Reinhard Mey
Dann mach's gut; live
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Reinhard Mey gehört mittlerweile der Generation 70+ an. Merken würde man das nicht, wenn er nicht immer wieder damit kokettieren würde. Aber die Selbstbetrachtung seiner Person gehört zu den Charakteristika seiner Performance – und das geschieht auf eine durchaus sympathische Art.
Gestutzt habe ich über die Tracklist. Aber das mag das Problem von jemandem sein, der Reinhard Mey bereits Ende der 70er im Wesentlichen aus den Augen verloren hat und für den ein Mey Album so völlig ohne Klempner, Gärtner, dem Mann aus Alemanya, der Diplomatenjagd und ähnlich skurril humorvollen Geschichten kaum denkbar war. Nur zwei bekannte Stücke auf einem über zwei stündigen Album überraschten dann doch ein wenig.
Vor diesem Hintergrund hat mich der alte Herr erfreulich schnell an die Hand genommen und ich fühlte mich in keinem Moment des Konzertes fremd. (Vielleicht lag das auch daran, dass ich das Album auf der Autobahn von Spandau nach Hannover gehört habe – also auf der Fahrt in die Stadt, in der ich gelebt habe, als Mey seine ganz große Zeit (bei mir) hatte.)
Mey erzählt vor allem Alltagsgeschichten, bei denen die Tatsache, dass er (schon lange) Vater und (mittlerweile) Großvater ist, ihre Rolle spielt, aber er stellt sich auch gerne noch als den mutigen Freak da, der es gewagt hat – gegen alle Ratschläge – den Weg des „Spielmanns“ eingeschlagen. Wenn er bei seinen Geschichten manchmal altmodisch klingt, dann hat das nichts mit seinem Alter zu tun. So hat er immer schon geklungen.
Manchmal kommt sein alter skurriler Humor doch noch einmal durch, z.B. wenn er von den guten Kühen, die in den Himmel kommen, singt. Sehr schön ist auch der Biker-Song, der einen direkten Bogen in die eigene Vergangenheit schlägt. „Ein Stück Musik von Hand gemacht“ rockt richtig ein wenig los. Und dann kann Mey auch mal politisch werden – bei „Danke, liebe gute Fee“ mit einigen recht wohlfeilen Anspielungen auf NSA, GLD und BER – und ganz herrlich, aber völlig unpolitisch auf Loriot. Etwas böser wird da schon die recht harte Elitenschelte in „Narrenschiff“.
Den folgenden Absatz lasse ich aus dokumentarischen Gründen stehen. Die Review stand kaum online, als mich ein treuer MAS-Leser auf meinen Irrtum aufmerksam machte. Der Name Wolfgang, die Karrierebeschreibung und vor allem die zweimalige Erwähnung von „Verdamp lang her“, sowie einmal „Wahnsinn“ hat jede Frage, ob es sich bei dem in „Wolle“ beschriebenen Künstler, eventuell NICHT um Wolfgang Niedecken handeln könne, gar nicht erst aufkommen lassen. Jetzt weiß ich es besser. Bei dem besungenen „Wolle“ handelt es sich um Wolfgang Petry.
Dass Mey eben doch aus einer anderen Generation stammt, merkt man bei dem ärgerlich anbiedernden „Wolle“. Denn die Nähe, die Mey hier zu Wolfgang Niedecken einnimmt, die nehme ich jemandem nicht ab, den an Niedecken offenbar nur der kommerzielle Erfolg beeindruckt – und der wirklich rein gar nichts von dem rüber bringt, wofür Niedecken und BAP gestanden haben.
Diesen Unterschied merkt man übrigens gleich beim Booklet. Es ist fett und dick, voller Fotos, die vor allem zwei Dinge zeigen: Reinhard Mey füllt auch 2014 noch die Hallen – und zwar die richtig großen und er hat einen Status, bei dem der Backstagebereich elegant, hell, sauber und groß ist.
Ein Booklet in diesem Umfang ohne ein paar warme persönliche Worte an die Fans – bei Niedecken kaum denkbar.
Norbert von Fransecky
Trackliste |
CD 1
1 N'Abend (4:30)
2 Freundliche Gesichter (5:35)
3 Spielmann (5:35)
4 Wolle (6:01)
5 Wenn Du bei mir bist (6:39)
6 Ich liebe Dich (4:18)
7 Der Biker (8:01)
8 Gute Kühe kommen in den Himmel (6:06)
9 Alter Freund (5:05)
10 Danke, liebe gute Fee (5:20)
11 Lass nun ruhig los das Ruder (3:20)
CD 2
1 Das Narrenschiff (6:51)
2 Fahr Dein Schiffchen durch ein Meer von Kerzen (6:24)
3 Kleiner Kamerad (4:41)
4 Vaters Mantel (6:19)
5 Lilienthals Traum (7:38)
6 Über den Wolken (5:04)
7 Spangen und Schleifen und Bänder (4:30)
8 Das Taschentuch (4:38)
9 Dann mach's gut (5:35)
10 Ein Stück Musik von Hand gemacht (4:56)
11 Man kann nicht immer nur die Wahrheit sagen (5:50)
12 Viertel vor Sieben (5:31)
13 Gute Nacht Freunde (3:45) |
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