(14.06, Stattbahnhof Schweinfurt)
Oh, oh ! Wegen eines relativ spät gewählten Abfahrtstermin, eines
ungeplanten ausgiebigen Stops bei McDoof und des munteren
"Wir-suchen-den-Stattbahnhof-obwohl-wir-schon-x-mal-dagewesen-sind"-Spiels konnten wir erst gegen 22:30
Uhr unser Gefährt in der Nähe dieser Location abstellen. "Bitte, bitte, bitte !
Lass mich wenigstens noch die Hauptgruppe sehen" röhrte es durch meinen
Kopf, da der offizielle Beginn mit 21 Uhr angesetzt war.
Am Gelände der Location jedoch angekommen erwartete uns eine kleine
Überraschung. Ein paar Hundert Punkrock Fans standen gemütlich, in fast schon
Biergarten-Atmosphäre, vor dem Stattbahnhof und fachsimpelten ohne irgendwelche
Anzeichen von Stress über die grossen und kleinen Dinge des Lebens, während sich
in dem ehemaligen Bahnhofsgebäude nur ein paar Dutzend Nasen versammelten um
der ersten(!) Band des Abends UP TO VEGAS zu lauschen. Ein Stein fiel mir
also von meinem kleinen Herz aus Stahl und der Konzertabend konnte beginnen.
Über UP TO VEGAS gibts nicht viel zu berichten. Am besten kann man das Ganze
wohl noch mit abgespacten Rock N`Roll verfeinert mit Punkeinflüssen
bezeichnen. Der Sänger benahm sich wie der King himself und der Typ am Kontrabass(!)
musste nach jedem Song noch mal kräftig an seinem Instrument zupfen, so das
auch alle merkten das tatsächlich so ein exotisches Gerät vorhanden war. Als
der Elvis für Arme anschliessend jedem anwesenden Fan die neue CD seiner Jungs
zum Verkauf unter die Nase hielt, erntete er von mir nur einen bösen Blick.
Denn wer in Schweinfurt öffentlich auf der Bühne über meine Heimatstadt
Würzburg lästert hat nichts anderes verdient.
Die nächste Truppe konnte bei mir schon etwas mehr Punkte sammeln und das
definitiv nicht weil sie aus der Nähe von Würzburg stammen. LOVE AND A 45
präsentierte dem anwesendem Volk kurze, eingängige Punkrocksongs, die routinert
dargeboten wurden. Der Sänger beherschte das ABC des Punkrockstars, trotz
einiger Pfunde zuviel auf den Hüften, perfekt und wenn die Jungs noch ein klein
wenig Feinschliff an ihren Kompositionen durchführen würden, stünde die Tür zur
nächsten Stufe des Punk-Rock-Himmels ganz weit offen.
Als dann die New Yorker Szenehelden TURBO A.C`s die Bühne des Stattbahnhofs
betraten, strömte auch das Biergartenpublikum in die Halle und das erste Mal
an diesem Abend kam richtiges Konzertfeeling auf. Irgendwie war der Anblick
der Gitarre-Bass-Schlagzeug-Combo schon seltsam, denn der Dreier wirkte selbst
auf der kleinen Bühne des Bahnhofs etwas verloren. Dennoch hatten die Jungs
ihr Publikum im Griff und ich sah das erste Mal in meinem jungen Leben das sich
gelichzeitig in den vorderen und hinteren(!) Reihen ein Pogo-Pit bildete.
Langweilig wurde es zu keiner Sekunde, denn die Boys aus New York City
verwurschteln dermassen viele punkspezifische Einflüsse (von Melodicpunk bis Oi!) in
ihrem recht simplen Sound, das für jeden Fan dieses Genres etwas dabeigewesen
sein sollte. Selbst "Paradise City" von den Helden meiner Jugend GUNS
N`fucking`ROSES wurde von den jungen Herren, die mich irgendwie auf komische Weise
an Green Day erinnerten, angespielt.
Das Motto des Zugabenteils war wohl "1,2,3 Oberkörper frei" und auch die
letzten Freunde der Frischluft betraten den Grossen Saal im Schweinfurter
Stadtbahnhof, was wohl nicht an der Oben-Ohne-Performance der Punkrocker, sondern
eher an dem freien Eintritt seit diesem Zeitpunkt lag. So endete also der Stop
im Frankenland auf der Europatournee der TURBO A.C`s also erfolgreich und
alle sputeten sich nach Hause zu kommen, da ca. sechs Stunden später der
glorreiche 1:0 Frühstückssieg unserer Jungs gegen Paraguay Pflichtprogramm in der
Wochenendplanung war.
MANUEL LIEBLER