Jomelli, N. (Rousset)
Armida Abbandonata
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Info |
Musikrichtung:
Oper
VÖ: 01.07.2005
Ambroisie / Note 1 (3 CD (AD: 1994) / Best.nr. AMB 9983)
Gesamtspielzeit: 171:54
Internet:
Ambroisie
Les Talens Lyriques
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ZWISCHEN GLUCK UND MOZART
Anders als Gluck entwarf Niccolo Jommelli (1714-1774) nie ein eigenes Reformkonzept für die hergebrachte Opera seria. Ihm war vielmehr daran gelegen, alle europäischen Entwicklungen der Zeit umfassend in das bestehende Musiktheater zu integrieren. Zu echter Freiheit von überkommenen Konventionen gelangte er dabei spätestens im Rahmen seines Wirkens am Stuttgarter Hofe zwischen 1753 und 1770. Hier verinnerlichte er gluck´sche Reformideen, Elemente der französischen Oper und der Mannheimer Schule gleichermaßen. Als Jommelli anschließend nach Nepael zurückkehrte, war das Produkt dieser künstlerischen Entwicklung u.a. seine "Armida". Meisterlich vereint er darin die neu erfahrenen Einflüsse mit seinem natürlich Gespür für melodischen Reiz und dramatische Nachzeichnung des Gefühlslebens der Figuren. Gewiß, diese Darstellung des Innenlebens bleibt noch ganz dem momentanen Affekt verhaftet und erreicht nicht die Höhe einer psychologischen Charakterzeichnung nach Mozarts Art. Zudem paßte Jommelli sich dem Publikumsgeschmack insoweit an, als er eine ganze Reihe virtuoser Gesangskunststückchen einflocht, die zwar den Solisten glanzvolle Präsentationsmöglichkeiten bieten, die Handlung aber nicht eben voranbringen. Dennoch darf die Armida als eines der interessantesten Werke Jommellis gelten, von weit höherem Rang, als seine komischen Opern und weit origineller, als seine kirchenmusikalischen Stücke.
Das Libretto zur Oper geht zurück auf den bekannten, und auch vielfach anderweitig vertonten Stoff aus Tassos "Gerusalemme liberata". Genug Raum also für große Eifersuchts- und Liebesszenen, für Bühnenzauber und Racheschwüre. Die anläßlich der Internationalen Barock-Festpielen im französischen Beaune entstandene Aufnahme stammt aus dem Jahre 1994. Sie erschien 1995 zunächst beim Label Fnac Music und wird nun vom Label Ambroisie wiederveröffentlicht. Unter der Leitung von Christoph Rousset ist damals eine höchst sorgfältige Interpretation entstanden, die wahrhaft eine Lanze für Jommellis Musik bricht. Von Beginn an zaubert Rousset eine hochdramatische, vitale Bühnenatmosphäre. Dazu tragen insbesondere auch die fein durchgestalteten Rezitative bei. Das Spiel der Les Talens Lyriques ist kraftvoll pointiert, der Orchesterklang trotz nicht sonderlich starker Besetzung überraschend üppig.
Bei den Sängern kann man einige inzwischen wohlvertraute Künstler in ihrer "Frühzeit" erleben kann. Die Kastratenrolle des Rinaldo ist mit der Mezzosopranistin Claire Brua perfekt besetzt worden. Ihr dunkles Timbre, ihre stimmliche Durchsetzungskraft und ihre Begabung auch zum Lyrischen geben der Partie ein überzeugendes Eigenleben. Ewa Malas-Godlewska gibt eine von Anfang an kämpferische Armida mit metallischem, nur selten schemichelndem Sopran. Gerade in den Koloraturen erweist sich ihre stimmliche Schärfe nicht immer als angenehm, aber ungeachtet dessen rollenadäquat. Der Kontrast dieser beiden Figuren wird dann auch im Schlußduett des 1. Aktes ("Ah! tornate") wunderbar deutlich. Als Rambaldo agiert Laura Polverelli, die damals noch nicht ganz auf der Höhe ihrer Kunst angelangt war. Ihr Mezzo tönt oft zu kehlig, wenngleich die Affektzeichnung bereits perfekt gelingt. Gilles Ragonm stellt den Tancredi mit schönem, beweglichen Tenor dar, bleibt aber in einigen Passagen zu harmlos. Mit spielerischer Gelassenheit meistern die mädchenhaft kecke Patricia Petibon und die bei aller Leichtigkeit ausdrucksstarke Veronique Gens ihre Aufgaben.
Insgesamt ein musikalisches und stimmliches Feuerwerk, das - auch dank des plastischen Klangbildes - Grund genug ist, sich mit diesem "Seitenpfad" der Operngeschichte zu beschäftigen. Einziges Manko: Das Booklet bietet das Libretto leider nicht in deutsch und die (optisch reizvolle) Verpackung ist derart ungeschickt gestaltet, dass ebenjenes Booklet ständig herausfällt.
Sven Kerkhoff
Besetzung |
Ewa Malas-Godlewska, Sopran - Armida Claire Brua, Mezzosopran - Rinaldo Gilles Ragon, Tenor - Tancredi Véronique Gens, Sopran - Erminia Laura Polverelli, Mezzosopran - Rambaldo Patricia Petibon, Sopran - Ubaldo u.a.
Les Talens Lyriques Ltg. Christoph Rousset
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