Nosliw
Mehr davon
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Info |
Musikrichtung:
Deutscher Reggae
VÖ: 04.05.2007
(Rootdown / Soulfood)
Gesamtspielzeit: 56:23
Internet:
http://www.nosliw.de
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Hat er es geschafft oder ist er abgestürzt? Die Äußerlichkeiten weisen auf beides hin. Vom Majordeal bei Warner ging es zurück(?) zum deutschen Reggae-Label Rootdown. Ein Absturz? Auf der anderen Seite ist mit Nosliw in der aktuellen Ausgabe zum ersten Mal ein deutschsprachiger Künstler auf der Titelseite von Deutschlands führendem Reggae-Magazin. Ein Schritt, der in der deutschen, bislang fast ausschließlich auf Jamaika und vielleicht noch das UK fixierten Reggae-Community offenbar als so einschneidend und revolutionär anzusehen ist, dass sich die Macher dieses Magazins im Vorwort nahezu für diesen Entschluss entschuldigt haben.
Aber diese Ehrung ist mehr als verdient. Gerade im Reggae- und Ska-Bereich kranken deutsche Bands besonders häufig daran, dass der Text wie auf den Riddim gequält wirkt, oder der deutschen Sprache derart Gewalt angetan wird, dass die Sänger wie Legastheniker wirken. Nichts davon ist bei Nosliw zu bemerken. Die Texte finden mit dem Rhythmus einen perfekten gemeinsamen Flow, als sei der Reggae so deutsch wie Goethe und Schiller.
Mal von der Sprache abgesehen, kann sich Eric Wilson (Nosliw ist ein Anagram seines Nachmnamens.) auch mit seinen Riddims und Kompositionen jedem internationalen Vergleich stellen. Jede(!) Nummer geht ins Bein, bzw. den gesamten Bewegungsapparat des steifen westeuropäischen Hörers und versetzt ihn in leicht oder stärker schwingende Bewegung – egal ob man es mit einem der etwas weniger zwingenden Stücke des Albums zu tun hat, oder mit einem Highlight, wie dem grandiosen Opener „Lauter“, in dem der deutsche Reggae ganz explizit sein selbstbewusst gewordenes Haupt erhebt und verkündet: „Wir werden immer lauter und wir hör’n nicht auf ihr könnt das nicht verhindern wir bleiben hier für immer yau wir werden lauter und wir hör’n nicht auf ihr könnt das nicht mehr ändern es wird sogar noch schlimmer yeah“ Und wenn man das hört, dann glaubt man es nicht nur, sondern freut sich auch noch drauf.
Der einzige Punkt, der das Misstrauen gegen einen deutschen Reggae ein wenig berechtigt wirken lässt, sind die permanenten Wiederholungen, sowohl in der Musik, wie im Text. Das merkt man als Deutscher bei deutschen Texten etwas stärker, als bei internationalen Produktionen, obwohl das bei diesen nicht einen Deut anders ist. Die so gelegentlich innerhalb eines Stückes auftretende Monotonie weiß Nosliw auf CD-Länge jedoch zu brechen – und das wesentlich gekonnter, als der Großteil der internationalen Konkurrenz. Das schafft er mit einem Wechsel zwischen sehr rootsigen, gelegentlich an Marley erinnernden Stücken, solchen, die vom deutschen Sprechgesang geprägt sind, soften Songs, die er sehr sanft einzusingen versteht, oder einem Stück wie „Kurz allein sein“ mit seiner schön popig swingenden Melodie.
Textlich stehen die Liebe und die Szene im Mittelpunkt. Die leicht gesellschaftskritischen Ansätze (z.B. in „Es hat sich nichts geändert“ und „Loser“) sind verhaltener, als wir es in der scharfen Anti-Babylon-Polemik des Reggae sonst kennen. Gerade „Loser“ klingt dabei reichlich resigniert. Vielleicht ist es kein Zufall, dass danach zwei Stücke kommen, die nach Aufgabe und (Welt)flucht klingen. Im Falle von „Ticket zu 'ner ander'n Welt“ sogar einen Unterton von Selbstmordgedanken haben. Es sind Nosliw mit seiner Beobachtungs- und Formulierungsgabe eine Reihe sehr beeindruckender Texte gelungen, die für die Zukunft viel erwarten lassen. Der Versuch den Tod eines Freundes zu verarbeiten („Nicht mehr da“) wird dem Thema in seiner Vordergründigkeit und Banalität allerdings nicht gerecht. Auch „Allerletzte Chance“, die weinerlich und selbstgerecht klingende Bitte um Verzeihung an eine weggelaufen Liebe, würde mich als Frau sicherlich nicht zur Rückkehr bewegen.
Aber das sind Peanuts in einem Blatt voller Trümpfe, das Nosliw in der Hand hat. So kann er ruhig immer lauter werden. Mehr davon.
Norbert von Fransecky
Trackliste |
1 | Mehr… (Intro) | 0:09 |
2 | Lauter | 3:46 |
3 | Es hat sich nichts geändert | 3:53 |
4 | Bitte schickt mir Hilfe | 3:54 |
5 | Mehr davon | 4:01 |
6 | Immer wieder hören | 3:47 |
7 | Bleib mal cool | 4:31 |
8 | Nicht mehr da | 3:34 |
9 | Liebe (feat. Gentleman) | 4:05 |
10 | Kurz allein sein | 3:21 |
11 | Allerletzte Chance | 4:19 |
12 | Loser | 4:30 |
13 | Ticket zu 'ner ander'n Welt | 6:53 |
14 | Ungelisteter Bonus-Track | 5:42 |
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