The Antikaroshi - Die Platte als Momentaufnahme
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The Antikaroshi sind in unserem kleinen Magazin schon öfter aufgeschlagen - und das immer in positiver Art und Weise. Ihr freigeistiger musikalischer Ansatz - irgendwo im Spannungsfeld von Alternative, Postrock und Punk - rannte bei uns stets offene Türen ein. Kürzlich hat das Trio, das vor den Toren Berlins beheimatet ist, sein viertes Album mit dem Titel 11 songs mostly written and played on wednesday evenings by a band called The Antikaroshi veröffentlicht. Der Titel der Platte, die auch ausschließlich als solche, nämlich auf Vinyl, veröffentlicht wird, sagt schon mal einiges über die Entstehungsgeschichte aus. Das machte die Redaktion neugierig. Gitarrist und Sänger Christoph stand kurzfristig parat um MAS Rede und Antwort zu stehen.
Die Aufnahmen zur Eurer neuen Platte liegen schon über ein Jahr zurück. Dadurch ist bestimmt ein gewisser Abstand vorhanden. Seid ihr immer noch zufrieden mit dem Ergebnis?
Nach In P.O.P. we rust wollten wir einfach neu ansetzen. Es gab ja nicht wirklich eine Tour zu der Platte, was auch mit persönlichen Terminproblemen zu tun hatte. Wir hatten dann einen guten Freund gefragt mitzuspielen, was dann aber einfach nicht richtig funktionieren wollte. Da war dann schon über ein Jahr vergangen. Schlussendlich mussten wir erkennen, dass The Antikaroshi eben die Symbiose dieser drei Charaktere ist. Im Endeffekt sind wir schon ziemlich zufrieden mit 11 Songs…!
Der Albumtitel klingt, als wäre The Antikaroshi eine Art festgelegtes, wöchentliches Ritual. Welche Priorität genießen diese Tage in der Mitte der Woche in euren Leben?
Es ist einfach ein Fixpunkt terminlich wie auch in unserem tagtäglichen Leben und ja auch ein wenig Ritual über die Jahre geworden. Das heißt, es wird erstmal ein wenig geschnackt und auch mal ein Bier getrunken bevor es dann wirklich losgeht. In erster Linie sind wir schon so was wie eine Familie. Eigentlich läuft auch immer ein Aufnahmegerät bei den Proben und am Ende fügt sich alles zu einem Ganzen. Ob das nun ein oder fünf Jahre dauert ist dabei egal. Der Titel beschreibt einfach unser derzeitiges Bandleben. Und das hat sich darauf eingepegelt mittwochs zu proben und dann auch mal ein ganzes Wochenende wegzufahren, um wirklich den Kopf für die Ideen frei zu kriegen. Ganz am Ende gilt es dann den Schwung nicht zu verlieren und möglichst authentisch aufzunehmen.
Ich habe der Platte unterstellt, dass die manchmal etwas unfertig klingt. Besonders der Eröffnungstitel „UR“. Definitiv ist sie ungehobelt und authentisch. War Spontanität bei dieser Platte besonders wichtig oder resultierte die knappe Studiozeit von lediglich zwei Tagen aus anderen Dingen?
Das ist ja lustig, dass „UR“ für Dich unfertig klingt. Bei diesem Song ging es wirklich darum alles auf das absolut Wesentliche zu komprimieren, also Text und Musik. Und ja: da ist dann eben nach 1:30 Minuten alles gesagt! Vielleicht lässt die Livesituation beim Aufnehmen das auch ein wenig so klingen, aber wie gesagt, das war ja auch so beabsichtigt und uns ging es dabei eher um work-in-progress und da gibt‘s dann definitiv Kompromisse - auch finanzieller Art - und den Punkt an dem man sagt „OK, was soll es - lassen wir so“. Ich glaube, momentan interessiert uns dieser Perfektionismus nicht. Da sind wir halt doch im Herzen eine Punkband.
Anders gefragt: Wann ist ein Antikaroshi-Song „fertig“? Was muss er haben, ein gutes Gefühl?
Hm, ich tendiere jedenfalls momentan eher in die Richtung, dass er für mich live umsetzbar sein muss. Das Gefühl bekommen wir oft erst ein halbes Jahr später und manchmal lassen wir Parts auch bewusst offen, weil uns das sonst zu langweilig wird. Das heißt, auch hier hört man auf der Platte eine Momentaufnahme.
Eure Platten hatten nicht selten eine Art thematischen Überbau. per/son/alien beschäftigte sich mit realen und irrealen Menschen, die für oder gegen etwas stehen, während In POP we rust auf der Sammlung Prinzhorn fußten. Haben die einzelnen Titel dieses Mal auch eine Art übergeordnetes Thema, mit dem sie sich beschäftigen?
Bei der per/son/alien, puh das ist schon wieder so lange her. Ich denke jede Zeit hat ihre Themen, Menschen, Bücher, die einen beschäftigen. Und dann versucht man diesen Faden weiter zu spinnen. Ich glaube bei 11 Songs… gibt es diese Themen auch, nur nicht mit dem Anspruch das alles zusammenzuführen. Es ist aber anders herum auch bezeichnend, dass mir als demjenigen der die Texte schreibt, es zum einen nicht als unmittelbar wichtig für The Antikaroshi erschien und mir zum anderen schlicht die Zeit fehlt, um das in einem für mich vernünftigen Rahmen zu bearbeiten. Das kann beim nächsten Album schon wieder ganz anders sein.
