Bang Your Head 2004
Wie ihr nach dem kleinen Vorbericht in unserer Juniausgabe bestimmt schon geahnt habt, waren wir auch anno 2004 in Balingen beim "Bang Your Head"-Festival anwesend, um euch von diesem etablierten Metalevent zu berichten. Da die Masse an interessanten Bands von mir allein nur schwer zu bewältigen gewesen wäre, verstärkten wir uns, wie auch beim letzten Summer Breeze, wieder mit Mario Karl vom Onlinemag Delicious Bowles, von dem nicht nur die mit "MK" gekennzeichneten Live-Reviews, sondern auch die hervorragenden Bilder stammen. Ansonsten bleibt nur noch zu sagen, dass das Wetter prächtig (Sonnenbrand lässt grüssen!), die Stimmung im Publikum wieder mal einzigartig und das dort erhältliche Bier wie immer sehr, sehr lecker war. Doch bevor ich euch jetzt noch etwas über die delikate Grillwurst erzähle, wenden wir uns lieber mal den musikalischen Ereignissen dieser Veranstaltung zu.
Freitag, 25. Juni 2004
Die Ehre, das Bang Your Head 2004 zu eröffnen, hatten in diesem Jahr Cage aus den Vereinigten Staaten. Und die fünf Jungs machten es mit ihrem klassischen US-Power Metal wirklich leicht, sich den Schlaf aus der Birne zu schütteln. Bei strahlendem Sonnenschein und gar nicht so wenig versammeltem Gefolge zockten sie sich hauptsächlich mit Songs ihres letzten Albums Darker than black durch ihre 40 Minuten. Der mittlerweile kahlköpfige Frontmann Sean Peck kam auf der Bühne wie auf Platte sehr kraftvoll und sympathisch rüber und auch seine Hintermannschaft stand ihm in nichts nach. Drummer Mike Nielsen warf schon während des Intros gut drei Paar Drumsticks ins Publikum und es sollten nicht die einzigen bleiben. Optischer Anziehungspunkt war neben Sean der Bodybuildingfan und hauptamtliche Posinggott, Gitarrist Dave Garcia. Mit solch geilen Titeln wie "Darker than black" und "Cupacapra" im Gepäck verging die Spielzeit wie im Fluge und man fragt sich ernsthaft, wer eine weitere Metal Church-Reunion braucht, wenn wir heute Cage haben. (MK)
Auf den ersten Blick ist es wahrlich etwas erstaunlich, dass eine solch bekannte Truppe wie Kingdom Come schon am frühen Nachmittag ihren Auftritt auf dem Bang Your Head absolvieren musste, doch vielleicht hatten ja die Veranstalter dieses Events bei der Billingzusammenstellung eine Eingebung von oben, die das Organisationskomitee darauf hinwies, dass Frontröhre Lenny Wolf an besagtem 25. Juni stimmlich mit einigen Problemen kämpfen würde. Dieses Manko konnten auch die spielerischen Fähigkeiten der Band bzw. einige Klassiker in songtechnischer Form nicht ausgleichen und so hüllen wir über diesen Auftritt lieber den Mantel des Schweigens, bzw. sind im nachhinein doch ein wenig froh über die auf den ersten Blick etwas unwürdige Uhrzeit dieses Gigs. Kingdom Come? Vielleicht beim nächsten Mal! (ML)
Um anschließend Blaze Bayley und seine Truppe zu identifizieren, musste man schon zweimal hinsehen, denn nicht nur die Gesichtsbehaarung des Ex-Iron-Maiden-Shouters hatte stark zugenommen, sondern auch Energiebündel John Slater war aus mir bis dato unbekannten Gründen in Balingen nicht am Start. Sein Ersatzmann brillierte zwar technisch an der Gitarre ebenso wie Mr.Slater, doch in Sachen Stageacting wurde der Lockenkopf von den Blaze-Fans schmerzlich vermisst, da eben ein Aktivposten fehlte und sich die Bühnenaktivitäten auf Blaze Bayley und Steve Wray beschränkten. Für Menschen, die beim BYH diese Band das erste Mal zu Gesicht bekamen, reichte jedoch selbst diese abgespeckte Show des britischen Quintetts um für offene Münder unter ebenjenen Personen zu sorgen. Musikalisch fügten sich die schon auf CD sehr "livehaftig" klingenden neuen Songs erwartungsgemäß gut in das restliche Programm der Briten ein, das mit dem Maiden-Stück "Man On The Edge" seinen Höhepunkt erreichte und eine ideale Mixtur aus Klassikern und aktuellen Songs darstellte. Genau so muss eine ideale Festivalstippvisite aussehen und der Appetit auf die Doubleheadlinertour mit CircleIICircle (von der wir ebenfalls in dieser Ausgabe berichten) ist durch diesen starken Gig natürlich noch mehr gestiegen. Well Done, Blaze ! (ML)
