Musik an sich


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AC/DC Live
 
AC/DC`s zweiter Auftritt der "Stiff Upper Lip"-Europe-Open-Air-Tour 2001 auf dem Hockenheimring war mehr als nur ein "normales" Konzert, sondern es kam richtig Festivalstimmung auf. Schon einen Tag vorher belagerten tausende Fans den Platz, wo sonst rote und silberne Flitzer um zehn Formel-Eins WM-Punkte kämpfen, mit ihren Zelten und Vehikeln und feierten eine riesige, friedliche Party bei der man jeden Song der 16 AC/DC-Alben mindestens einmal aus den Autolautsprecher der Fans geniessen durfte. Bei einem Blick auf das vorzügliche Billing mit headlinerwürdigen "Special Guests" wie MEGADETH und den TOTEN HOSEN lohnte sich auch der AC/DC-übliche Eintrittspreis von nur knapp unter 100 Deutschen Märkern.
So feierte man am Tag vorher heftig und vertrieb sich die Wartezeit bis zum offiziellen Beginn um 17.00 Uhr damit mit ein paar neuen Bekanntschaften einige Erlebnisse und ein paar lokale Biersorten beim anhaltenden Nieselwetter auszutauschen. So wunderte ich mich auch nicht sonderlich als man schon um ca. 16.30 Uhr von der im Hockenheimer Motodrom aufgebauten Bühne ein paar Geräusche hörte und dachte an einen lokalen Opening-Act der die Stimmung ein wenig anheizen sollte. Umso verwunderter war ich natürlich als man sich pünktlich um 16.55 Uhr durch die Menschenmengen zu einem akzeptablen Platz vor der Bühne vorgekämpft hatte und man gerade noch sehen konnte wie der riesige Megadeth-Schriftzug eingerollt wurde. Natürlich war meine Laune da am Tiefpunkt, aber noch mehr leid tat mir das Ganze für meine zwei Begleiter und natürlich für alle Fans die extra wegen Megadeth gekommen waren, diese verpassten und im Gegensatz zu mir kein Konzert von Dave Mustaines Mannen mehr dieses Jahr besuchen werden. Da fragt man sich schon wofür es fest angekündigte Anfangszeiten gibt (die sonst ja eh immer überzogen werden) und was sich der Veranstalter da wohl gedacht hat.
Nach einer relativ kurzen Umbaupause enterten die TOTEN HOSEN für eine volle Stunde die Bühne und legten mit "Blitzkrieg Bop" entsprechend punkig los. Campino begrüsste die Fans mit "Hallo, wir sind die Toten Hosen und wollen euch ein wenig die Zeit bis zu AC/DC vertreiben." Das schafften sie zwar ganz ordentlich, aber die Magie eines "richtigen" Hosen-Konzertes erreichte der Auftritt nie. Gründe dafür waren der am Anfang schlechte Sound und die etwas merkwürdige Setlist bei der sich englischsprachige Songs, Coverversionen und eigene Songs etwas zusammenhangslos abwechselten. Richtig Stimmung kam nur bei Hits wie zum Beispiel "Bayern", "Hier kommt Alex" und "Paradies" auf und ich denke, dass eine Best-of Stunde dem Support-Act besser getan hätte als unbedingt beweisen zu müssen, dass man eine "internationale" Band ist die mit AC/DC mithalten kann. Dennoch eine solide aber auch eine etwas ungewöhnliche Darbietung der Hosen, die mit viel Applaus verabschiedet wurde und Appetit auf das nächste Album bzw. die nächste Tour macht.
Nächster Act vor den fünf Australieren war der mit dem Grammyehren bedachte Blues-König BUDDY GUY aus Chicago. Was sich das Management aber dabei gedacht hat diesen technisch hochwertigen Musiker und seine Band so zu verheizen, kann man sich nur andeutungsweise vorstellen. Den er passte so gut als Vorgruppe zu AC/DC wie z.B. Sepultura zu den BackstreetBoys passen würden. Vielleicht wollte man ja die Stimmung der Fans drücken, so dass sie bei AC/DC dann total aus sich rausgehen, denn selbst die Riesenleinwände links und rechts der Bühne auf der man kurz zuvor noch die Toten Hosen bewundern konnte blieben schwarz. Teils über zehnminütige Bluesstücke mit sehr vielen Solos und wenig Gesang passen in einen gemütlichen Club, wo man an einem Tisch sitzend mit einem Bier in der Hand das Feeling geniessen kann, jedoch nicht auf eine Megabühne vor der 65000 AC/DC-Maniacs auf ihre Helden warten. So darf man sich auch nicht wundern wenn die Fans ihr Karten in die Luft hielten auf der "AC/DC" stand um zu zeigen für wen sie hier eigentlich gekommen sind, irgendwelche Idioten mit Bierbechern auf die Band zielten oder einfach nur pfiffen. Schade eigentlich...
