Interpreten:
Lars Vogt (Klavier), Ulrich König (Oboe), Diemut Schneider (Klarinette), Jochen Ubbelohde (Horn), Daniel Jemison (Fagott) - KV 452
Kornelia Brandkamp (Flöte), Anette Behr-König (Violine), Tatjana Masurenko (Viola), Gustav Rivinius (Violoncello) - KV 285
Chritsian Tetzlaff/Antje Weithaas (Violine), Tatjana Masurenko/Béatrice Muthelet (Viola), Boris Pergamenschikow (Violoncello) - KV 516
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Interpretation: ++++
Klang: +++++
Edition: ++++
MUSIK IM KRAFTWERK
Seit 1998 findet im Wasserkraftwerk Heimbach das Kammermusikfest "Spannungen: Musik im RWE-Kraftwerk Heimbach" (Spannungen) statt, welches sich innerhalb weniger Jahre weit über die Landesgrenzen hinaus einen guten Ruf erarbeitet hat. Kammermusik an einem ungewöhnlichen Ort, hochkarätige Besetzungen und Programme mit Mut zu neuen Kombinationen oder zur Präsentation unbekannter Stücke zeichnen das Festival aus.
Einige der dort 2000 und 2002 vom Deutschlandfunk live aufgezeichneten Konzerte veröffentlicht nun EMI Classics auf CD.
3 VERSCHIEDENE BESETZUNGEN - 3 GANZ UNTERSCHIEDLICHE MOZARTBILDER
Das Quintett für Klavier, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott eröffnet die CD. Die eigenwillige Instrumentenkombination hat Mozart in dem Werk sensibel ausbalanciert und die Vielfalt der möglichen Klangfarben und -kombinationen facettenreich genutzt. Und obwohl das Ensemble all dies technisch versiert nachvollzieht, will einem bei dieser Interpretation das Herz nicht recht warm werden. Allzu massiv sind oftmals die Einsätze geraten, zu harsch für das feingliedrige Stück. Das gilt insbesondere für den von Lars Vogt gestalteten Klavierpart: Sein Anschlag schiebt das Piano überdeutlich in den Vordergrund und atmet nicht die spielerische Entspanntheit, die es gerade bei den kammermusikalischen Werken Mozarts unbedingt braucht. Ähnliches gilt für Ulrich König an der Oboe, wohingegen etwa der Hornist Jochen Ubbelohde seine schwierige Partie sehr geschickt und einfühlsam meistert.
Das kurze Flötenquartett Nr. 1, das sich anschließt, überzeugt demgegenüber unmittelbar. Die Flötistin Kornelia Brandkamp liefert eine absolute Meisterleistung ab, mit lockerer Fingerfertigkeit in den Ecksätzen und einem herrlich sanglichen Ton im elegischen Mittelsatz. Die Streicher sekundieren angemessen zurückhaltend, jedoch mit kein bißchen weniger Spielwitz und Elan. Das Stück steht, ganz im Sinne des Spielortes, gleichsam unter pausenloser Hochspannung.
Was aber schließlich die CD zum Glanzstück macht, ist das abschließend dargebotene Streichquintett g-moll. Dieses gewiß abgründigste Werk Mozarts erfährt hier eine ganz andere Deutung, als sie etwa das Ensemble Villa Musica (MDG 304 1106-2) in seiner an dieser Stelle kürzlich besprochenen Einspielung abgegeben hat. Christian Tetzlaff und seine Mitstreiter bieten einen von der Romantik her gedachten Grundansatz, was nicht abwegig ist, weist das Quintett doch musikalisch weit über seine Entstehungszeit hinaus. Nirgendwo sonst hat Mozart einer derart tiefen, auch in den tänzerisch-heiteren Momenten nie zu stillenden, melancholischen Sehnsucht Ausdruck verliehen. Die Musiker lassen diese Sehnsucht immer wieder aufs neue aufscheinen. Ihr sanfter, zurückhaltender Zugriff kündet in jedem Moment von geheimnisvoll dunklen Bereichen, von einem "Mehr", das die Musik nur andeutet, aber niemals ganz preisgibt. Der geisterhafte Beginn des Schlußsa
zes, erschütternd und ergreifend wie selten dargeboten, sei insoweit nur als ein Beispiel für die insgesamt kundige und kluge Interpretation genannt.
Der Violinist Christian Tetzlaff tut sich dabei mit seiner Kunstfertigkeit besonders eindrucksvoll hervor, doch hat sich unverkennbar einer jener kostbaren Momente kammermusikalischen Musizierens ergeben, bei dem sämtliche Beteiligten in perfektem Aufeinander-Hören und Miteinander-Spielen eine gleichsam symbiotische Beziehung miteinander eingehen.
KLANGQUALITÄT ERFREULICH, KOPIERSCHUTZ UNERFREULICH!
Alle Aufnahme sind, obwohl es sich um Live-Mitschnitte handelt, von hoher bis höchster Klangqualität, ausgewogen und transparent, das Booklet liefert aufschlußreiche Infromationen zu den Stücken und zum Heimbach-Kammermusikfest.
Eine kritische Anmerkung den Kopierschutz betreffend noch zum Schluß: Dass die Plattenindustrie dem Raubkopieren Einhalt zu gebieten versucht, ist nur zu verständlich. Über den richtigen Weg dazu kann man lange streiten. Kopierschutzmechanismen scheinen jedoch - zumindest vorerst - nicht dieser Weg zu sein. Ich jedenfalls konnte die CD trotz Erfüllung der Systemvoraussetzungen auf meinem PC nicht vollständig abspielen. Der Kunde aber, der sein Geld in eine CD investiert, muß die Gewißheit haben, dass er diese auch auf allen Abspielgeräten nach Belieben verwenden kann. Ihn als zahlenden Konsumenten mit derartigen Einschränkungen für die illegalen Machenschaften anderer Personen zu bestrafen, erscheint mehr als unangemessen.
17 Punkte
Sven Kerkhoff
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