Francesca Gaza

Lilac For People


Info
Musikrichtung: Chamber Jazz-Pop

VÖ: 05.04.2019

(Auand)

Gesamtspielzeit: 39:39

Internet:

https://de-de.facebook.com/pg/lilacforpeople/posts/
http://auand.com/


Ja, das ist einmal wieder ein anderes, ein besonderes, musikalisches Erlebnis, außerhalb ausgetretener Pfade. Im Widmungstext zum Debütalbum von Francesca Gaza, Lilac For People, schreibt der italienische Trompeter Paolo Fresu unter anderem, dass hier eine Platte voller Leidenschaft und Gefühl entstanden sei, was sie zu einer der schönsten dieser Zeit mache.

Da kann ich nur zustimmen, denn die Kompositionen der dreiundzwanzigjährigen Italienerin strahlen eine großartige nahtlose Verbindung von Jazz, Pop und Elektronik aus. Und so ist ein recht eigenwilliger Sound entstanden, der etwas abdeckt, was in dieser Art relativ einzigartig erscheint. Wie nennen wir es nur? Kammermusikalischer Jazz-Pop vielleicht?

Jedenfalls ist es vortrefflich gelungen, verschiedene Elemente geschmeidig ineinander zu verflechten. Gleich der erste Song setzt entsprechende Zeichen. Tupfende Piano-Klänge, ein flirrender Gitarrensound und ein einsetzendes Bläserarrangement mit dem Schwerpunkt auf Trompete/Flügelhorn umschmeicheln die klare und warm wirkende Stimme der Protagonistin. Und Francesca kann mit ihrer Stimme wirklich sehr gut umgehen, fast habe ich den Eindruck, sie könne damit auch sehr gut Folk singen, und zwar jener Art, wie er in Großbritannien in den frühen Siebzigern so beliebt war.

Innerhalb der ersten drei Minuten des Songs haben bereits so viel Verwandlung und Veränderung stattgefunden, die man so in der aktuellen Popular-Musik-Szene kaum noch zu Gehör bekommt. Komposition und Arrangement sind erstklassig, alle Instrumente werden derart individuell eingesetzt, und scheinen in diesem Kontext, in diesem Zusammenspiel, eine andere Aufgabe zugeteilt zu bekommen. Teils wirkt es befremdlich, und gerade das ist es, was fesselt. Denn ungeachtet dessen klingt hier nichts schräg oder nervend. Vielmehr bleibt, auch über die Spielzeit der Platten durchweg, eine entspannte und gleichzeitig spannende Stimmung beibehalten.

Besonders interessant wird es immer dann, wenn dennoch so etwas wie kleine Ausbrüche aus der Harmonie stattfinden, zum Beispiel bei “Almond Tree“, wenn sich in der Mitte des Titels eine hart verzerrte Gitarre meldet. Die acht Songs sollen nach Aussage der Sängerin die vier Jahreszeiten darstellen, jeweils 2 Songs je Jahreszeit. Hierzu kann man sich auch den im separaten Booklet abgedruckten Texten bedienen, um ggf. Näheres zu erfahren.

Bis auf “I Get Along Without You Very Well“ von Hoagy Carmichael sind alle Songs Eigenkompositionen. Der Fremdtitel, ein Jazzsong, wird auch ein wenig in ein jazziges Gewand gepackt, aber letztlich fügt es sich in das Gesamtbild der Platte harmonisch ein. Durch den Einsatz der Bassklarinette erhält es eine angenehme Wärme und schwebt rhythmuslos leicht und luftig dahin. Ganz wunderschön und in hoher Stimmlage vorgetragen, ist “Purity“ ebenfalls ein wunderschönes Beispiel dafür, dass man mit konzentriertem Einsatz verschiedener Stimmungen ein großes Ganzes schaffen kann, dass einfach neu wirkt, zwar Assoziationen verschiedener Art auslösend, aber schließlich hinsichtlich der großen Individualität die Oberhand behält. Francesca Gaza hat mit ihrer Band ein ganz hervorragendes Werk geschaffen, das die Messlatte für ihre weiteren Produktionen sehr hoch gesetzt hat!

Mit dem sehr entspannten, nur Piano und Gesang, “I Have Heard“, dass an die große Zeit amerikanischer Singer/Songwriterinnen der Siebziger erinnert, hier irgendwie ein wenig an Joni Mitchell, schließt sich der jahreszeitliche Zyklus mit diesem Wintersong auf sehr emotionale und berührende Weise. “Birds will sing, mouths will kiss, hearts won’t sleep, they have songs to keep, you’re my bird“. So entpuppt sich Francesca Gaza auf dreierlei Weise als Glücksgriff, als Songschreiberin mit sehr kreativem Anstrich, als ausdrucksstarke Sängerin und als Arrangeurin.



Wolfgang Giese



Trackliste
1 Strange Poet (6:56)
2 Almond Tree (5:56)
3 Red Box (3:27)
4 Teach To Sing (2:24)
5 Lilac (6:56)
6 I Get Along Without You Very Well (4:08)
7 Purity (5:34)
8 I Have Heard (4:17)
(all songs by Francesca Gaza, except #6 by Hoagy Carmichael)
Besetzung

Francesca Gaza (vocals)
Jacopo Fagioli (trumpet, fluegel horn)
Francesco Panconesi (tenor sax)
Federico D’Angelo (baritone sax, bass clarinet)
Lorenzo Pellegrini (guitar)
Luca Sguera (piano, keyboards)
Alessandro Mazzieri (bass)
Mattia Galeotti (drums)



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