Daraus entnehme ich, dass Du Euch auch nicht als eine Art Botschafter siehst, trotz der sozialkritischen Inhalte, die ihr in den Texten behandelt.
Das ist richtig. Nichtsdestotrotz versuchen wir uns an bestimmten Themen zu reiben - auch auf die Gefahr hin zu scheitern - und haben dort auch eine klare Meinung. In der Band wird das aber eher kryptisch verhandelt. Manchmal reicht dort schon ein Wort oder Satz aus wie zum Beispiel bei „Lovers Against Mass Surveillance (L.A.M.S.)“, wo es ja im weitesten Sinne um Überwachung geht. Das reicht dann von der Anspielung zur Initiative „Authors for peace“, über das im öffentlichen Raum ausgetragene Liebesleben von heranwachsenden „Mammoni“, bis zu Edward Snowden. Es geht dann eher um ein Bild, eine Assoziationskette, die wir anschieben wollen. Da darf dann jede/r was draus machen.
11 Songs… erschien nur als Vinyl-LP, nicht als CD. Ist für euch dieses Format tot oder ist es tatsächlich eine Art Zielgruppenorientierung? Für besondere Musikliebhaber, die heute eh lieber zur schwarzen Rille greifen, einem vermeintlich „echten“, langlebigen Format?
Ja, definitiv! Ich selbst kaufe eigentlich nur Vinyl. Zielgruppenorientierung? Keine Ahnung. Für mich ist es eher befremdlich, dass zum Beispiel die Pet Shop Boys eine Special-Limited-Edition-Vinylbox wiederveröffentlichen, für utopische Preise. Fair enough. Am Ende ist Vinyl für uns DAS Format, auch wenn das aus finanzieller Sicht ruinös ist. Deshalb liebe/r Leser/in: kauft unsere Platte!
Auch in Sachen Eigenmarketing haltet ihr Euch als Band recht zurück. Man findet The Antikaroshi erstaunlicherweise nicht mal auf Facebook. Zudem geht ihr auch sonst mit Informationen rund um die Band spärlich um.
Da steckt gar nicht so ein Plan dahinter, sondern das entspringt eher unserm Naturell. In erster Linie geht es ja um unsere Musik. Diese sollte auch für sich stehen. Facebook und deren Politik, ihren Ansatz finden wir in diesem Falle einfach scheiße! Dass das unserem „Eigenmarketing“ nicht unbedingt guttut, ist uns durchaus bewusst. Aber im Gegensatz zu unseren Brotjobs müssen und wollen wir uns hierbei eben nicht einem „Wettbewerb“ unterwerfen. Die Band ist ein Produkt von drei Individuen, ein Mikrokosmos der uns wie schon erwähnt relativ „heilig“ ist. Da sind sogar unsere Namen nicht wirklich wichtig. Außerdem: Für diese Platte gibt es sogar ein No-Budget-Video bzw. eines welches ein Freund zu einem Song gedreht hat. Immerhin, das ist doch schon mal was. (lacht)
Was mir aufgefallen ist, bzw. was ich etwas schade finde, da ich ein Liveerlebnis mit Euch in recht angenehmer Erinnerung habe: ihr tretet als Band nicht allzu viel live auf, bzw. seid nicht länger tourend unterwegs. Ist das Livespielen vor Leuten trotzdem eine wichtige Komponente für die Band oder seid ihr lieber die Tüftler im Proberaum?
Die Live-Konzerte sind uns schon wichtig. Es ist nur leider so, dass ich mit meiner Punkband, in der ich Schlagzeug spiele, ständig Anfragen bekomme während es für The Antikarohi recht schwierig ist. Stichwort: Spartenmusik. Dazu kommt das wir was das Booking betrifft irgendwie (altersbedingt?) raus sind. Vielleicht sollten wir dort noch etwas Fremdexpertise was die Zielgruppe betrifft einholen. (lacht) Ne, im Ernst: falls das jemand liest der was mit Booking zu tun hat - schreibt uns an! Wir sind unkompliziert!
The Antikaroshi gibt es jetzt doch schon ein paar Jahre und ihr selbst seid keine 20 mehr. Hat man da noch festgelegte Ziele, die man als Band erreichen möchte oder ruht ihr in euch mit dem aus, was The Antikaroshi erreicht haben?
Also Ziele haben wir definitiv. Jede Platte soll für sich stehen und muss uns selbst begeistern. Das gilt für den gesamten Prozess. Am Ende muss alles schlüssig sein. Das Wort „ausruhen“ ist mir da eher zuwider. Da gibt es ja genügend Negativbeispiele. DEN Masterplan gibt es bei uns wahrscheinlich auch nicht. Solange wir alle 100%ig dabei sind, geht’s weiter.
Das ist doch mal ein schönes Schlusswort. Hoffen wir, dass ihr Eure Energie beibehalten könnt!
Mario Karl
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