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Hell ain't a bad place to be – wird hier die Geschichte von AC/DC zum letzten Mal erzählt?
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Der Untertitel Hell ain't a bad place to be dieser neuen Bandbiografie über AC/DC ist hoffentlich kein böses Omen: es erscheint nämlich just zu einer Zeit, in der die Gerüchteküche über den Gesundheitszustand von Malcolm Young so richtig brodelt. Anfangs wurde von der Band nur bestätigt, dass eines ihrer Mitglieder schwer erkrankt sei, ohne Namen zu nennen; inzwischen kristallisiert sich aber heraus, dass es um den mittlerweile 61jährigen Malcolm Young schlecht bestellt ist. Offizielles weiß man nicht, aber im Netz ist bereits von Krebs, Alzheimer, Schlaganfall und schließlich von Band-Auflösung die Rede, da Malcolm anscheinend auch in Zukunft weder live noch im Studio etwas zum Sound von AC/DC beitragen kann. Aufgrund dieser neuen Entwicklung wurde die Veröffentlichung von AC/DC - Die Bandbiografie von Mick Wall sogar etwas vorgezogen.
Erstmals erschienen ist das Buch in englische Sprache bereits vor knapp zwei Jahren, nun erscheint es auch in deutscher Übersetzung. Mick Wall ist bekannter Musikjournalist und Radiomoderator und hat bereits zahlreiche andere erfolgreiche Musikbiografien geschrieben, u. a. über Led Zeppelin, Metallica, Status Quo oder Iron Maiden, doch wie einige andere Biografien über diese Band leidet dieses Buch etwas an der Tatsache, dass die Geschichte von AC/DC mittlerweile doch irgendwie auserzählt ist. Denn es ist beileibe nicht das erste Buch über diese schottisch-australische Hardrock-Legende und vermag daher auch nicht so richtig viel Neues zu erzählen, schließlich sind AC/DC ja auch nicht gerade dafür bekannt, viel über ihr Privatleben bekannt zu geben. Und die Band selber stand trotz zahlreicher Anfragen von Mick Wall nicht für Kommentare oder eine sonstige Mitarbeit zur Verfügung.
Die bislang erschienenen Biografien AC/DC - Maximum Rock'n'Roll von Murray Engleheart und Arnaud Durieux (welches Mick Wall am Ende seines Buches sogar ausdrücklich lobt), AC/DC - Die Biografie von Martin Huxley oder AC/DC High Voltage - Rock'N'Roll: Die ultimative Bildbiografie von Phil Sutcliffe berichten ebenso viel über die Band und ebenso wenig über die Personen dahinter. Einzig der empfehlenswerte Bericht von Mark Evans (Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC ) über seine Zeit in der Band beleuchtet AC/DC erstmals von innen (aber eben nur die Anfangsjahre), während die "Auto"-Biografie von Brian Johnson (Rock auf der Überholspur - Eine automobile Autobiographie mit Interna eher nicht aufwarten kann.
Aber trotzdem ist Mick Wall hier eine sehr gründliche und akribische Biografie gelungen, die Vergleiche nicht zu scheuen braucht. Auch wenn der geneigte AC/DC-Fan den überwiegenden Inhalt vermutlich schon kennt, wird die Geschichte der Band sehr gut und ausführlich erneut erzählt. Nie oberflächlich und stets fundiert erzählt Wall, wie den beiden Young-Brüdern nicht zuletzt dank ihres großen Bruders George, der mit den Easybeats bereits einige Erfahrungen im Musikgeschäft sammeln und diese zusammen mit Harry Vanda als Produzent für AC/DC nutzen konnte, der Sprung von Australien in den Rest der Welt gelang. Was in diesem Buch dabei immer wieder durchschimmert ist die Tatsache, dass Malcolm stets der Boss war, Angus sich meist nach ihm richtete und der Rest der Band und des Managements austauschbare Angestellte waren bzw. sind. Das Zitat von Dave Evans (Bon Scotts Vorgänger): „Sie erwarteten, dass sich ihnen jeder unterordnete“ wird von Mick Wall jedenfalls folgendermaßen berichtigt: „Ganz so kann man das allerdings nicht sagen denn die Young-Brüder erwarteten nicht von den anderen Bandmitgliedern, dass sie sich ihnen unterordneten. Wie Dave Evans schon bald herausfinden sollte, verlangten sie es von ihnen.“
Vor allem die ersten Bon Scott-Jahre beleuchtet Mick Wall sehr ausführlich: nach fünf Jahren Bandgeschichte stößt Brian Johnson erst auf Seite 397 zur Band (nachdem u. a. bereits der Heavy Metal Kids-Sänger Gary Holton und Slade-Urgestein Noddy Holder im Gespräch waren), für die restlichen fast 35 Jahre der Band reichen die folgenden etwa 100 Seiten und werden wie die folgenden Alben eher kurz abgehandelt. Der Hinweis, dass Johnson wohl heute noch als Automechaniker in Newcastle arbeiten würde, hätte es nicht diesen tödlichen Unfall von Bon gegeben, musste am Ende Buches schließlich auch noch sein. Und der Autor verehrt den verstorbenen Sänger sogar soweit, dass er ihn in einem Prolog und einem Epilog des Buches vor der AC/DC-Zeit und nach seinem Tod vor den Schöpfer treten lässt (aus dem Epilog: Bon: „War's ein Autounfall?“ - Gott: „In gewisser Weise.“).
Wer noch keine andere AC/DC-Biografie im Schrank hat, soll sich gerne genau diese zulegen, es steht den oben bereits erwähnten mit Sicherheit in in nichts nach – im Gegenteil, es ist eher ausführlicher und detaillierter, auch wenn der Bilderteil etwas ausführlicher und mit mehr Hintergrundinformationen hätte ausfallen können. Als nettes Gimmick gibt es übrigens zur Print-Ausgabe das E-Book kostenlos dazu. Es ist zwar wie bereits erwähnt nicht die erste Biografie über AC/DC, aber vielleicht die letzte, in der nicht auf die aktuelle Entwicklung um den Gesundheitszustand von Malcolm Young eingegangen wird. Neben dem Alter von Brian Johnson (er wird dieses Jahr 67) könnte dies ein Grund dafür sein, dass Black Ice das letzte Kapitel im Backkatalog der Band gewesen sein könnte und das Buch AC/DC: Hell ain't a bad place to be – Die Bandbiografie letztlich die ganze Geschichte erzählt hat und keine Fortsetzung mehr nötig ist. Es wäre aber schön und natürlich auch zu hoffen, dass ich mich in diesem Punkt irre.
Jürgen Weber
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