Anschließend durfte die Meute etwa eine Stunde lang die aus dem Nichts erschaffene, 60 Meter breite und 23 Meter hohe Mega-Bühne bewundern, die links und rechts auf den Boxen mit zwei überdimensionalen roten leuchtenden "Angus Young-Teufelshörnermützchen" verziert wurde und nichtmal zum Bierstand an dem eine Freundin von mir arbeitet kam man ran um sein Freibier abzuholen, denn hunderte andere Menschen hatten anscheinend auch Durst. Einem etwas älteren Fan, der hinter mir stand, war die Wartezeit doch etwas zu lange und er kippte genau um 20.30 Uhr als ein genialer Einspielfilm (Anguszilla zertrampelt eine Stadt) AC/DC ankündigte, einfach nach vorne um und wurde während die Menschen ihren mit "Stiff upper Lipp" furios startenden Helden zujubelten von der Security herausgeholt. So nah liegen also Freud und Leid zusammen. Der Opener blieb einer der wenigen Stücke vom neuen Album, aber bei sovielen Hits im Rücken ist es schlicht und einfach unmöglich alles unterzubringen, sonst würde das Konzert fünf bis sechs Stunden dauern. Die Stimmung war fanatisch und man wunderte sich was für eine Kondition Angus, Brian und Co. haben, denn sie sind schließlich auch nicht mehr die Jüngsten. Aber gerade jüngere Möchtegernsuperstars (Ich nenne keine Namen !) können sich eine Scheibe daran abschneiden wie man seine Fans richtig verwöhnt. Zwei Stunden lang hielt der Rockorgasmus an, der Sound war klasse und die Leinwände zeigten das Konzert und die Fans in absolutem Videoclip-Niveau. Auch perfekte Videoeinspielungen wie z.B ein paar Tierchen, die gerade der schönsten Nebensache der Welt (nein, kein Fussball!) fröhnten bei "Hard as a Rock", lodernde Flammen (auf der Leinwand und als Pyros) bei "Highway to Hell" und diverse Stummfilmszenen ließen keine Langeweile aufkommen. Auch die anderen inzwischen schon kultig gewordenen Showeffekte gehörten einfach dazu und man fühlte sich richtig heimisch. Jeder der schonmal die Jungs live beobachten durfte kennt ja die Riesen-AC/DC-Glocke bei "Hells Bells", die feuernden Kanonen bei "For those about to rock", die den Fans zuwinkende aufblasbare Mega-Whole Lotta Rosie oder Angus Strip bei "Bad Boy Boogie". Zum Leidwesen oder Glück der weiblichen Fans bekam die tobende Masse nicht wie anno dazumal den blanken Hintern des Gitarristen zu sehen, sondern nur seine Shorts mit den Farben unseren schönen Landes. (was das auch immer bedeuten sollte). Auch die meterhohe vom aktuellen Longplayer bekannte Statue war mit im Spiel, spuckte fleißig Rauch und flackerte böse mit den Augen. Trotz der ganzen Showeffekte blieb die Musik absolut im Vordergrund, die Band spielt einfach in der Rock-Champions-League und harmonierte klasse zusammen. Angus Young und Brian Johnsen sorgten wie immer für den Kontakt mit den Fans, während sich die Rythmusfraktion und Brüderchen Malcom Young wie angewurzelt dezent im Hintergrund hielt. Nach dem Solo bei "Let there be Rock" von "Teufelchen" Young, bei dem er sogar den Soundmischerturm aufsuchte, beendeten die Australier ihr offizielles Set um nach kurzer Zeit mit "T.N.T" zurückzukehren und ihr Konzert traditionell mit "For those about to Rock" abzuschliessen. Aber eine kleine Überraschung in Form eines Megafeuerwerkes, das den Hockenheimer Nachthimmel erleuchtete, hatten die Strom-Rocker noch in petto und ich war kurz in Versuchung meine Nachbarn zu umarmen und ihnen ein gutes Neues Jahr zu wünschen.
Bleibt als Fazit zu sagen das AC/DC live ein absoluter Knaller sind und Unanehmlichkeiten wie lange Wartezeiten, unnachvollziehbare Billingzusammensetzung und meinen nächsten Arbeitstag absolut vergessen machten.
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