Agent Fresco
A long time listening
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Oh, hier wird natürlich wieder gerne die Exoten-Karte gespielt - die nun auch bei uns debütierenden Agent Fresco kommen nämlich aus Island. Bands von dort sagt spätestens seit Sigur Rós ja immer gerne etwas Spezielles nach. Und tatsächlich klingt dieser Vierer nicht nach langweiligem 08/15-Rock. Agent Fresco schaffen es verspielt ohne zugleich akademisch zu klingen. Sie werfen einem die schönsten Melodien um den Kopf, nur um sie danach in einem polyrhythmischen Strudel untergehen zu lassen. Das hat durchaus einen proggigen Charme, ist aber komplett unverkopft und unelitär. Damit findet man sich in geistiger Verwandtschaft zu Gruppen wie Lis Er Stille oder Muse wieder. Intelligenz trifft Bauch also.
Grundgerüst ist vor allem das auffällige Schlagzeugspiel von Hrafnkell Örn Guðjónsson, der technisch äußerst virtuos die komplexesten Rhythmen verarbeitet, es dabei aber stets schafft, den Fluss der Songs am Laufen zu halten. Dazu wird oftmals hart gerifft, aber auch viel in die Fläche gegangen. Dazu kommt noch ein nicht geringer Anteil an Klavierklängen, die für einen gewissen künstlerischen und atmosphärischen Charme sorgen. Über alldem steht aber der Gesang, der zwischen androgynem Wispern und einer ähnlich angenehmen Stimmlage eines Gavin Hayes (Dredg) schwankt und wie nebenbei für feine, sich in den Himmel schraubende Melodien sorgt.
Das verbreitet schon einen gewissen Irrsinn. Aber bei Agent Fresco bleibt nie die Nachvollziehbarkeit auf der Strecke, auch wenn es wie beim windenden „A log time listening“ oder beim leicht introvertiert-schrägen „Of keen gaze“ etwas ausufernder wird. Dem gegenüber stehen straighte Rocksongs wie das extrem treibende „Tiger veil“ und das mit einem großen Refrain der Marke A-Ha angereicherte „Eyes of a cloud catcher“. Abwechslung wird hier generell groß geschrieben. Man darf sich auch nicht wundern, wenn man mit „One winter sailing“ einen instrumentalen Akustik-Rocker serviert bekommt, „Implosion“ mit einem latent tanzbaren elektroartigem Charme um die Ecke biegt oder „Pianissimo“ wie auf einem Geysir tanzende Coldplay klingt.
Wenn man dem Album unbedingt einen Vorwurf machen möchte, dann am ehesten noch, dass es mit rund 66 Minuten vielleicht fast ein klein wenig zu lang ist. Aber das hat man schon wieder vergessen, wenn sich die Band beim abschließenden „Tempo“ mit derselben Klavierlinie verabschiedet, wie man den Melodienreigen mit dem sanft perlenden „Anemoi“ begonnen hat. Zusammenfassend: Hochemotionale, dynamische Musik, mit Hirn, aber auch für den Bauch gemacht, wie man sie leider viel zu selten zu hören bekommt!
Mario Karl
Trackliste |
1 | Anemoi | 3:27 |
2 |
He Is Listening | 1:05 |
3 |
Eyes Of A Cloud Catcher | 4:50 |
4 |
Silhouette Palette | 2:59 |
5 |
Of Keen Gaze | 3:55 |
6 |
Translations | 4:15 |
7 |
A Long Time Listening | 7:15 |
8 |
In The Dirtiest Deep Of Hope | 3:23 |
9 |
Yellow Nights | 2:57 |
10 |
Paused | 4:14 |
11 |
Implosions | 4:50 |
12 |
Almost At a Whisper | 1:21 |
13 |
Pianissimo | 4:46 |
14 |
One Winter Sailing | 3:36 |
15 |
Tiger Veil | 5:13 |
16 |
Above These City Lights | 4:16 |
17 |
Tempo | 3:51 |
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Besetzung |
Arnór Dan Arnarson (Vocals)
Hrafnkell Örn Guðjónsson (Drums)
Vignir Rafn Hilmarsson (Double Bass, Bass & Synth)
Þórarinn Guðnason (Guitar & Piano)
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