(26.07.2003, Rieneck)
Anno 2003 feierte das Rock am Tunnel-Festival seinen 15.Geburtstag und
selbstverständlich waren wir von Musikansich dort anwesend um ein wenig
mitzufeiern. Ihr kennt das ja bestimmt, wenn mal was los ist, dann fallen alle Termine
auf einen Tag und so trafen wir erst am zweiten Festivaltag in Rieneck ein,
da wir am selben Wochenende auch noch der Coverband Justice zu ihrem ebenfalls
15-jährigen Bestehen Tribut zollen mussten. Das wir bei der ersten Hälfte
des Open-Airs nicht anwesend waren, schien in Nachhinein gesehen aber nicht
weiter tragisch, da dort eine Thin Lizzy Coverband(!) die Position des
Headliners belegte und ihr einen Bericht über das Orginal ja schon in unserem Bang
Your Head-Review lesen konntet.
Das Regenwetter, das uns während der Hinfahrt doch ein wenig beunruhigte,
legte sich zum Glück bis zu unserer Ankunft grösstenteils und so blieb noch
Zeit sich mit einem Steak bzw. Radler (man musste ja noch Auto fahren) zu
bewaffnen und ein trockenes Plätzchen zu suchen um der ersten Band zu lauschen.
DEEFONIC spielten musikalisch wirklich gut gemachten Alternativerock, der sich
vor bekannteren Genrevertretenern auf keinen Fall zu verstecken braucht und
dessen grösster Pluspunkt ganz eindeutig die markante Stimme des Sängers
darstellt. Für Freunde dieses Musikstiles ist es sicherlich kein Fehler einmal in
die neue CD der Jungs mit dem Namen "Sub_Compression" hineinzuhören. Live
jedoch offenbarte sich das grösste Manko der Band, denn als der liebe Gott einst
Attribute wie Charisma und Ausstrahlung verteilt hat, haben die Mitglieder
von DeeFoNic wohl nicht gerade allzulaut "Hier" geschrien. Showtechnisch wurde
auch nicht allzuviel geboten und so besteht, trotz dem unbestritten
vorhandenen musikalischen Potentials, die Gefahr in der Masse der Bands mit einem
ähnlichen Sound etwas unterzugehen. Zu wünschen wäre es der Truppe natürlich
nicht, denn allein schon durch die nette Coverversion von "Jailbreak" haben die
Jungs meine Sympathie schon mal sicher.
Schon an den mit Blumen verzierten Mikroständer konnte man erkennen das es
beim nächsten Act ein wenig bunter zugehen würde. MCF bezeichnen ihren
Musikstil, der irgendwo zwischen Faith No More, den Backyard Babies und
irgendwelchen Teenierock angesiedelt ist, ziemlich treffend mit der Wortkreation New Glam
und eine gewisse Ähnlichkeit mit einer Las Vegas-Show konnte man dem Treiben
auf der Rienecker Bühne an diesem Samstag auch nicht absprechen. Die
Würzburger Motion Control Foundation sorgte für kurzweiliges Entertainment, woran
nicht nur diverse Hüftschwünge, zum Kreischen genötigte Mädchen und
Blumengeschenke der Band ans Publikum verantwortlich gemacht werden können, sondern auch
die abwechslungsreichen Songs der Mittzwanziger von denen kein Lied wie das
andere klang. Durchaus verständlich also das die Fachpresse das neueste Werk
"Candy, Floss & Spice" überwiegend positiv bewertet, denn auch meiner Meinung
haben sich MCF, seitdem ich sie vor ein paar Jahren das letzte Mal zu
Gesicht bekam, musikalisch enorm weiterentwickelt. Auffälligste Figur des Haufens
war Frontmann Fludid (die Künstlernamen der anderen Bandmitglieder sind
übrigens mindestens ebenso ulkig), der neben seinem weissen Glamkostüm bzw. recht
eigenwilligen Tanzstil, vor allem durch sein sehr variables Sangesorgan die
Aufmerksamkeit auf sich zog und mit seinen motivierenden Ansagen einen recht
grossen Teil der Zuschauermenge zum Mithüpfen bewegte. Alle Freunde von
gecoverten Stücken wurden noch durch eine spezielle Version von The Cure`s "Lullaby"
zufriedengestellt und so war es nach alledem auch nicht verwunderlich das
das anwesende Volk nach mehr lechzte und nocheinmal freundlicherweise zwei
Zugaben geboten bekam. Insgesamt ein sehr interessanter Auftritt der neugierig
auf die Zukunft der Band macht, das Zeug für höhere Aufgaben haben sie
zumindest schon.