So langsam sollte sich BYH-Cheffe Horst Odermatt wirklich dazu durchringen, die Jungs von Primal Fear zur offiziellen "Bang Your Head-Hausband" zu ernennen. Verdient hätte es das "German Metal Commando" auf jeden Fall, wenn man bedenkt wie oft sich die Schwaben schon dem Balinger Publikum gestellt haben. Auch im Jahre 2004 vollzog die Truppe wieder ein Heimspiel auf dem "Wacken des Südens" und servierte den Fans passenderweise leckere schwermetallische Hausmannskost. Letzteres darf man ruhig wörtlich nehmen, denn bis auf ein paar neue Stücke, wie z.B. das headbangkompatible "Suicide And Mania" oder die Hymne "Metal Is Forever", bei der man die genialen Shouts im Refrain leider vom Band ertragen musste, gab es mit "Under Your Spell", "Chainbreaker", "Angel In Black", "Nuclear Fire" usw. nur die sogenannten üblichen Verdächtigen zu bejubeln. Durchaus schmackhaft und ein paar Überraschungen songtechnischer Natur bzw. ein besserer Basssound hätten den Gesamteindruck sicherlich noch mehr angehoben. Trotz dieser Mankos dürfen Ralf Scheepers und Co. gerne wiederkommen, denn einen schlechten Gig haben sie auch diesmal nicht hingelegt und bei Primal Fear weiß man - ähnlich wie bei Omis Blutwurst - wenigstens, was man hat. (ML)
Nach dieser Ladung Neo-Oldschool-Metal (Geile Schublade was? Hab ich grad erfunden *g*) von Primal Fear war es wieder Zeit für etwas Party-Stoff. Anthrax machten mit ihrem Eröffnungsdoppel "N.F.L." und "Got the time" gleich unmissverständlich klar, dass sie dafür erste Wahl waren! Dass sie DIE perfekte Live-Band sind, muss hier eh nicht mehr groß erwähnt werden, das hieße ja schon Eulen nach Athen zu tragen. Die Jungs um Scott Ian machten jedenfalls keine Gefangenen und rockten weiter mit unsterblichen Klassikern wie "Madhouse", "Be all, end all" und "Caught in a mosh". Auch Songs neueren Datums wie "What doesn´t die" und dem wiederentdeckten "Fueled" vom 96er-Album Stomp 442 taten der Stimmung keinen Abbruch, ganz im Gegenteil. Aushilfsmann am Bass, Joey Vera (Armored Saint, Engine, Fates Warning, usw.), fügte sich gut in die Band ein und man könnte meinen, er spielt schon ewig mit ihnen (naja, zumindest mit John Bush stimmt's ja). Beim abschließenden "Indians" kramten ein paar teutonische Rothäute noch ihren Kopfschmuck aus den Taschen und machten sich sodann im Moshpit breit und luden zum gemeinsamen Biertanz ein. Da bleibt mir nur noch zu sagen: Hau, Anthrax haben regiert! (MK)
Richtige Generationenwanderungen konnte man vor dem Auftritt des nächsten Acts auf dem Balinger Messegelände bewundern, denn während die relativ jungen Anhänger der Children of Bodom versuchten, ihren Idolen möglichst nahe zu sein, traten die meisten betagteren Metalfans den gepflegten Rückzug Richtung Bierstand an. Obwohl sich die wahre Magie einer Show der jungen Finnen erst nach Sonnenuntergang einstellt, haben alle, die sich in dieser Zeit lieber irgendwelcher Alkoholika statt der Musik widmeten, wirklich etwas verpasst. Solch eine routinierte bzw. professionelle Show hätte auch ihnen sicherlich gefallen. Die Kinder des