(Colos-Saal Aschaffenburg, 29.07.2002)
Auweia, die Menschenschlangen am Eingang des Aschaffenburger Colos-Saals
liessen das vermuten was ich vorher schon befürchtet hatte. Die eh schon nicht
allzugrosse Location wird bei Aussentemperaturen von bis zu 30 Grad aus allen
Nähten platzen und sich zu einem Hexenkessel verwandeln.
Als um kurz nach halb neun selbst der letzte Metalhead den Weg in die
rappelvolle Bude gefunden hatte, ging es auch schon mit dem Support-Act MOB RULES
los. Die Jungs aus dem hohen Norden waren wohl sowas wie die ideale Vorgruppe
von Jon Oliva und Co, den sie stahlen dem Headliner nicht die Schau, sondern
heizten (wenn das bei den Temperaturen überhaupt noch ging) dem Publikum mit
ihrem zielgruppenkompatiblen progressiv angehauchten Melodic-Power-Metal
ordentlich ein.
Musikalisch gab es bei der Truppe aus Wilhelmshaven also nichts auszusetzen,
selbst die zwei Appetithäppchen des im September erscheinenden neuen Albums
mundeten hervorragend, denoch wirkte die Band optisch und beim Stageacting
nicht wie eine fest zusammengewachsene Einheit, wobei man bei dem zweiten Punkt
mildernde Umstände gelten lassen muss, da auf der eh schon kleinen Bühne
noch das fertig aufgebaute Sava-Drumkit und Keyboard jede Bewegungsfreiheit
zunichte machten.
Aus diesem Grund hielt sich die Umbaupause erfreulicherweise auch in Grenzen
und die Amis konnten schon vor 22 Uhr die Bühne entern. Nach dem aus der
Wintertour altbekannten Queen-Intro waren die erstaunten Blicke natürlich auf
den kurzhaarigen Gastgitarristen mit der Mini-Irokesenfrisur gerichtet, der
niemand anders als Annihilator-Chef Jeff Waters persönlich war. Jeff machte es
sichtlich Spass mit seinem Kumpel Chris Cafferey vor so einem begeisterten
Publikum die Savatage-Songs zu zocken und den wegen vertraglicher
Verpflichtungen verhinderten Heimkehrer Al Pitrelli zu vertreten. Weiter optische Neuerung
konnte man beim "Mountain King" Jon Oliva himself ausmachen, den der Bart war
im wahrsten Sinne des Wortes ab und man musste schon zweimal hinsehen um den
Bandleader zu erkennen.
Songtechnisch ging es auch gleich in die Vollen, den gleich im ersten Teil
der Show wurden schon Highlights wie z.B. "Commissar", "Chance", "Edge of
Thorns" und "Morphine Child" dargeboten und man konnte richtig spüren wie die
Magie einer Clubshow heraufbeschworen wurde, den selbst wenn man sich im
Colos-Saal in den hintersten Reihen hinten befindet hat man noch eine relativ freie
Sicht auf seine Helden. Bei diesen Songs konnte sich auch der neue Sänger
Damond Jiniya, dessen Austrahlung wieder unbeschreiblich war, richtig austoben
und den Fans beweisen wie seine Performance durch die Auftritte mit Savatage
gereift ist, den gesangstechnisch war der Ville Valo-Verschnitt schon immer
spitzenklasse.
Anschliessend wurde es wieder Zeit für diverse Medley`s vorwiegend älterer
Songs etwas härterer Gangart wie z.B. "Sirens" oder "Agony and Ecstasy" und
für eine längere Pause des Neu-Frontmanns, da Oliva den Gesang hinter seinen
Keyboards übernahm. Bei den ersten Tönen von dem Klassiker "Gutter Ballet"
verhaspelte sich ebenjener Oliva dreimal hintereinander und begann jedes Mal von
vorne, wodurch er jede Menge Sympathiepunkte sammeln konnte, da jeder merkte
das bei dieser sonst perfekten Show keine Metalroboter, sondern Menschen wie
du und ich am Werk waren.
Bei "Believe" gröhlte das komplette Publikum traditionell den kompletten
Text mit und dann wurde es auch schon Zeit für den Endspurt der zweistündigen
Show, die wieder ohne besondere Effekte dafür aber mit einer perfekt
abgestimmten Lichtshow aufwarten konnte. Der lautgeforderte Zugabenteil den das Sextett
dem Publikum zum Besten gab enthielt das ruhige "When the crowds are gone"
und selbstverständlich "Hall of the Mountain King" bei dem Mr. Jiniya in fast
schon Death-Metal-Manier herumgrunzte.
Obwohl ich Savatage schon vier mal vorher gesehen habe, war dies die mit
Abstand geilste Show der Jungs. Zwar wurde wenig neues geboten dennoch
überzeugten die Amis durch ihre Spielfreude, Routine und Professionalität und ich bin
gespannt wie ein Flitzebogen auf neues Material der Truppe, wenn sich die
Kompositionen von Oliva und O`Neill mit der genialen Stimme von Damond Jiniya
vereinen.
MANUEL LIEBLER
Internet:
www.Savatage.com
www.mobrules.de