Der Mob regiert in Bamberg: HEAVEN AND HELL live
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Bereits auf dem Bang-Your-Head 2006 waren Heaven and Hell die Überraschungsheadliner schlechthin und zeigten dort eindrucksvoll, dass die Großväter des Metal es noch richtig amtlich krachen lassen können. Das neue Album The Devil You Know kommt für mich eindeutig in die Kategorie „Album des Jahres“, was wirklich starke Titel wie etwa „Bible Black“ oder „Atom And Evil“ mit wuchtigen Riffs und der markanten Stimme von Sangesgott Ronnie James Dio belegen.
An der Jako-Arena angekommen zeigte sich, dass sich doch noch etliche Rockfans für dieses Ereignis interessieren. Von der ersten Vorband TIM RIPPER OWENS bekomme ich leider nur noch den letzten Song „The Green Manalishi (with The Two Pronged Crown)“ mit, den er gesanglich vom feinsten veredelt. Man sieht noch, wie er seine Band vorstellt und verabschiedet (Simon Wright, der Ex-AC/DC-Schlagzeuger ist mit von der Partie) und unter großem Applaus die Bühne verlässt.
Als zweite Hauptband ist die Ruhrpott-Legende AXEL RUDI PELL gebucht, die gleich amtlich mit „Tear Down The Walls“ loslegen. Der Sound ist sehr klar und nicht zu laut, so macht Rockmusik Spaß! Die anwesenden Fans sind mit dem Material des Wizards nicht so vertraut, trotzdem ist die Stimmung gut. Ausnahmesänger Joey Gioely bringt eine Wahnsinnsleistung, Mike Terrana am Schlagzeug drischt sich um seinen Verstand und die beiden Urgesteine Ferdy Doernberg am Keyboard, sowie Volker Krawczak sorgen für einen amtlichen Soundteppich. „Strong As A Rock“ und „The Masquerade Ball“ leiten über zu einem Medley, in dem das unsterbliche „Casbah“ wieder einmal die größte Rolle spielt. Ein Highlight ist sicherlich auch das Orgelsolo, bei dem sich Mr. Pell und Ferdy auf der Bühne duellieren. Axel Rudi Pell spielt an dem Abend sehr gut und haut ein Hammersolo nach dem anderen raus. Mit „Fool Fool“, „Eternal Prisoner“ und dem neuen „Mystica“ endet der exzellente Auftritt auch schon nach 45 Minuten. Meiner Meinung nach viel zu früh. Ich hätte gerne noch Songs wie „Rock The Nations“, „Carousel“ oder „Nasty Reputation“ gehört.
Setlist:
Tear Down The Walls
Strong As A Rock
Masquerade Ball
Casbah
Fool Fool
Eternal Prisoner
Mystica
Nun kommt die Umbaupause und die Spannung steigt. Die Bühne wird auf beiden Seiten von zwei überdimensionalen Monstern flankiert, die böse in die Menge glotzen. Überhaupt hat die Bühne etwas sehr morbides, was durchaus zu den düsteren Songs und dem Image von HEAVEN AND HELL passt. Nach etwa 30 Minuten Umbaupause ist es dann soweit, das Spektakel beginnt! Das Intro läuft vom Band und ein Aufschrei geht durchs Publikum, als die Herren Dio, Butler, Iommi und Appice, konsequent in schwarz gekleidet, die Bühne betreten. Der Sound ist brachial laut und unglaublich wuchtig und mit einem schnell gespielten „The Mob Rules“ geht es los. Dio ist einmal mehr der Herr der Höhen und trifft jeden Ton, und das mit 67 Jahren. Nach diesem Song gibt es erst mal amtlich Applaus des sehr guten Bamberger Publikums. Bereits der zweite Song hält die Stimmung auf hohem Niveau - „Children Of The Sea“. Es geht Schlag auf Schlag und das überragende „I“ vom sträflich unterbewerteten Dehumanizer-Album wird ausgepackt. Vom neuen Album wird der beste Song „Bible Black“ gleich anschließend gespielt und er beweist, dass er sich keinesfalls vor den alten Bandklassikern zu verstecken braucht.