Bodomsees sind erwachsen geworden und demnach konnte die Band auch auf jede Menge "Jugendsünden" bzw. ein umfangreiches Best-Of-Programm zurückgreifen, wobei das Hauptaugenmerk auf Titel vom aktuellen Album Hate Crew Deathroll gelegt wurde. Wenn man mal von den Ansagen des Mädchenschwarms Alex Laiho absieht, dessen Englischvokabular scheinbar immer noch aus fast auschliesslich "Four-Letter-Words" besteht, kann man den Daumen für die musikalisch heftigste Band dieses Events bedingungslos nach oben strecken. "Hate Crew"-Fans der ersten Stunde könnten bei so viel Rockstargehabe zwar mittlerweile ziemlich enttäuscht von ihrer einstigen Lieblingband sein, aber diese spielt mittlerweile schließlich auch in einer ganz anderen Liga als zu ihren Anfangstagen. (ML)
Als so langsam der Abend anbrach kamen uns Gotthard mit ihrem klassischen Rocksound gerade recht. Hatte ich persönlich die Band mit den letzten Alben etwas aus den Augen verloren, war es ein richtiges Fest für meine Wenigkeit, dass die Schweizer ein Set spielten, das größtenteils aus Songs von den ersten drei Alben bestand. Es wurde auch gleich kräftig mit dem Opener ihres Debutalbum "Standing in the light" und dem nachfolgenden "Firedance" losgelegt. So durfte auch Gitarrist Leo Leonie nach langer Zeit mal wieder richtig seine Sechssaitige kreisen lassen. Und neben weiteren Klassikern wie "Sister moon" und der Ballade "Let it be" kamen auch Songs ihres aktuellen Albums nicht zu kurz ("Top of the world" und "Human zoo"). Die schweizer Sunnyboys machten wirklich Spaß und Sänger Steve Lee bewies mal wieder, dass er auf jeden Fall zu den besten seines Faches gehört. Abgeschlossen wurde der rundum gelungene Gig schließlich von dem Mitgröhler "Hush" und "Movin´ on" und es wurde ihnen mit starkem Applaus gedankt. (MK)
Sollte ich nach dem Queensryche-Gig nun lachen oder weinen? Ich weiss es nicht! Was die Herren aus Seattle in Balingen abgeliefert haben, stellt einen schmalen Grad zwischen Niedergeschlagenheit und absoluter Euphorie dar, denn Geoff Tate und seine Mannen haben mir und vielen ihrer Anhänger auf dem Bang Your Head einen kleinen Traum erfüllt. Die offizielle Setlist des Balingengastspiels der Amis bestand nämlich aus dem kompletten(!) Operation Mindcrime-Kultalbum, das musikalisch perfekt und mit Unterstützung der Orginal-Sister-Mary-Darstellerin Pamela Moore dargeboten wurde. Wer jetzt denkt, dass Queensyrche mit dem nächsten Studioalbum wieder an diesen Meilenstein anknüpfen werden, den muss ich leider jetzt schon enttäuschen, denn trotz aller technischen Kompetenz merkte man selbst mit 3 Promille im Blut, dass das Herz der Band nicht mehr an dieser Art von Musik hängt, und dass man sich zu dieser Geste wohl nur auf vielfachen Wunsch der Fans aufraffen konnte. Geoff Tate hätte mit seinem trägen Auftreten bzw. seiner Gestik wohl eher in eine Las Vegas-Show gepasst als auf ein Metalfestival. Der Rest der Truppe wirkte mit Ausnahme des Schlagzeugers völlig unmotiviert und lustlos. Da konnte mir Pamela Moore schon Leid tun, der es sichtlich Spaß machte vor einem solch dankbarem Publikum aufzutreten, das trotz allem mit Applaus nicht geizte. Nachdem der letzte Ton verstummt war, wusste ich auf jeden Fall nicht, was mir lieber gewesen wäre - soundtechnisch überirdische Göttersongs von einem bocklosen Haufen oder doch eher ein gemischtes Programm mit songtechnischen Tiefpunkten, dafür aber mit ein wenig mehr Action auf der Bühne. Mensch! Zu "The Needle Lies" kann man doch einfach nicht ruhig bleiben. Oder doch? Danke auf jeden Fall für die Erfüllung dieses kleinen Traums.
