"Das Licht aus, den Schalter um, Hier ist das Imperium" (aus "Dringlichkeit besteht immer").
So lange haben Tocotronic noch nie an einem Album herumgebastelt - und das hat sich auch gelohnt; das Resultat ist für einen Fan, der sie eher als Hamburger Schule Interpreten kennt, etwas gewöhnungsbedürftig, doch sehr gelungen. Mit einem neuen "vierten Bandmitglied" Tobias Levin melden sich tocotronic endlich wieder zurück.
Die Songs:
Das Album beginnt mit "This boy is Tocotronic". Bereits vor einem dreiviertel Jahr konnte man dieses lied im Internet hören, selbst die Noten zum Nachspielen gab es schon auf der tocotronix.de. So war man doch recht erstaunt, die etwas veränderte Albumversion zu hören: Weitaus elektronischer, und der Text auch etwas verändert. Ich selbst habe den Originaltext eh als etwas zu direkt empfunden: "Alles um uns herum ist Dreck, das wird jetzt alles ausgemerzt" wird zu "alles um uns herum ist weg,
das wird jetzt alles mitgezerrt". Dirk hatte Schwieirigkeiten mit dem Solo, so spielte "Ali Leander" das Solo auf der Platte. Das Video wurde vor etwa einem Monat in Tschechien gedreht und ist an einem Märchen orientiert. Nicht wie die üblichen Videos von Tocotronic.
Von "Digital ist besser" zu "Tocotronic" ist es ein genauso großer Unterschied, wie von dem Video "Wir sind hier nicht in Seattle, Dirk" zu "This boy is Tocotronic". Alles wirkt etwas ausgefeilter, professioneller, aber auch sehr ästetisch.
Die Texte sind schwerer zu verstehen als früher. Auch wenn Dirk das nicht so empfindet. "Gehen die Leute auf der Strasse eigentlich absichtlich so langsam" ist doch einfacher nachzuvollziehen als "This boy is Tocotronic". Aber das bringt auch etwas positives mit sich: Man freut sich sehr viel mehr, wenn man schließlich verstanden hat, was Dirk wohl meinen könnte. Und dann wirkt das Album wie eine ausgestreckte Hand an die fans, sie weiterhin zu begleiten. Das Album wird dadurch sehr viel intimer. Wer sich nicht gerne mit Texten beschäftigt und nichts vom Aufarbeiten alter Muster hält, sollte sich die CD daher nicht kaufen. Wer Rätsel liebt und sich gerne mit neu verarbeiteten Riffs
beschäftigt, ist hier aber genau richtig beraten.
"Alles wird in Flammen stehen", nach dem gleichnamigen theaterstück, in dem Dirk von Lowtzow mitgespielt hat. "Hi Freaks" kannte man ebenfalls schon seit fast einem jahr. In der Dokumentation "So jung kommen wir nicht mehr zusammen" (nach einem Song von Tocotronic benannt) geht es 4 Männer, und was nach ihrer Punkzeit aus ihnen geworden ist. einer dieser Punks ist Jan Müller. Sie proben in dieser Dokumentation dieses Lied, was daraufhin ins Internet gesetzt und der Text interpretiert wird. "Hi freaks, look at me, autogramme vis-à-vis, gegeüber einer welt, deren umriss uns gefällt". Eine Hommage an ihre Fans? Die Antwort ist nicht schwer zu finden.
"Das böse Buch", das Nekronomicon. Was das bedeuten soll, sagt Dirk in einem Interview. Dirk: "Das ist ein fiktives Buch, das im literarischen Kosmos von H.P. Lovecraft beständig immer wieder auftaucht. Es ist eben das böse Buch, in dem alle dunklen Geheimnisse der Welt stehen sollen."
"Schatten werfen keine Schatten" - hatte ich schon auf Rock am Ring gehört und eifrig mitgesungen (dank der bereits veröffentlichten Texte im Internet). Meiner Meinug nach das gelungenste Stück auf der Platte.
"Neues vom Trickser" - hab vor etwa einem Monat zum Anlass der neuen Single einen Aufkleber "Eins zu eins ist jetz vorbei" vom Ladoversand geschickt bekommen, und war etwas verwirrt. Heisst das keine tour? Heisst das, sie spielen nur noch Festivals? Allgemeine Verwirrung auch auf der Mailingslist, bis wir feststellen, dass es nur der Auszug dieses Liedes ist. Denn die Tournee folgt Ende des Jahres. Die Daten sind noch nicht bekannt.
11 von 20 Punkte
Helen Hofstetter