Brad Paisley
Mud on the tires
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Dass mindestens ein Album von Brad Paisley in jede Country-Sammlung gehört, dürfte zwischenzeitlich bekannt sein. Doch was macht diesen jungen Sänger und begnadeten Gitarristen so bemerkenswert? Sind es die schönen Dinge des täglichen Lebens, die er besingt, sein perlendes Gitarrenspiel oder seine nette Art von Humor, die er immer wieder in seine Songs einbindet? Wahrscheinlich ist es die Mischung aus all dem, die den Burschen mit dem Charme eines Wunschschwiegersohns so erfolgreich machte. Ob ihm das auch mit "Mud on the tires" gelingt, wollen wir nun untersuchen.
Im Einzelnen:
Der Opener und Titeltrack erzählt von einer Probefahrt mit seinem neuen Geländewagen, zu der er seine Lady einlädt. Das ruhige Intro weicht einem mitreissenden Groove aus Drums, Gitarre und Fiddle und macht Hoffnung auf ein Album in bewährter Qualität. Neben den drei Singleauskopplungen, die bereits existieren, weist auch dieser Titel Hitqualitäten auf. Die erste Auskopplung war "Celebrity", Song Nr. 2 der CD, der auch durch seinen Video-Clip mit vielen Berühmtheiten wie William Shatner und Little Jimmy Dickens von sich reden machte. Hier kommt bereits die lustige Seite von Brad Paisley zum Vorschein, der sich über das Selbstverständnis berühmter Leute lustig machte. Dass dieser Song einen beachtenswerten Singleerfolg zu verbuchen hatte, kann beim besten Willen nicht verwundern. Flotte Gute-Laune-Musik!
"Ain´t nothin´ like" berichtet von den kleinen Dingen des Lebens, die das Leben so schön machen. Ein Text, den man sich ruhig ein wenig genauer anhören sollte. Die Melodie nimmt dem Text nichts von seiner Aufmerksamkeit, denn sie erinnert ein wenig an die oft sparsamen Backgrounds von Alan Jackson in ruhigen Grooves. Ein netter Effekt ist der Einsatz einer Kindergruppe, die gegen Ende des Songs den Titel intoniert. Thematisch bleibt Mr. Paisley beim Durchschnittsleben und den Durchschnittstypen und beschreibt bei "Little moments" - der zweiten Single-Auskopplung - alltägliche Begebenheiten, die ihm wiederum so schöne Momente bescheren, dass er nicht auf sie verzichten möchte. Obwohl dieser Song ruhiger als sein Vorgänger daherkommt, ist es fraglich, ob man zwei textlich so verwandte Song hintereinander aus das Album pressen sollte. Das ändert aber nichts an der Qualität des Liedes, das den Vorteil hat, das sich wohl jeder Hörer mit den Gegebenheit vertraut fühlt.
Ein rockiges Intro und ein Shuffle-Groove laden zu "That´s love" ein. Hier nimmt er sich die Freiheiten, sein Können an der Gitarre kurz aufblitzen zu lassen, denn Brad verfügt über einen typischen Gitarrensound, der meistens tropfend oder perlend daherkommt und die ungeheure Geschwindigkeit erahnen lässt, mit der er die Saiten bearbeitet. Doch diese wird abrupt gebremst, als mit "Somebody knows you now" eine sehr ruhige Ballade um Gehör bittet. Natürlich kann es sich nur um eine Geschichte über eine verlorene Liebe handeln, die derart umgesetzt wird, dass einem selbst fast Depressionen unter die Haut kriechen. Doch - gerade noch mal Glück gehabt - bei "Famous people" hat er seine Gitarre wieder gefunden. Musikalisch kann der Song aber nicht zwingend überzeugen, da er recht flach gehalten ist. Da braucht es schon einen Texas-Swing wie "Hold me in your arms (and let me fall)", um die Stimmung anzuheben und die Country-Roots aufblitzen zu lassen. Und hier ist er auch wieder, der typische Paisley-Gitarrensound, den man unter hundert Gitarreros heraushören kann, begleitet von einer Fiddle, und sofort fühlt man sich nach Texas versetzt. Ein freundlicher Song mit Roots und Groove!