Als Headliner des heutigen Abends gab sich der Meister des Schockrocks himself die Ehre und tausende Metalheads warteten darauf von Alice Cooper ein wenig auf die düstere Art unterhalten zu werden. Das Ganze startete mit den Klassikern "I`m Eighteen" und "Billion Dollar Babies recht vielversprechend. Diese musikalische Marschrichtung, bestehend aus Tracks der ersten Karrierehälfte des Meisters, unterbrochen durch ein paar recht old-school klingende Titel des neuen Albums, wurde auch strikt beibehalten, was zwar den roten Faden konsequent aufrechterhielt, aber auch alle Fans ein wenig enttäuschte, die die Songs zwischen diesen beiden Extremen favourisieren. Das waren nicht gerade wenige. Ebenjene Gruppe von Menschen konnte sich dafür an den optischen Geschehnissen auf der Bühne ein wenig berauschen, bei dem Alice Cooper und Co. nichts anbrennen ließen und eine fast Las Vegas-reife Show boten. Neben diversen schauspielerischen Elementen war als kleines musikalisches Schmankerl auch ein von mehreren Künstlern gleichzeitig an einem Drumset ausgeführtes Schlagzeugsolo dabei, das fast schon an das Musical Stomp erinnerte. Der Höhepunkt songtechnischer Natur war natürlich der Klassiker "Schools Out", bei dem das erste mal während des offiziellen Sets ein wenig Stimmung im inzwischen schon etwas müde gewordenen Balinger Publikum aufkam, woran die in die Zuschauermenge geworfenen, überdimensionalen Luftballons sicherlich auch ihren Anteil hatten. Wäre es das jetzt schon gewesen, könnte man den Auftritt von Alice Cooper wegen der bereits angesprochenen Kritikpunkte im Nachhinein sicherlich als kleine Enttäuschung titulieren, doch mit den genialen Zugaben "Poison" und "Brutal Planet", die rein stilistisch auch nicht ins reguläre Programm gepasst hätten, bekam der Altmeister gerade noch die Kurve und beendete würdevoll den ersten Festivaltag auf der Balinger Open-Air-Bühne. (ML)
Samstag, 26. Juni 2004
Der zweite Festivaltag startete mit einer Band, die von diversen Mitgliedern der Musikerpolizei gerne scherzhaft als "Bierzeltmetalcombo" bezeichnet wird. Meinetwegen kann man diesen Titel so stehenlassen, denn zumindest ich habe noch nie einen besseren (Metal-)Frühshoppen erlebt als den Auftritt von Majesty auf dem diesjährigen Bang Your Head-Festival. Wirklich erstaunlich, wie viele Menschen sich schon um zehn Uhr morgens auf dem Messegelände wegen der Nordbadener Truppe versammelten und ich kann schonmal vorwegnehmen, dass keine dieser Personen das zeitige Aufstehen wirklich bereut hat. Die routinert vorgetragenen, mitsingkompatiblen True-Metalhymnen waren für die meisten Metalmaniacs wohl ein besserer "Sandkörnchenbeseitiger" als Kaffee und Co. Neben Bandklassikern wie "Keep It True", "Hail To Majesty" und "Reign In Glory" gab es außerdem noch den neuen Track "Metal Law" zu hören, der anhand seines Potentials wohl bald in die Riege erstgenannter Titel aufsteigen wird. Gegen Ende dieser "Messe des wahren Stahls" hatte sich die Zuschaueranzahl sogar fast verdoppelt und auch im Laufe des weiteren Festivals blieb Majesty dank der Unmengen an verkaufter T-Shirts noch eindrucksvoll in Erinnerung. Das sollen andere Bierzeltbands erstmal nachmachen! (ML)
