"Wo Axel Rudi Pell drauf steht, ist Ritchie Blackmore drin." "Die drei größten Ritchie Blackmore Fans der Welt heißen Axel, Rudi und Pell und sind wunderbarerweise in einer Person vereint." Solche oder ähnliche Zitate konnte man in den vergangenen Jahren dutzendfach in Artikeln und Reviews zu ARP lesen. An der zugrunde liegenden Tatsache hat sich auch mit dem neuen Album nichts geändert. Pell schafft nach wie vor blitzende Hard Rock-Perlen in der Technik des "freien Nachschaffens". (Da ist mal ´n Begriff aus good old Jagodas Kunstunterricht hängen geblieben. Er besagt so viel, dass Künstler Bilder oder Musikstücke nicht einfach kopieren, sondern neue Werke schaffen, indem sie sich so genau wie möglich an die stilistischen Merkmale des verehrten Meisters halten.) Der verehrte Meister heißt in Herrn Pells Fall natürlich R. Blackmore.
Dabei orientiert sich ARP im wesentlich an den Rainbow-Werken der Post-Dio-Aera in den 80ern. Zustande kommt melodischer Hard Rock mit ausgeprägten Gitarren-Soli, die aber nie in Malmsteensches Gefrickel entarten, sondern songdienlich verankert sind und quasi eine Strophe darstellen, in der der Gesang gefühlvoll und melodisch von Pells Gitarre übernommen wird.
Seitdem sich das große Vorbild weitgehend aus der Rock/Metal-Szene zurückgezogen hat und seine musikalischen Leidenschaften in den ebenfalls sehr verdienstvollen Gefilden von Blackmore´s Night auslebt, gilt der alte Klosterfrau Melissengeist Werbespruch "Nie war er so wertvoll wie heute" in voller Konsequenz für Pell.
Nicht nur mit "Live for the King" hält Pell an der 80er Tradition fest, dass auf ein gutes Hard Rock Album mindestens eine Ballade gehört. Er setzt mittlerweile generell verstärkt auf den Bereich der Power-Ballade. "Time for the Truth" glänzt mit einem episch klassichen Streicher- und Piano-Teil. Speedige Nummern, wie man sie von seinen frühen Alben kennt, sind dagegen nicht mehr im Programm.
Auch neue Akzente lassen sich finden. Das kernige "Follow the Sign" lässt sich nicht so glatt ins Blackmore-Erbe einordnen. Mit seinem rotzigen Southern Rock-Flair erinnert es eher an neuere Molly Hatchet-Tracks. Das finale "Under the Gun" schaut ebenfalls in die südlichen Regionen der USA und bedient sich bei der Gitarrenarbeit ZZ Tops aus der "Afterburner"-Phase.
15 von 20 Punkte
Norbert von Fransecky
www.axel-rudi-pell.de