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Der Ballroom Blitz schlägt immer noch kräftig ein - The Sweet live in Augsburg
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Eine der legendärsten Glamrock-Bands neben T.Rex und Slade sind zweifellos The Sweet, die immer noch in regelmäßigen Abständen durch die Lande tingeln. Ur-Mitglied Andy Scott hält das alte Schlachtschiff seit Jahren auf Kurs und ist trotz seiner mittlerweile 64 Jahre immer noch heiß auf die Bühne. Im Spectrum tummeln sich kurz vor Beginn sehr viele Fans. Es ist immer wieder erstaunlich, welche Menschenmengen Bands wie Sweet, Uriah Heep oder Barclay James Harvest, bei denen der Club regelmäßig sehr gut gefüllt ist, immer noch anziehen.
Am Merchandising-Stand gibt es Shirts, CDs und auf Nachfrage erstmalig zu dieser Tour ein „Meet & Greet“-Paket. Das ganze kostet schlappe 99 Euro und beinhaltet das Konzert, ein T-Shirt und eine Autogrammstunde mit der Band. Meiner Meinung nach ziemlich überdimensioniert, aber wenn es Leute gibt, die das zahlen - selber Schuld. Bei Sweet hat es seit meinem letzten Konzert einen Besetzungswechsel gegeben. Tony O’Hora (Keyboards, Gitarre, Gesang) hat 2011 Steve Grant abgelöst, der von 1996 bis 2011 den Posten inne hatte. Tony O’ Hora dürfte Sweet-Fans nicht unbekannt sein, da er von 2003 bis 2006 Leadsänger und Bassist von Sweet war. Bei meinem ersten Sweet-Konzert 2006 auf dem Rock Of Ages Festival war dies noch der Fall. Das Konzert war klasse und Tony hat damals unglaublich gut gesungen. Er war somit auch der Vorgänger des jetzigen Sängers Pete Lincoln, der ihn 2006 ersetzt hatte.
Um 20 Uhr geht das Licht aus und die Truppe kommt zu einem sehr lauten Intro auf die Bühne gestapft. Zu Beginn wird der Song „New York Groove“ gespielt, der ursprünglich aus Russ Ballards Feder stammt. Bereits hier ist die Stimmung topp und Pete Lincoln heizt die Menge noch zusätzlich an. Etwas schade ist, dass der Gesang beim ersten Drittel des Sets schlecht ausgesteuert ist. So ist Pete Lincoln zu leise und Andy Scott und Tony O’Hora zu laut - keine gute Sache für den Leadsänger. Dieser Song stammt aus dem Album New York Connection, auf dem die Band mehrere Songs covert, unter anderem „Join Together“ von The Who und „Blitzkrieg Bop“ von den Ramones. „Hell Raiser“ heizt das Tempo an und mit „Turn It Down“ und „The Six Teens“ gibt es zwei Songs, die ich noch nicht von der Band live gehört habe. Ansonsten passt der Sound hervorragend und vor allem Tony O’Hora erweist sich als absoluter Aktivposten, der viel mit dem Publikum kommuniziert und der Band eine deutliche Frischzellenkur verpasst. „Into The Night“ veredelt Andy Scott mit seinem aggressiven Leadgesang. Dabei liefert er eine wirklich tolle Leistung ab. Überhaupt muss man sagen, dass er heute einen guten Tag erwischt hat. Er ist locker drauf, macht immer wieder ein paar lustige Sprüche und hat sichtlich seinen Spaß.
Pete Lincoln singt klasse und er hat das Augsburger Publikum gut im Griff. Die komplette Band präsentiert sich heute als absolute Einheit. Ich habe die Truppe in den letzten Jahren recht häufig gesehen, aber so spielfreudig wie an diesem Abend waren sie schon lange nicht mehr. Zusammen mit Schlagzeuger Bruce Bisland bildet er ein stabiles Rhythmusfundament. Bruce Bisland ist die Spielfreude in Person und legt einen Wahnsinnsgroove hin. Bei „AC/DC“ beweist Tony O’Hora, dass er ein cooles Reibeisenorgan sein Eigen nennt. Der Song kommt richtig schmissig rüber und die Augsburger feiern ihn dafür. Die beiden Zwillingssongs „Wig Wam Bang“ und „Little Willy“ werden wieder als Medley gespielt, hier steigt der Stimmungspegel erneut. Aber ganz ehrlich: Wer kann bei den Granaten still da stehen? „Love Is Like Oxygen“ widmet Andy Scott den ehemaligen Mitgliedern Brian Connolly und Mick Tucker. Im Mittelteil wird “Fanfare Of A Common Man” vom Emerson, Lake & Palmer angespielt. Die kurze Pause des Instrumentals nutzen sämtliche Sänger, um kurz zu verschnaufen. Das überwältigende „Set Me Free“, das von Tony O’Hora hervorragend gesungen wird, könnte glatt als eine Art Abrissbirne eingesetzt werden.
„Fox On The Run“ beendet den regulären Teil. Die Musiker werden unter riesigen Beifallsstürmen des Augsburger Publikums wieder zurück auf die Bühne geholt. Es tauchen jedoch nur Andy Scott und Pete Lincoln auf, die mit zwei akustischen Gitarren bewaffnet den Song „Lady Starlight“ spielen. Andy Scott singt äußerst bewegend. Der Song ist für mich das Highlight des Abends. Vorher erzählt er noch über seine Krankheit und die Dinge, die ihn seitdem bewegen. Andy Scott ist 2009 an Prostatakrebs erkrankt und organisiert seitdem das in England stattfindende Festival „Rock Against Cancer“. Er bezeichnet es als das „größte kleinste Festival“, das er kennt. So persönlich und offen hab ich das alte Raubein noch nie erlebt - ich bin beeindruckt.
„Action“ leitet das große Finale ein. Hier baut Bruce Bisland ein äußerst wuchtiges Schlagzeugsolo ein. „Ballroom Blitz“ beendet das tolle Konzert nach 105 Minuten. Ein so langes Sweet-Konzert hab ich bis jetzt noch nie gesehen. Normalerweise war immer nach 90 Minuten Schluss. Die Musiker werden von den Augsburgern zu Recht mit großen Beifallsstürmen und „We Want Sweet“-Rufen für ein Klasse-Konzert belohnt.
Setlist:
New York Groove
Hell Raiser
Turn It Down
The Six Teens
Gold on the Ceiling
Peppermint Twist
Into the Night
AC/DC
Wig Wam Bam
Little Willy
Teenage Rampage
You Spin Me Round (Like a Record)
Love Is Like Oxygen
Set Me Free
Blockbuster
Fox on the Run
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Lady Starlight
Action
The Ballroom Blitz
Stefan Graßl
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