Mittagszeit – Omenzeit. Ich war gespannt darauf, ob die Hydra ihren Biss nach so langer Zeit nicht verloren hatte, besonders nachdem Omen's letztjähriges Comeback-Album nicht gerade ein überragender Überflieger geworden war. Die Jungs um Bandleader und Gitarrero Kenny Powell hatten jedenfalls jede Menge gute Laune aus den Staaten mitgebracht und man sah ihnen zu jeder Sekunde den Spaß an der Sache an. Ein regelrechtes Fass voller Klassiker tat das Übrige dazu, dass man den Gig einfach toll finden musste. Kleinen Auszug gefällig? Gut, hier: "Death rider", "Die by the blade","Nightmares", "Battle cry" und der absolute Übersong "In the arena". Ein Set zum niederknien! Der neue Frontmann Kevin Goocher klang dem mittlerweile verstorbenen J.D. Kimball live gar nicht so unähnlich und kam sehr charismatisch 'rüber. Omen waren trotz fortgeschrittenem Alter und einer gewissen Leibesfülle immer noch eine Bank. Als besonderes Dankeschön an die deutschen Fans warf Kenny am Ende der Spielzeit noch eine signierte Gitarre ins Publikum und der euphorische Applaus der (meist älteren) Banger war ihnen nicht nur deshalb sicher. (MK)
Was sich in der nächsten knappen Stunde abspielen sollte kann nur mit einem Wort beschrieben werden: Wow! Selten eine Liveband erlebt, die so agil und dabei perfekt spielend über die Bühne fegt. Mit dem passend betitelten Opener "Thrown to the wolves" schmissen die fünf Philippinos Death Angel jede Menge Thrash-Kracher vor die ausgehungerte Meute. Seien es "Seemingly endless time", "I´m bored", "Disturbing the peace", der aktuelle Hit "Thicker than blood" oder die Mitgröhlhymne "Kill as one" - die Band legte ein derart hohes Energielevel an den Tag, dass man fast Angst haben musste, ihre Instrumente würden sich gleich in ihre Bestandteile auflösen. Und da auch der Sound während der knappen Stunde prächtig war, konnte man sich sicher sein gerade eines der absoluten Highlights des Wochenendes zu erleben. Wie geil muss die Band nur in einem kleinen stickigen Club 'rüberkommen! Das begeisterte Publikum wollte die fünf Jungs nach dem Ende ihrer Spielzeit jedenfalls nicht gehen lassen und die Death Angel-Rufe verstummten auch während der Umbaupause nicht so schnell. Selten eine Reunion (neben Exodus) erlebt, die so Sinn macht! (MK)
Nach kurzer Pause durfte eine weitere britische Rock-Legende auf die Bretter die die Welt bedeuten: UFO. Mit den neu hinzugekommenen Vinnie Moore (g.) und Jason Bonham (dr., Sohn der Led Zeppelin-Legende Jon Bonham) erstrahlte das alte Flugobjekt um Frontmann und Gentleman-Rocker Phil Mogg in neuem Glanz. Legte die Band anfangs noch etwas träge mit neueren und etwas weniger bekannten Stücken los, kam spätestens beim Klassiker "Only you can rock me" etwas Bewegung ins Publikum. Ab diesem Punkt war das Publikum nicht mehr zu halten und Rockopas feierten zusammen mit Viva-Enkeln den "Doctor doctor". So macht rockmusikalischer Geschichtsunterricht Spaß! In dieser Form dürfen UFO gerne auch noch die nächsten 30 Jahre weitermusizieren. Jason Bonham zerpflückte sein Drumkit wie sein alter Herr, Pete Way am Bass wirkte in seinem Hippie-Hemd fidel wie eh und wer braucht schon einen zickigen Michael Schenker wenn man einen Mann wie Vinnie Moore in der Band hat. Sehr toll! (MK)
