierten die Ärzte bei Philipp einen Tumor. Er lag auf der Krebsstation, man hatte bereits Gewebe entnommen und untersucht - die Sache schien eindeutig. "Am Ende war es dann doch nur ein harmloses Drüsenfieber. Doch drei Tage lang war ich mir sicher, todkrank zu sein. Da verändert man schon sein Bewusstsein und es werden ganz andere Dinge wichtig". Philipp Poisel hat in diesen drei Tagen gelernt, dass man sich auf zwei Arten mit dem Tod auseinandersetzen kann. Die erste Möglichkeit - ein Lamento darüber, dass hier ohnehin keiner lebend raus kommt - verwarf er schnell wieder. Von der besseren Alternative, die schönen Seiten des Lebens zu erkennen und zu genießen, handelt "Froh dabei zu sein".
Der Titelsong "Bis nach Toulouse" erzählt von einer alten Sehnsucht: "Allein der Name dieser Stadt besitzt schon eine Menge Charme. Als Kind hatte aber auch Marseille eine große Anziehungskraft: Das Meer, der Hafen, die Fremde - das war für mich ein großartiges Bild. Ich bin gerne unterwegs, wenn ich die offene Straße vor mir habe, dann geht's mir gut".
Doch nicht nur das Weggehen, auch das Nachhausekommen ist dem Singer/Songwriter wichtig. Das Gefühl irgendwo hin zugehören, geliebt zu werden. Davon handelt das live in Münster aufgenommene "Ich will nur" ebenso, wie "Liebe meines Lebens". Gerade in solchen Liebesliedern spürt man, dass das Songwriting von Philipp Poisel eine neue Qualität erreicht hat. Sein persönlicher Favorit ist "Hab keine Angst", das musikalisch eher an die Tiefe und Ernsthaftigkeit eines Bonnie "Prince" Billy erinnert, als an den sonnigen Surfer-Pop von Jack Johnson, mit dem Philipp früher manchmal verglichen wurde. Was ihm ohnehin nicht so recht war: "Jack Johnson scheint mir eher eine Frohnatur zu sein, ich aber habe auch einen Bezug zu Schwermut und Melancholie".
Davon profitiert auch das tröstliche "Hab keine Angst". Eine angenehme Müdigkeit liegt über diesem Schlaflied, das wie ein guter Freund daherkommt: "Ich verjage alle Geister und die Dämonen schick ich fort / Leg den Kopf auf meine Schulter, es ist der weltsicherste Ort", singt er da und man glaubt es ihm sofort. "Ich verbinde selber sehr viel mit diesem Song", erzählt Philipp. "Weil Angst im Leben eine zu große Rolle spielt und man so vieles nur aus Angst tut. Ich fand es bisher immer wichtig, darauf zu achten, dass ich mich nicht zu sehr davon leiten lasse".
Und das tut er auch nicht. Auf der Tour zu "Bis nach Toulouse" wird man wieder einmal feststellen können wie souverän Philipp Poisel seine Songs aufführt. Oft steht er mit geschlossenen Augen auf der Bühne, manchmal vor Tausenden von Zuschauern: "Es macht dann keinen Unterschied, ob ich das Lied zuhause auf dem Sofa spiele oder auf einem großen Festival".
Auch das Album "Bis nach Toulouse" besitzt diese lässige Selbstverständlichkeit. Wie bereits der Vorgänger wurde es von Frank Pilsl produziert und zusammen mit den Musikern von Philipps Band eingespielt. Man hört diese Vertrautheit in jedem Stück. Mag sein, dass es einen Unterschied gibt, zwischen Innen und Außen - hier ist er aufgehoben. Weil es nicht um die Pole geht, sondern um das Leben dazwischen. Oder wie Philipp Poiselselber sagt: "Ich lebe sehr in der Gegenwart, aber ich erinnere mich auch gerne an alte Zeiten und freue mich auf die Dinge, die vor mir liegen".
Live-Termine:
17.07. Melt Festival, Ferropolis
24.07. Heimspiel Fanta 4, Stuttgart, Cannstatter Wasen
28.07. Blue Balls Festival (Duo), Luzern, Schweiz
[Add On Music]
Internet: http://www.philipp-poisel.de
http://philipp-poisel.de/trailer
http://www.groenland.com
http://www.myspace.com/philipppoisel
|