Graupner, Chr. (Letzbor)
Concerti, Ouvertüren & Sonaten
ANGENEHM WILD
Das trötet, hupt und tutet, dass es nur so eine Lust ist! Was für eine abstruse Besetzung, mit der Christoph Graupners (1683-1760) Ouvertüre in F-Dur da aufwartet: 2 Hörner, Pauken, 2 Chalumeaux, Fagott plus Streicher. Eine Vorliebe zum musikalischen Experiment scheint den Darmstädter Kapellmeister ausgezeichnet zu haben und die teilt er mit dem Alte Musik-Spezialisten Gunar Letzbor, der den Fokus hier auf Graupners Werke für die Chalumeaux richtet. Ein Holzblasinstrument, dessen Blütezeit nur kurz währte, bevor es von der feinsinnigeren Klarinette abgelöst wurde. Sein eigenwilliger Klang entzweite schon die Zeitgenossen: Von manchen als wild, unangenehm oder heulend geschmäht, von anderen als unendlich angenehm und interessant gepriesen. Nun, das Instrument vereint unzweifelhaft all diese Eigenschaften in sich. Wie angenehm sanglich, sehnsuchtsvoll, fast saxophonähnlich es zu klingen vermag, wird auf dieser SACD ebenso deutlich, wie sein wilder, kaum zu bändigender Charakter bei zupackendem Musizieren. Und solche Momente gibt es hier gar nicht selten, denn Letzbor lässt nicht vornehm-höfisch, sondern über weite Strecken eher musikantisch aufspielen, teils durchaus geräuschaft. In einigen Momenten wird die Musik dadurch zwar arg agressiv aufgeladen, andererseits gibt es so keinen spannungsarmen Moment. Die klangfarblichen Reibungen, die durch die zwei oder drei Chalumeaux untereinander, aber auch im Zusammenspiel mit den anderen Instrumenten entstehen, kostet Ars Antiqua Austria weidlich aus. Es sind nicht zuletzt diese Effekte, die Graupners Musik ausmachen und ihren Zug ins Kleinteilige, motivisch bisweilen Banale abfedern. Zwischendurch darf der Hörer bei zwei Violinsonaten Atem holen, was angesichts der zahlreichen Hörreize im Concerto und den beiden Ouvertüren eine willkommene Abwechslung darstellt.
Bemerkenswert ist die Aufnahmetechnik: Die Einspielung wurde in einem relativ kleinen Raum des Stifts St. Florian realisiert. Der Einfluss des Holzbodens und der Stukkaturen sorgt für einen warmen, natürlichen, hallarmen Klang, der trotz des engen Raums eine erstaunliche Weite und Substanz aufweist.
Somit darf man von gleich drei gelungenen Experimenten sprechen: Graupners Tonkunst, Letzbors Interpretation und Bert van der Wolfs im besten Sinne ton-meisterliche Arbeit.
Sven Kerkhoff
Trackliste |
Concerto für 2 Chalumeaux, 2 Violinen, Viola und Cembalo C-Dur GWV 303
Sonata für obligates Cembalo und Violine g-moll GWV 709
Ouverture für 3 Chalumeaux, 2 Violinen, Viola und Cembalo F-Dur GWV 449
Sonata für Cembalo und Violine g-moll GWV 711
Ouverture für 2 Hörner, Pauke, 2 Chalumeaux, 2 Violinen, Viola, Fagott und Cembalo F-Dur GWV 452
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Besetzung |
Ars Antiqua Austria
Ernst Schlader, Markus Springer, Christian Leitherer: Chalumeaux
Gunar Letzbor: Ltg.
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