Wir schreiben das Jahr 2009. Seit dem sensationellen Chartserfolg 2002 von
Manowar`s damaligen Output "Warriors of the World" und den dazugehörigen
Promotionauftritten bei Stefan Raab, Top of the Pops und Viva ist nichts mehr wie
es einmal war. Doch lest am besten selbst...
"Mann oh Mann, war das gestern wieder eine harte Nacht", dachte ich als mich
mein Wecker mit der fiepsenden Melodie von Maidens "Fear of the dark"
weckte. Nettes Teil übrigens, hat bei Aldi nur 5 Euro gekostet und erinnert jeden
Morgen an alte, harte Zeiten, die Gottseidank der Vergangenheit angehören.
Tja, hatte wohl zuviel vom Modegetränk Jack-Daniels-Cola intus, aber an
sieben der zehn Metalkneipen bzw. Clubs, die wir gestern angeblich in unserem
130000-Einwohner Provinznest Würzburg besucht haben, kann ich mich noch
einigermassen erinnern.
"Jetzt brauch ich eine Pepsi gegen den Kater und damit ich einigermassen
wach werde" flüsterte ich leise zu mir selbst und wankte zu meinem Kühlschrank.
Während die kühle Erfrischung durch meine Kehle floss, fiel mein Blick auf
das überdimensional grosse Bild von Nightwish`s Sängerin Tarja auf der Dose,
die durch ihren mit 25 Millionen Euro dotierten Werbevertrag mit dem
Zuckerwassergiganten wohl auch schon ausgesorgt hat.
Rumtrödeln wäre jetzt fehl am Platz, da ich heute noch jede Menge an meinem
freien Tag vor habe. Also schnell geduscht, ins entsprechende Outfit geworfen
und dann ab in die Stadt.
Auf dem Weg zum Kiosk kam mir ein bekanntes Gesicht entgegengeschlendert.
Frank ein ehemaliger Arbeitskollege begrüsste mich grinsend mit einem
fröhlichen "Terve" und spreizte dabei den Kleinen- und den Zeigefinger in
Pommesstäbchen-Manier zu dem ehemals gefürchteten Zeichen. Es ist kaum zu glauben das
sich ebenjenes heute schwarzgekleidetetes, nietenbehangenes Wesen vor nicht ganz
fünf Jahren auf der Berliner Love-Parade köstlich amüsierte. Finnische
Redewendungen scheinen in diesen Tagen sowieso das berühmte "Denglisch" abgelöst
zu haben und so zu reden wie die grossen Vorbilder ist einfach kultig.
Am Kiosk angekommen erlebte ich eine kleine Entäuschung, denn die aktuellste
Ausgabe der Bravo mit dem letzten Teil des lebensgrossen Starschnitt von
Edguy war schon ausverkauft, dafür düdelte mich aber das Radio des
Kioskbesitzers zum wohl 146 Mal diese Woche mit der neuen Slayer-Single zu, während ich in
der Schlange wartete bis sich der nette Herr meiner annahm. Schade, hätte
meiner 10jährigen Nichte Jutta damit gerne eine kleine Freude gemacht, die
sowas sammelt und sich nun mit der neuen Popcorn zufrieden geben muss, die
Aufkleber von Hammerfall, Rhapsody und Rage als kostenlose Beilage enthielt.
Auf dem Weg zu der nächsten Station meines Einkaufsbummels sah ich wie am
Strassenrand zwei seltsame Wesen Konversation betrieben. Sie hatten kurze
Haare, obwohl dies schon seit mindestens vier Jahren absolut untrendy war. Selbst
für Menschen mit denen es die Natur haartechnisch nicht so gut meinte, gab es
die Langhaartransplantation, die neben Spitzen schneiden und Spliss
entfernen die Hauptaufgabe der heutigen Friseurzunft darstellt. Ausserdem hatten sie
bunte Kleidung an und trieben sich in ihrer Freizeit wahrscheinlich auf
irgendwelchen seltenen Pop-Revival-Parties rum. So jemanden würde hier wohl keiner
sein Töchterchen anvertrauen.
Angewidert von diesen Personen erreicht ich das H&M um mir eine neue
geschnürte Lederhose zuzulegen. Bei diesem Riesenangebot wurde ich natürlich auch
sogleich fündig und das Teil war so dermassen günstig das ich mir gleich noch
ein neues Nietenarmband obendrauf dort mitnehmen konnte.
Wie sehne ich mich nur nach den Festivals. Am meisten natürlich auf das
ehemalige Wacken-Open-Air, das man wegen der rasant expandierenden Grösse auf die
Insel Sylt verlegt hat. Sicher ist alles teuerer geworden und die Karte
kostet dieses Jahr 350 Euro, dafür ist es aber ein geiles Gefühl seine
Lieblingsbands mit 500000 Menschen zusammen anzuschauen und auf den
Riesengrossbildleinwänden zu bewundern und man kann kaum glauben das die Stecknadelgrossen
Personen auf der Bühne wirklich die jeweiligen persönlichen Heroen der Fans sind.
Gesponsert wird das Ganze übrigens von einer Amerikanischen Fast-Food Kette,
weswegen sich das Event offiziell "McDonalds-Metal-Meeting" nennt. Viva und
MTV berichten 24 Stunden am Tag von diesem Ereignis und so ein Glück wie
letztes Jahr werde ich wohl kaum haben das man mich wieder kurz im Bericht der
ARD-Tagesthemen durchs Bild huschen sieht.
Genug von zukünftigen Ereignissen geträumt. Ich muss jetzt schnell nach
Hause um den Auftritt von Metallica bei "Wetten das ?!?" nicht zu verpassen ...
Viele Menschen beschweren sich das "Ihrer speziellen Musik" nicht genug
Aufmerksamkeit in den Medien oder sonstwo geschenkt wird. Sollte man nicht froh
sein, dass man seine exklusive Welt, die nicht jeder versteht, sein Eigen nennt
und mit Gleichgesinnten teilt, die verstehen was man empfindet wenn man den
einen der anderen Song hört ? Oder soll das Ganze eher doch so enden wie in
unserer kleinen Geschichte ? Ein Geheimis ist nämlich auch solange nur spannend, wie es
nur wenige kennen.
Manuel Liebler