Wer sich an unseren Umsonst und Draussen-Festivalbericht erinnern kann,
erinnert sich bestimmt noch an mein Versprechen euch von einem
BANANAFISHBONES-Gig baldmöglichst Bericht zu erstatten, da wir damals ja das Konzert in
Würzburg wegen möglicher Duplizität der Ereignisse eher mehr als weniger freiwillig
sausen liessen. Da euer Steel Dragon ja bekannt dafür ist das er seine
Versprechen hält wird dies hiermit nachgeholt und somit heisst es Bühne frei für
die Band aus dem bayerischen Bad Tölz.
Eigentlich dürfte ja fast jeder von euch, durch Hitsingles, Werbespots oder
Filmsoundtracks mit dem Schaffen des Trios aus dem Weisswurstland vertraut
sein und so muss ich auch nicht viele Worte über die Werke der Künstler
verlieren, denn den Sound von Sebastian Horn und Co. zu beschreiben fällt wirklich
schwer. Ist es nun abgespacter Indie-Rock mit Countryeinflüssen oder doch eher
umgekehrt ? Naja, ich weiss es wirklich nicht und auch der Gig auf dem Rock
Am Tunnel-Open Air gab darüber nicht zwingend Aufschluss.
Zumindest wegen ihrem Faible für ursprüngliche, amerikanische Countrymusik
schämte sich die Truppe ungefähr soviel wie ich mich für meine langen Haare,
was man daran erkennen konnte das neben dem Jonny Cash-Evergreen "Ring Of
Fire" auch ein John Denver-Song in Bananafishbones-Manier auf die inzwischen
erstaunlich angewachsene Menge losgelassen wurde. Neben solch doch schon ein
bisschen angestaubten Klassikern verwursteten die drei Musiker auch modernere
Stücke von Künstlern wie Eminem(!), Madonna und Kylie Minougue nach Hausmacher
Art, so das selbst für Leute die mit den eigenen Stücken der Fischknochen
nichts anfangen konnten beste Unterhaltung garantiert war.
Von ebenjenen selbst komponierten Songs war, das aus dem C&A-Werbefilmchen
allseits bekannte, "Come To Sin" das Highlight dieses Gigs und die Lichtanlage
tat im inzwischen nächtlichen Rieneck ein übriges zur perfekten
Gänsehautatmosphäre. Auch ein nigelnagelneues Stück, das erst auf dem nächsten Album der
Bananafishbones zu finden sein wird, wurde dem Rock Am Tunnel-Publikum
vorgestellt und bei dieser wunderschönen Ballade , bei der der Gitarrist der
Fishbones den Gesang übernahm, ging mein Daumen ohne Zweifel in Richtung
fränkischer Nachthimmel.
Selbst ohne grossartige Showeffekte langweilte die Band zu keiner Sekunde,
was wohl auch an den Entertainmentfähigkeiten von Sebastian Horn gelegen haben
könnte. Der Sänger bzw. Bassist der Formation glänzte durch mehr oder minder
wertvolle Lebensweisheiten, outete sich als beinharter Herr der Ringe-Fan
und amüsierte sich so dermassen über die am Festivalgelände vorbeirauschenden
Züge, das er ihnen eine Widmung in einem ihrer Songs spendierte.
Im ersten Zugabenblock wurde der langerwartet Radiohit "Easy Day" endlich
vom Stapel gelassen, dessen Refrain von den Fans begeistert mitgegröhlt wurde
und dank seinen Ohrwurmqualitäten noch so manchen Open Air-Besucher bis in den
Schlaf verfolgte. Ausserdem zeigte die Band mit einem weiteren, überlangen
Song, den man fast schon anhand seiner Vielseitigkeit und Komplexität als
Progessive Space Rock bezeichnen konnte, eine ganz unerwartete Seite, bevor die
Jungs zum zweitenmal der Bühne den Rücken kehrten.
Doch aller guten Dinge sind bekanntlich drei und so liessen sich die drei
Bayern in Franken trotz der inzwischen doch schon weit fortgeschrittenen
Uhrzeit vom Moderator und dem Publikum dazu überreden mit noch ein paar Songs den
Feierlichkeiten zum 15.Jubiläums des Rock am Tunnel-Festivals das
Sahnehäubchen aufzusetzen.
So endete wieder einmal ein gelungenes Rock Am Tunnel Open Air und wir
hoffen das die Veranstalter nächstes Jahr ein ähnlich interessantes Programm auf
die Beine stellen und vielleicht statt einer reinen Coverband, wie dieses Jahr
am Freitag, lieber wieder etwas für mein kleines Herz aus Stahl
verpflichtet. Ich denke ihr wisst was oder welche Bands ich ungefähr meine.
Manuel Liebler
Internet:
www.rockamtunnel.de
www.deefonic.de
www.mcf-music.de
www.bananafishbones.de
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