Veni, vidi, Bach: Er kam, sah und siegte! Was sich in den nächsten 60 Minuten abspielen würde hätten sicher wohl nur die wenigstens geglaubt bzw. erhofft. Der Ex-Frontmann von Skid Row, Sebastian Bach, stürmte zu den Klängen von "Slave to the grind" auf die Bühne und zeigte, was ein echter Showman ist. Die letzten 10 Jahre schienen wirklich spurlos an ihm vorbeigezogen zu sein. Er wirbelte wie ein Derwisch über die Bühne und sang dermaßen kraftvoll, als würde sein Leben davon abhängen. Nebenbei wirbelte er ständig sein Kabelmikro durch die Luft, dass man fast meinen mochte, der gute Mann würde jeden Augenblick vom Boden abheben. Zwischendrin wurde auch noch ein Zuschauer, der wohl etwas weniger Spaß an der Sache hatte recht unsanft mit lauten "Fuck you!"-Rufen Herrn Bachs aus dem Publikum hinausgebeten. Und die Meute vor der Bühne honorierte jede noch so einfache Geste mit tosendem Applaus. Achja, und nebenbei gab´s auch noch Musik. "Here I am", "Frozen", "Piece of me". In "Monkey business" wurde auch noch der "Time warp" vom Musical Rocky Horror Show eingebaut (schließlich singt Seb mittlerweile dort mit), was zu spontanen Hüpftänzen von links nach rechts führte. Und der Abschluss mit "18 & life" und "I remember you" war Gänsehaut pur. Als Herr Bach mit seiner jungen Begleitband auch noch den Smasher "Youth gone wild" spielte, war die nicht mehr ganz so junge "Youth" nicht mehr zum halten. Zur allgemeinen Freude wurden auch noch die restlichen Riesen-Ballons von Alice Cooper ins Publikum gefeuert. Da Sebastian wohl selbst nicht glauben konnte, was sich vor der Bühne abspielte, nachdem man meinen könnte wir hätten ihn schon lange vergessen, meinte er zum Abschluss noch: "This is truly one of the best days of my live!". Nach diesem denkwürdigen Hammerauftritt möchte man ihm das auch wirklich gerne glauben. (MK)
Das Konzert von Testament stand an diesem Tag unter keinem guten Stern. Hatte es den ganzen Tag über immer wieder Verzögerungen im Zeitplan gegeben, kamen diese, nachdem auch hier die Umbaupause wieder gnadenlos überzogen wurde, bei den Bay Area-Thrashern nun voll zum Tragen. Aber alles der Reihe nach. Testament wurden bereits sehnsüchtig erwartet, und nachdem sie mit "D.N.R." ihr Konzert starteten, gab es im Mob vor der Bühne kein Halten mehr und die Matten kreisten im Dutzend. Es folgten noch weitere unkaputtbare Hits wie "Practice what you preach", "Over the wall", "Low", "Electric crown" und der als neuer Song angekündigte "True believers" (na ja, fünf Jahre und neu, gebt uns endlich etwas ECHTES Neues!). Das neu zusammen gewürfelte Gitarrenduo Mike Clasicz (Ex-Halford) und Steve Smyth (Ex-Testament, jetzt Nevermore, kurzfristig für den verletzten Eric Peterson eingesprungen) harmonierte an diesem Abend wirklich prächtig und Steve DiGiorgio mit seinem Fretless-Bass und seinen geilen Ryhthmen und Fills ist schon eine Show für sich. Mittlerweile scheint es egal zu sein in welcher Besetzung sie spielen, Testament sind einfach eine Klasse für sich im Thrash-Metal. Bis hierhin war es auch ein wirklich wunderbarer Gig. Bis auf einmal nach einer dreiviertel Stunde während "Deciples of the watch" die PA keinen Ton mehr von sich gab (Backline und Monitorsystem liefen allerdings bis zum Ende des Songs weiter). Aufgrund oben genannter Zeitverschiebungen und nicht eingehaltener Absprachen zwischen Veranstalter und Management wurde der Band kurzerhand der Saft abgedreht. Die Band machte allerdings das Beste aus der Lage und spielte unbeeindruckt den Song noch zu Ende. Beeindruckend, dass Band und Publikum trotzdem so cool reagierten und es zu keinerlei Zwischenfällen kam. Testament ließen sich jedenfalls auch ohne Strom und in der folgenden Umbaupause noch minutenlang abfeiern und bejubeln wie Könige. (MK)
