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SLAWISCHES FEUER, ASIATISCHE PRÄZISION
Antonin Dvorak (1841-1904): Violinkonzert a-moll op. 53, Klavierquintett A-Dur op.81

EMI CLASSICS DDD (AD 2001) / Best. Nr. 5574392

Romantik / Instrumental
Cover
Interpreten:
Sarah Chang, Violine
Leif Ove Andsnes, Klavier / Alexander Kerr, Violine / Wolfram Christ, Viola / Georg Faust, Violoncello
London Symphony Orchestra
Sir Colin Davis

Interpretation: ++++
Klang: +++
Edition: ++++

VIRTUOSENTUM AUF DEM ROTEN TEPPICH

Dvoraks Violinkonzert gehört mit seinem überbordenen Einfallsreichtum, musikalischem Lokalkolorit, rhythmischem Schwung und Feuer zu den dankbarsten Stücken in der Konzertliteratur für die Violine.
Nun hat sich die junge und - obwohl dem Wunderkindalter längst entwachsen - unverändert weltweit erfolgreiche Geigerin Sarah Chang des Werks angenommen. Herausgekommen ist dabei zwar keine ganz neue, aber doch eigene Sichtweise. Sarah Chang verfügt über eine perfektionierte Kunstfertigkeit und ein reichhaltiges Repertoire an Möglichkeiten, den Geigenton zu färben und mit stets wechselnden Facetten zu versehen. Ihr Zugriff ist dabei zumeist kraft- und temperamentvoll. Wer einen romantisch, warmen Grundcharakter bevorzugt, ist bei ihr eher an der falschen Adresse.
Jedoch kommt diese Spielweise Dvoraks Stück sehr zugute, ebenso wie der Wechsel in Ausdruck und Dynamik, den die Virtuosin stetig praktiziert und auf diese Weise die Binnenspannung steigert bzw. erhält. Sarah Chang widmet sich jedem der noch so kleinen Seitenthema und melodischen Einfälle mit viel Liebe zum Detail und auch einer gewissen Experimentierfreude.
Ihr Ideenreichtum verbindet sich insoweit mit dem des Komponisten, von dem sein Kollege Johannes Brahms meinte: "Der Kerl hat mehr Ideen als wir alle. Aus seinen Abfällen könnte sich jeder andere die Haupthemen zusammenklauben."

Noch schöner wäre es gewesen, Sir Colin Davis hätte am Pult ähnlichen Mut bewiesen. Er beschränkt sich indes darauf, der Solistin einen roten (Klang-)Teppich auszubreiten, der zudem aufgrund der Tonregie tatsächlich nur der Ausmalung des Hintergrunds zu dienen scheint. Das extrem deutliche Hervorheben der Violine durch die Aufnahmetechnik zieht notwendigerweise ein leicht diffuses, dumpfes Klangbild des Orchesters nach sich. Zudem erscheinen mancherorts die Tempi unnötig gedehnt, so dass das Feuer des Werks und der Solistin nicht immer ganz so hell lodert, wie es könnte.

KAMMERMUSIKALISCHER KONTRAST: DAS KLAVIERQUINTETT

Bemerkenswert, dass Sarah Chang und die EMI sich entschieden haben, die CD nicht mit einem weiteren Virtuosenkonzert zu komplettieren, sondern die Virtuosin in einem kammermusikalischen Werk zu präsentieren.
Und spätestens hier wird die CD wahrhaftig zu einem Hochgenuß, denn Sarah Chang stehen erfahrene Musikerkollegen zur Seite, die mit ihr gemeinsam eine Lanze für Dvorak auch als Meister der kleinen Besetzung brechen. Besonderen Anteil hat daran übrigens der renommierte Leif Ove Andsnes am Klavier, dessen quicklebendiges Spiel sich mit Changs Handhabung des Violinparts ideal ergänzt. Und das Klavierquintett Dvoraks macht es zudem schon aus sich heraus auch jenen leicht, die der Kammermusik weniger aufgeschlossen gegenüberstehen: Ein sanglicher Grundcharakter paart sich mit rhytmischen Finessen und einem scheinbar nie versiegenden Themen-"Pool".
All dies wird ungemein frisch, mit hörbarem Spielspaß der Beteiligten und in exakt aufeinander abgestimmtem Zusammenspiel präsentiert.

Insgesamt also eine erfreuliche Neuerscheinung, die ihren eigentlichen Höhepunkt - unvermutet - im Klavierquintett findet, in welchem sich Sarah Chang nobel als Erste unter Gleichen und wahrhaftig gleich Guten zeigt.

18 von 20 Punkte

Sven Kerkhoff

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