Das Niveau in der Herz-, Schmerz- und Melancholieliga stieg in letzter Zeit
ungefähr so an wie die Benzinpreise an der Tankstelle meines Vertrauens.
Reichte es früher noch aus als einigermassen akzeptabler HIM-Klon durchzugehen,
muss man heute anhand der enormen Konkurrenz schon ein wenig mehr bieten als
das Kopieren von Songs und Outfit des Genrevorreiters.
Eine Truppe die durchaus das Zeug hat, wie einst der FC Kaiserslautern in
der Fussballbundesliga, gleich als Neuling zu Meisterehren zu kommen, sind die
Finnen von For My Pain. Aber halt ! So frisch, wie man vielleicht denken
könnte, sind die Jungs dann doch nicht im Business, denn im Prinzip handelt es
sich bei dieser Band um den inoffiziellen Eternal Tears Of Sorrow-Nachfolger,
da über die Hälfte der Musiker schon bei ETOS in Lohn und Brot standen.
Verstärkt hat sich der muntere Haufen durch niemand geringeren als
Nightwish-Tastenzauberer Tuomas Holopainen sowie Embraze-Axeman Lauri Tuoimaa und auch Sänger
Juha Kylmänens, der hauptamtlich bei Reflexions das Mikro schwingt und auch
schon im letzten ETOS-Langeisen für die klaren Vocals verantwortlich war, ist
kein gänzlich Unbekannter.
Namen die also absolut für Qualität bürgen und so reicht eine Hand bei
weitem nicht aus um alle Knaller auf diesem famosen Debüt festzuhalten. Beispiele
gefällig ? Schon der durch weibliche Vocals unterstützte Opener "My Wound Is
Deeper Than Yours" lässt aufhorchen, bevor das wunderschön eingängige Duett
mit Miriam Renvag namens "Dancer In The Dark" ein erstes zartbitteres Lächeln
auf das Gesicht eines jeden Anhängers melancholischer Sounds zaubert. "Queen
Misery" erinnert zumindest in den Strophen an ein ruhigeres Stück ihrer
Landsleute von Sonata Arctica, bevor ein typisch markanter Gothikrockrefrain
einsetzt und das rockige "Rapture Of Lust" verbreitet, im Gegensatz zu den anderen
Songs auf diesem Silberling, eine fast schon positive Grundstimmung.
Weiterhin absolut empfehlenswert wären das entspannte, bis auf die Bratgitarren fast
schon balladeske "Broken Days" sowie mein persönliches Highlight "Autumn
Harmony", bei dem es sich um ein Wesen der Gattung "Ohrwurm per excellence"
handelt.
Was für ein beeindruckender Strauss zauberhafter Nachtschattengewächse,
deren Hauptmerkmale die atmosphärischen Keyboardteppiche bzw. -melodien von
Meister Holopainen, als auch die für dieses Genre recht ungewöhnliche Besetzung
mit zwei Gitarristen darstellen. Dieser Fakt sorgt zwar für das nötige mächtige
Volumen im For My Pain-Sound, doch genau aus diesem Grund wäre es sicher
kein Fehler gewesen die Klampfen ein wenig mehr knallen zu lassen. Bis auf
dieses kleine Manko das man ruhig in die Schublade "Geschmackssache" stecken kann,
fällt nur noch das Tempo der ansonsten gelungenen Songs etwas negativ ins
Gewicht, die sich allesamt im erweiterten Midtempobereich bewegen. Ein bis zwei
reine Balladen bzw. schnellere oder härtere Nummern hätten sicher noch mehr
Abwechslung gebracht.
Alles in allem ist "Fallen" ohne zu übertreiben das stärkste Debüt, das mir
bisher in dieser Musikrichtung zu Ohren gekommen ist und lässt die Erstlinge
der Kollegen von HIM, ToDieFor, Entwine und Co. ohne Probleme hinter sich.
Bleibt zu hoffen das Mastermind Atti Veteläinen, der seine instrumentale
Tätigkeit bei For My Pain übrigens nur aufs Zupfen des Bass beschränkt, das Ganze
nicht wie ursprünglich vorgesehen als Projekt belässt und uns mit weiteren
Werken dieser Machart verwöhnt. Ansonsten wünsch ich ihn mal bei seiner
hauptberuflichen Tätgkeit als Handyentwickler bei finnischen Industrieriesen Nokia
viel Erfolg, denn das Kamerahandy 7650, an dessen Entwicklung der Basser
ebenfalls beteiligt war, ist mir inzwischen richtig ans Herz gewachsen.(Für diese
Schleichwerbung habe ich keinen Cent bekommen - Ich liebe das Teil wirklich !)
18 von 20 Punkte
Manuel Liebler
Internet: www.formypain.com
|