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Auch nach über vier Jahrzehnten noch aktuell und nicht altbacken: Magnum live in Augsburg
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Magnum kommen in regelmäßigen Abständen in die deutschen Clubs, um ihre neuen Alben live zu präsentieren. Diesmal haben sie die Scheibe Sacred Blood ‘Divine’ Lies am Start, die - wie ich finde - sehr gut geraten ist. Im Spectrum ist wie immer bei Magnum schon einiges los. Etliche meist ältere Fans haben sich eingefunden, um die nimmermüde Melodic-Rock-Legende zu feiern. Immer wieder schön zu sehen, welche Popularität dieses alte englische Schlachtross nach all den Jahren in Deutschland genießt.
Als Vorband war an diesem Abend die russische Band RED'S COOL aus St. Petersburg mit dabei. Die machte ihre Sache ausgezeichnet und bringt ihre Songs, die im Fahrwasser von Mötley Crüe, Skid Row und Bon Jovi anzusiedeln sind, äußerst lässig unter's Volk. Die Band war unter anderem schon mit U.F.O., Accept, den Black Star Riders, Nazareth und Kansas live unterwegs und hat mittlerweile drei Alben veröffentlicht. Sänger Slava Spark hat eine tolle Röhre, die mich ein bisschen an Ronnie Atkins von den Pretty Maids erinnert. Der Rest der Band ist musikalisch über jeden Zweifel erhaben. Dem Publikum gefällt’s sehr gut, die Band erntet deutlich mehr als nur Höflichkeitsapplaus. Leider haben sie an dem Abend keine CDs oder Ähnliches dabei. Hier hätten sicherlich einige gerne zugeschlagen.
Als dann um ca. 21.30 Uhr MAGNUM - allen voran Keyboarder Mark Stanway - die Bühne im Spectrum betreten, geht der Partypegel noch einmal nach oben. Das brettharte „Soldier Of The Line“ geht als Auftakt mehr als in Ordnung, bereits hier ist die Stimmung äußerst gut. Witzigerweise sind etliche Fans im Publikum, die ein paar Tage später das „Keep It True“-Festival in Lauda-Königshofen besuchen werden. Der Sound ist glänzend, wenn auch äußerst laut. Wir sind zu Beginn in der ersten Reihe, verkrümeln uns dann aber gehörtechnisch ziemlich schnell weiter nach hinten. Die beiden langjährigen Mitstreiter Al Barrow am Bass und der überragende Harry James am Schlagzeug sorgen auch diesmal wieder für einen knallligen, drückenden Sound, der den teilweise ursprünglich etwas poppigen Songs eine gewaltige Rock-Schlagseite verleiht. Darüber hinaus veredelt Barrow die Songs mit ausgezeichneten Backing-Vocals.
Die Band wirkt für ihr Alter erstaunlich agil. Sänger Bob Catley schont sich nicht, sondern holt alles aus seinen Stimmbändern heraus. Ich wundere mich bei ihm immer wieder, wo dieses kleine, hagere Männchen nur diese Power her hat. Dabei nimmt er sehr geschickt Kontakt zum Publikum auf und kommt mit seiner sympathischen, offenen Art sehr gut an. Wie bei einem Ramones-Konzert gibt es fast keine Ansagen, die Band pfeffert einen Song nach dem andern heraus. Gitarrist und Songwriter Tony Clarkin scheint schon vor etlichen Jahren in einen regelrechten Jungbrunnen gefallen zu sein. Er spielt sehr agil und laut. Man merkt ihm an, dass die härtere Ausrichtung der Songs auf den letzten Alben auch in seinem Live-Spiel Spuren hinterlassen haben.
Seinen großen Auftritt hat der lässige Keyboarder Mark Stanway bei dem Song „How Far Jerusalem“. Bei diesem Intro stellen sich mir live sowie auf Konserve mit 100-prozentiger Sicherheit immer wieder die Nackenhaare zu Berge. Was für ein Monolith von Song - zeitlos und unsterblich. Magnum können aus dem Vollen schöpfen, bei der Menge an Songs, die sie schon veröffentlicht haben. Die Truppe steht voll und ganz hinter den Alben nach der Reunion, was sich sichtlich in der Setlist widerspiegelt. Ganze fünf Songs sind vom neuen Album dabei, etliche andere von den Vorgängeralben. Mir gefällt hier das überragende „Blood Red Laughter“ am besten, das dazugehörige Album „On The Thirteenth Day“ ist für mich eins der späten Highlights. „Crazy Old Mothers“ finde ich schon allein wegen dem etwas verrückten Text ziemlich geil. „Let’s get In trouble“ - so eine Zeile muss man mit fast 70 Jahren erstmal überzeugend singen können!
Das ganze Konzert findet auf einem äußerst hohen Energielevel statt. Nicht nur mich wundert es, wie vor allem Sänger Bob Catley diese Aufgabe mit Bravour meistert. Der Klassiker „Les Morts Dansant“ wird vom Publikum mit Begeisterung aufgenommen. Der Song hat leider auch in der heutigen Zeit mit den weltweiten Konflikten immer noch nichts an Aktualität eingebüßt. Ziemlich deutlich treten nach diesem Song Verschleißerscheinungen bei Bob Catley auf. „All England’s Eyes“ lässt schon einiges an Präzision vermissen, beim überragenden neuen Titel „Princess in Rags (The Cult)“ und dem anschließenden „Vigilante“ rettet er sich gerade noch über die Zielgeraden. Al Barrow unterstützt seinen Sänger hier nach Kräften, kann jedoch auch fast nichts mehr retten.
Als Zugabe beginnt die Band ausgerechnet mit der Ballade „The Spirit“. Jener wird jedoch bei dieser mehr als erbärmlichen Gesangseinlage schmerzlich vermisst. Einmal versingt sich Catley sogar. Die Band muss den Song noch einmal beginnen. „Kingdom Of Madness“ kommt dermaßen grantig daher, dass der Gesang hier fast Nebensache ist. Allerdings hat Catley auch hier ziemlich große Probleme und mogelt sich mehr recht als schlecht durch.
Nach fast zwei Stunden endet das eindrucksvolle Konzert, das bis zu „All England’s Eyes“ auch gesanglich ganz stark war. Die Band bekommt zu Recht Applaus, Augsburg und auch ich verzeihen Catley seine Schwächen zum Schluss hin. Zu viele tolle Konzerte hat man von der Band schon gesehen, zu viele schöne Begegnungen mit den sympathischen Musikern selbst schon erlebt. Aber es stellt sich natürlich die Frage, ob Magnum mit dieser Gesangsleistung so live noch lange weitermachen können. Meiner Meinung nach hätte Catley 90 Minuten locker ausgehalten, da bin ich mir sicher. Bei D.A.D. - die ja doch wesentlich jünger sind - wurde das Set auch in zwei Hälften aufgeteilt. Diese Variante wäre für Magnum auch locker drin und war früher bei etlichen Touren sogar Standard.
Setliste:
1. Soldier of the Line
2. On a Storyteller's Night
3. Sacred Blood “Divine” Lies
4. Freedom Day
5. Dance of the Black Tattoo
6. Crazy Old Mothers
7. Blood Red Laughter
8. Your Dreams Won't Die
9. How Far Jerusalem
10. Unwritten Sacrifice
11. Twelve Men Wise and Just
12. Les Morts Dansant
13. All England's Eyes
14. Princess in Rags (The Cult)
15. Vigilante
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16. The Spirit
17. Kingdom of Madness
Stefan Graßl
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