Die aktuelle Singleauskopplung dieses Albums ist "Whiskey Lullaby", das Brad Paisley zusammen mit Alison Krauss eingesungen hat. Berichtet werden die Geschichten von Leuten, die sich - aus welchem Grund auch immer - mit Alkohol die schlechten Gedanken wegschießen. Da man ein derart sensibles Thema nicht mit fröhlichem Background verarbeiten kann, steht wieder eine dezente und ruhige Ballade auf dem Programm, die sowohl von Brad als von Alison gut umgesetzt wird, ihr Highlight aber in dem wunderbar abgestimmten zweistimmigen Part findet. Ein schwieriges Thema wurde hier einfühlsam und harmonisch umgesetzt. Und wo Alison Krauss ist, da ist Bluegrass nicht weit entfernt. So eröffnet auch eine Mandoline den nächsten Titel "The best thing that I had goin´", der abgesehen vom Drumgroove und der hinzukommenden E-Gitarre die traditionelle Bestückung hält. So wurde auch diese Nische der Countrymusik ausreichend bedient, ohne es mit den New-Country-Fans verdorben zu haben.
Eine Gitarre eröffnet "Make a mistake", aber nicht so, wie wir es von Mr. Paisley kennen. Wahrscheinlich drängt es ihn, sein Können zu beweisen, denn nur der Sechs-Saiter - anscheinend ein Semi-Akustik - begleitet ihn durch einen swing-ähnlichen Song, der zur großen Verwunderung nur eineinhalb Minuten andauert und ein wenig an das Warmspielen vor Konzerten erinnert. Daran schließt ohne Pause die Intrumentalfassung an, die über die doppelte Spielzeit verfügt und an so genannten Zigeunerjazz erinnert, den man auf einer CD von Brad Paisley sicher nicht erwartet hätte. Bereicherung oder Fehlgriff? Diese Frage muss sich jeder Hörer selbst beantworten! Bei "It´s raining on your house" hat ihn gottlob die Countrymusik wieder eingeholt. Ein Telefonat zwischen Liebenden wird hier zum Gegenstand einer sehr schönen Ballade gemacht, die durchaus Hitqualitäten aufweist und sich auch gerne zum wiederholten Male im CD-Player drehen darf. Eine echte Countrystimme in einem echten Countrysong! Und auch die humoristische Linie von Brad Paisley kommt in diesem Album zur Geltung, und zwar mit dem "Spaghetti Western Swing", der von den lustigen Textpassagen von Redd Volkaert und dem Gitarrenspiel lebt, dass mal an Ennio Morricone und mal an Bonanza erinnert und bei dem ein Pferd durch die Percussions zu traben scheint. Ein absolut schräger Titel, bei dem man sich durchaus fragen kann, weshalb man den mit aufs Album genommen hat. Die Antwort kann nur lauten: Weil dieser Song so richtig Spaß macht, und wenn das kein Grund ist, ...? Ein Lied im 3/4-Takt, das der verstorbenen Frau seines Managers gewidmet ist, bildet den Abschluss unter ein Album, dass sich in keine Unterabteilung der Countryszene einordnen lässt.
Fazit:
Brad Paisley hat mit "Mud on the tires" ein Album abgeliefert, das sich nahtlos in die Reihe seiner bisherigen Veröffentlichungen einreiht. Geboten wird - wie die Erwartungen vor der Rezension vermuten ließen - eine bunte Mischung aus verschiedenen Country-Stilrichtungen, die aber jeweils für sich genommen ein rundes Ergebnis darstellen. Wenn eine Ballade gebracht wird, ist es eine echte Ballade, ein Uptempo-Song bringt die Stiefel zum Qualmen, bei spaßigen Texten bekommt der Hörer das Grinsen ins Gesicht gezaubert, und seine Instrumental-Einlagen bringen jeden Musiker neidvoll zum Erblassen. Der Nachteil mag aber sein, dass Brad Paisley seinen Fans kaum etwas wirklich Neues bieten kann, da er bereits fast alles schon einmal geboten hat. Wenn die Suche nach Neuem jedoch im Zigeuner-Jazz landet, möchte man ihm zurufen: Ziel verfehlt! Denn mit Country hat "Make a mistake" kaum etwas zu tun.
Es bleibt jedoch dabei, dass eine CD von Brad Paisley immer kaufenswert ist, da der sympathische Sänger und Ausnahmegitarrist auf jedem Longplayer einige Hits und ebenso viele Überraschungen für seine Hörer parat hat.
Lothar Heising
Trackliste |
1 | Mud on the tires | 3:28 |
2 | Celebrity | 3:43 |
3 | Ain´t nothin´ like | 3:35 |
4 | Little moments | 3:39 |
5 | That´s love | 4:43 |
6 | Somebody knows you now | 3:42 |
7 | Famous people | 4:10 |
8 | Hold me in your arms (and let me fall) | 4:24 |
9 | Whiskey lullaby | 4:19 |
10 | The best thing that I had going | 4:08 |
11 | The cigar song | 3:37 |
12 | Make a mistake | 1:33 |
13 | Make a mistake (Instrumental) | 3:15 |
14 | Is it raining at your house? | 4:01 |
15 | Spaghetti Western Swing | 4:32 |
16 | Farther along | 5:23 |
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