Musik von Yuzo Toyama, Akira Ifukube, Yasushi Akutagawa, Kiyoshige Koyama, Takashi Yoshimatsu // Tokyo Metropolitan Symphony Orchestra / Ryusuke Numajiri
Von Anfang an hatte das Label Naxos in seinem Katalog neben dem bekannten Klassik-Repertoire immer auch Platz für selten gespielte oder unbekannte Werke. Diese aktuelle Produktion mit in Japan populären, zeitgenössischen Werken blickt nun weit über den europäischen Horizont hinaus, - ohne dass die eingespielte Musik Europa allerdings gänzlichen vergessen machte.
"Zeitgenössisch" sind die hier versammelten Werke allerdings nur bedingt, denn sie stammen bereits aus den Jahren 1935-1980. Doch erfreuen sie sich in Japan offenbar großer Beliebtheit, was man von westeuropäischer Musik zumindest ab 1950 nicht mehr uneingeschränkt sagen kann. Auch leben vier der hier versammelten Komponisten noch. Akira Ifukube und Kiyoshige Koyama waren beide sieben Jahre alt, als 1921 in Japan das erste Werk für traditionelles, d.h. europäisches Orchester komponiert wurde; die vorliegende Platte dokumentiert daher auch, wie die japanische Kultur ihre seit dem 16. Jahrhundert währende Abschottung gegen westliche Einflüsse aufgab und sich kreativ mit Anregungen aus der
europäischen Musik auseinandersetzte. Diese Einflüsse sind deutlich hörbar und verbinden sich mit traditionell japanischer "exotischer" Pentatonik, Volksweisen und typischen Instrumenten aus der japanischen Kunst- und Theatermusik.
Das führt mitunter zu recht eigenwilligen, immer aber originellen und durchaus hörenswerten Mischungen, weitab von jener bekannten Madame-Butterfly-Exotik á la Puccini. Manches klingt mit seinen stark rhythmischen Elementen wiederum wie von George Gershwin angeregt: Ein Amerikaner in Tokyo? Zumindest wird verständlich, warum diese Musik in Japan beliebt ist: Mit ihrer Mischung aus einheimischen und - aus japanischer Sicht exotischen - europäischen Klängen, ihren brillanten Effekten und gefühlvollen Wendungen, die dem Sentimentalen und Pathetischen nicht abgeneigt sind, wendet sie sich unmittelbar an den Hörer. Selbst Filmmusik; Jazz und Big Band klingen an. Erfrischend unbekümmert, wenn auch mitunter plakativ, werden die musikalischen Traditionen aus beiden Welten inklusive U-Musik zu einem ostwestlichen Crossover kombiniert, das dieses Etikett einmal wirklich verdient.
Unter Ryusuke Numajiri bietet das Tokyo Metropolitan Symphonie Orchestra perfekte Spielkultur, die jede musikalische Wendung optimal zum klingen bringt und den Werken nichts schuldig bleibt. Eine spannende, unterhaltsame Entdeckungsreise abseits der ausgetretenen Pfade.
17 von 20 Punkte
Georg Henkel