Nach dem Eklat um Testament, weswegen der Headliner des heutigen Tages auf zwei Songs wegen Zeitmangels verzichten musste, war es dann endlich soweit und ebenjene Iced Earth stürmten das erste Mal mit Tim "Ripper" Owens am Mikro eine deutsche Bühne. Anfangs musste man sich noch ein wenig an den schlicht mit T-Shirt und Jeans bekleideten neuen Frontmann gewöhnen, denn im Hinterkopf spukt bei Gedanken an die Amis immer noch zwangsweise der (ehemals) langhaarige Matt Barlow in den Köpfen der Fans umher. Doch dank des beeindruckenden Sangesorganes von Mr. Owens bzw. der gelungenen Interpretation von diversen Iced Earth-Klassikern, fiel die Umgewöhnungszeit doch relativ kurz aus. Die Bühne war für diesen denkwürdigen Gig mit diversen Kanonen und anderen lustigen Utensilien ganz im Look des aktuellen Glorious Burden-Longplayers hergerichtet, doch bis auf den Opener "Declaration Day" wurden die Songs dieses Longplayers im offiziellen Set der Amerikaner mehr oder weniger ausgeklammert. Dafür bestand der Hauptteil des regulären Sets aus Songs der Somthing Wicked Comes-Scheibe, die mit dem Nackenbrecher "My Own Saviour, dem aus tausenden Kehlen mitgegröhlten "Melancholy" sowie als Schlusspunkt der kompletten Something Wicked-Trilogie(!) ausreichend vertreten war. Als der neue Frontmann, der ein paar seiner berühmten Gesten anscheinend aus dem Judas Priest-Lager hinübergerettet hat, nach einer, durch das Testament-Zinober bedingten, relativ kurzen Spieldauer schon das offizielle Ende verkündigte, konnte man einige Unmutsäußerungen aus dem weiten Rund vernehmen, doch wer sich jetzt schon Richtung Ausgang aufmachte um vor einem möglichen Rückfahrstau zu flüchten, hat den besten Teil dieses Gigs, wenn nicht sogar des kompletten Festivals verpasst. Die Süd- bzw. Nordstaatenfahne wurde gehisst, die zwei Gitarristen streiften sich jeweils die passenden Uniformen über und die Kanonen feuerten endlich aus allen Rohren. Auf gut deutsch - es wurde Zeit für das eindrucksvolle "Gettysburgh 1863"-Epos, das die Band als Zugabe in voller Länge und unterstützt von netten Pyroeffekten darbot. Einfach Klasse, denn das Teil wirkte auf der Bühne in Balingen noch um einiges eindrucksvoller als auf der aktuellen Iced-Earth-Schillerscheibe, und Freunde von überlangen Mammutkompositionen konnten hier einen wahren Ohrgasmus erleben, bis sie das traditionelle, sich zufälligerweise hervorragend in die Show einfügende Abschlussfeuerwerk dieses Festivals, langsam aber sicher aus ihren Träumen riss.
Somit endete wieder einmal ein hervorragend organisiertes Bang Your Head Festival, das auch gleichzeitig die Generalprobe für den zehnten Geburtstag dieses Events im nächsten Jahr darstellte. Für dieses Spektakel ist mit Motörhead, Doro, Gamma Ray, Twisted Sister, Krokus, Nevermore u.a. schon über die Hälfte des Billings verpflichtet, und wenn diese Hochkaräter nicht dazu verleiten nächstes Jahr wieder den Metalurlaub in Balingen zu verbringen, dann weiß ich auch nicht mehr weiter. (ML)
Fotos: Mario Karl (MK)
Mario Karl (MK) Manuel Liebler (ML)
|