Musik an sich


Reviews
FRANKREICH-EXPEDITIONEN
Diverse (Französische Komponisten des 17. und 18. Jahrhunderts): Deux

Arthouse Musik (AD 2001) / Best. Nr. 100 394

Klassik / Kammermusik
Cover
Interpreten:
Il Giardino Armonico: Giovanni Antonini (Flöte) - Luca Pianca (Laute) - Enrico Onofri (Violin) - Vittori Ghilemi (Viola da Gamba) - Ottavio Dantone (Cembalo)
Tanz: Musica et Saltatoria (Natali Gal - Uta Gruber - Kapar Mainz)

Interpretation: ++++
Inszenierung: ++
Bild: +++
Klang: ++++


Il Giardino Armonico ist in den 90er Jahren vor allem durch seine spektakulären Vivaldi-Interpretationen bekannt geworden. Da wurde aus den "Vier Jahreszeiten" geradezu ein Stück "Neue Musik". Nicht jeder Hörer mochte sich jedoch damit anfreuden, wie diesem Barockschlager auch noch der letzte Schönklang ausgetrieben wurde, wie die Streicher da rasten, kratzten, zwtischerten, grollten, heulten und pfiffen. Außerdem nutzen sich neutönerische Effekte dieser Art recht schnell ab. Nun hatten die temperamentvollen italienischen Musiker in den Partituren Vivaldi immerhin ein dankbares Experimetierfeld gefunden. Der große Bogen und die rasante Virtuosität kamen ihnen entgegen. Würde sich der radikale Ansatz aber mit der aristrokratisch-feinsinnigen französischen Barockmusik ebenso gut vertragen?

Il Gardino Armonico wissen sich sehr wohl anzupassen. Und so gerät ihnen denn dieses Potpourri delikater französischer Kammermusik auch vortrefflich. Bei aller Tändelei, bei aller versponnenen Ornamentik und instrumentalem Raffinement kommt der insgesamt offensive Zugriff dem Gesamteindruck sehr positiv zugute. Etwas italienische Rustikalität verträgt man auch im Mutterland des guten Geschmacks.

Die Regie hat sich sichtlich Mühe gegeben, der Musik durch suggestive Bilder auf die Sprünge zu helfen. Gedreht wurde beim Lustschloss Hellbrunn / Salzburg, eine Art barockes Märchenland mit weitläufigen Parks, Grotten, Wasserautomaten, Wasserspielen und einem Natursteinbruch, der zum "Steintheater" ausgebaut wurde. Das ist, auf seine Weise, sehr französisch. Und bietet manch schönen Einblick in barocke Lustbarkeiten. Garniert wird das ganze noch durch barocke Kostümierungen und Tanzeinlagen (die allerdings eher komisch wirken).
Braucht's das alles? Die Videoclipästhetik inklusive einiger Schwarzweiß-Bilder, abrupter Kammeraschwenks, viel Schatten und wenig Licht, ist leider wenig überzeugend. Irgendwann ist man dann doch versucht, die Bilder abzuschalten und allein der Musik zu lauschen. Die nämlich genügt sich selbst völlig. Wer französische Kammermusik des 17. und 18. Jahrhunderts per se langweilig findet, der wird ihr auch in dieser Filmversion wenig mehr abgewinnen können. Wer sie schätzt, wird seine Freude vor allem an der lebendigen Interpretation von Il Giardino Armonico haben.

13 Punkte

Georg Henkel

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