Mit „Time Machine“ hätte ich im Leben nicht mehr gerechnet, was für ein Geschenk an die Fans. Danach spielt Vinnie Appice, der mit einem rieeeeeeeesigen Schlagzeug ausgestattet ist, ein wirklich sehr gutes Schlagzeugsolo, bei dem er das Publikum konsequent mit einbezieht. „Fear“ vom neuen Album fällt ein wenig ab, was der Dampfhammer „Falling On The Edge Of The World“ locker wieder auffangen kann. Was für eine Granate, ich bin begeistert. Und Dio singt einmal mehr, also wäre er 20 Jahre alt oder noch jünger. Was dieser kleine Typ auf der Bühne live bringt ist beängstigend. „Follow The Tears“ vom neuen Album leitet lediglich über zu „Die Young“, das ebenfalls sehr schmissig gespielt wird.
Was nun folgt ist ganz großes Kino: „Heaven And Hell“. Bei diesem Song beweist Tony Iommi, dass er auch hervorragende Solos spielen kann und improvisiert sehr viel. Für manche ist es schon wieder zu viel aber ich denke, das ist halt mal Geschmacksache. Das Publikum hier begeistert mit, was der Band sichtlich Spaß macht. Am intensivsten ist wieder einmal der Zwischenteil, bei dem Ronnie James Dio von unten mit einem roten Strahler angeleuchtet wird und wirklich zum Fürchten aussieht. Nach diesem Übersong ist dann leider auch schon Schluss, die Band geht unter tobendem Applaus von der Bühne. Das Bamberger Publikum lockt die vier jedoch wieder mit dem Singen des Riffs von „Heaven And Hell“ zurück auf die Bühne - ein wirklich gigantischer Moment mit Gänsehautfaktor. Als Zugabe werden das leider nicht komplett ausgespielte „Country Girl“ und zu guter Letzt der Megaklassiker „Neon Nights“ gespielt. Dabei gibt Dio noch einmal alles und es ist immer wieder schön, diesen Song live zu hören.
Wahnsinn, besser geht’s nicht und nach 100 Minuten verlassen die vier die Bühne auch schon wieder. Tony Iommi wirft noch in nahezu alle Ecken des Publikums massenweise Plektren, eine sehr faire Geste eines ausgezeichneten und überaus sympathischen Gitarristen. Wenn er sich auch relativ wenig (bis gar nicht) bewegt und sicher sehr klein ist: Auf der Bühne ist er neben Ronnie James Dio immer der größte! Ebenfalls ein großes Lob verdient sich der unermüdliche Geezer Butler am Bass, der wie ein Wüterich sein Instrument bearbeitet und hochkonzentriert zu Werke geht. Vinnie Appice gehört ebenballs zu den ganz großen, der mit einem Wahnsinnschlag sein Instrument vermöbelt. Wahnsinn, was für eine Band!
Setlist:
The Mob Rules
Children Of The Sea
I
Bible Black
Time Machine
Drum Solo
Fear
Falling On The Edge Of The World
Follow The Tears
Die Young
Heaven And Hell
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Country Girl
Neon Nights
Als die vier gesetzten Herren die Bühne verlassen, sehen sie sehr fit aus. Ich und meine beiden Begleiter sind dagegen total kaputt. Und sind gerade mal halb so alt. Wir sind uns einig, ein Hammerkonzert erlebt zu haben und ich kann es nur empfehlen: Heaven And Hell live sind die besten! Hingehen, anschauen und sehr zufrieden wieder nach Hause gehen. Was natürlich kritisiert werden kann, sind die wieder einmal viel zu hohen T-Shirt-Preise. Wer kauft sich für 30 Euro ein Tourshirt als Erinnerung? Für die Hälfte hätten sie wesentlich mehr verkauft, da bin ich mir sicher. Das Motto des Tages: If You Listen To Fools - The Mob Rules!
Stefan Graßl
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