Ivar Bjørnson & Einar Selvik
Hugsjá
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Durch meine Vorliebe zum Jazz bin ich bereits lange mit der norwegischen Musikszene verwurzelt. Karin Krog, Jan Garbarek, Brazz Brothers, Bendik Hofseth, Terje Rypdal, der auch prägend in der modernen Klassik tätig war/ist, und mit seiner Band The Vanguards bereits in den Sechzigern die Szene prägte.
Doch auch ganz andere Richtungen gibt es in der norwegischen Musikszene, sei es aus dem Bereich Country (Somebody’s Darling, Rune Larsen), und auch aus dem Rock sind mir Bands/Künstler wie Boston Tea Party oder Mickey Faust. Ansonsten gibt es unzählige Formationen und Künstler/innen, die tief im Folk ihrer Heimat verwurzelt sind, Bukkene Bruse, Vestlandsfanden und viele andere. Auch Namen wie Kari Bremnes oder Mari Boine fallen mir als prägende Gestalten der norwegischen Musik ein.
Und nun habe ich Hugsjá kennengelernt, ein Projekt von Ivar Bjørnson & Einar Selvik. Dieses Album ist der Nachfolger von "Skuggsjá", und der Albumtitel soll in etwa das ausdrücken, das man weiter sehen kann als das Auge, also auch in das Innere der Gedanken. Dabei werden die lange Geschichte und Traditionen Norwegens thematisiert. Entstanden war das Projekt als Teil einer Konzertserie mit Namen „Nordvegen“ (die nördliche Straße), inspiriert durch die Geschichte, anhand von Orten, an denen die jeweiligen Konzerte stattfanden.
Beide Musiker waren in verschiedenen Bands tätig (Wardruna und Enslaved). Im Gegensatz dazu haben sie mit dieser Platte einen eigenen Sound geschaffen, traditionell Klingendes im Verbund mit gelegentlichen rockigen Ausflügen, meistens jedoch näher an Wardruna, jener Formation, die musikalisch die nordische Spiritualität pflegt. Dramatisch startet es mit dem Titelsong, und Selvik erhebt seine Stimme, als entspringe er aus dem düsteren Mittelalter, dazu leiert und brummt die Musik sehr emotional, sogleich ist man gefangen in einer mystisch-düsteren Atmosphäre. Das folgende “WulthuR“ ist eigentlich der einzige Song, bei dem es ein wenig härter im Sound zugeht, aber auch nur durch das prägnante Trommeln, ansonsten schwelgt die Musik weiterhin im Dunkeln.
Angereichert durch alte Instrumente wie „Kravik-lyre, Taglharpa, goat-horn und bronze-lure“ wird man automatisch in alte Zeiten transportiert, und verbunden mit den verwendeten modernen Elementen ist ein mehr als zufrieden stellender Gesamtausdruck zwischen Gestern und Heute entstanden. Stark kommt dieses beispielsweise im episch dahinschwebenden “Ni Mødre av Sol“ zum Ausdruck. Folk in Verbindung mit Elementen aus Ambient und Rock stellt ein Gerüst dar, auf das man schwindelfrei klettern kann, wenn man sich sicher darauf bewegt, alle anderen, denen der Folk zu schwülstig und pathetisch, der Rock zu sanft und die Elektronik zu akustisch ist, sollten entweder die Ohren davon lassen oder sich gern dieses besondere Fusions-Hörererlebnis gönnen. Wie auch immer, emotional berührend ist diese Musik allemal, nur – wie soll man es nennen? Nordic Dark Folk, oder noch gerade eben Folk Rock? Nähere Assoziationen würde ich am ehesten zur schwedisch-finnischen Formation Hedningarna knüpfen, zumindest teil- und ansatzweise, und empfehle hiermit, in einige derer Songs einmal hinein zu lauschen.
Wolfgang Giese
Trackliste |
1 Hugsjá
2 WulthuR
3 Ni Døtre av Hav
4 Ni Mødre av Sol
5 Fornjot
6 Nattseglar
7 Nytt Land
8 Nordvegen
9 Utsyn
10 Oska
11 Um Heilage Fjell
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Besetzung |
Einar Selvik (lead vocals, Kravik-lyre, Taglharpa, goat-horn, bronze-lure, flute and percussion)
Ivar Bjørnson (guitars and electronics)
Silje Solberg (Hardanger fiddle and backing vocals)
Iver Sandøy (drums, percussion and backing vocals)
Håkon Vinje (backing vocals)
Stine Kobbeltvedt (choir arrangement - #4, 11)
Anna Lisa Lekven, Laila Moberg, Marianne Evensen Østrem, Lisa Nøttseter, Lise Renee Aase, Kristine Bjånesøy Tikkanen, Linda Nytræ, Leif Østrem, Brede Lærum, Jan Helge Kordts, Jan-Ove Hansen, Richard Myhre Gåssand and Stine Kobbeltvedt (choir - #4, 11)
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