Irgendwie scheint es in der Stadthalle Langen ja schon Tradition zu sein, schwermetallisch in den Mai zu tanzen. Durften wir letztes Jahr zu besagtem Datum noch (den damals friedlich vereinten) Stratovarius zujubeln, gaben anno 2004 Edguy und Co. ihre musikalischen Visitenkarten im Hessenland ab.
Pünktlich um 20 Uhr eröffneten Nocturnal Rites mit dem Titeltrack ihres aktuellen Albums New World Messiah den Regen schwermetallischer Melodien und etwas über die Hälfte der folgenden musikalischen Schwedenhäppchen sollten ebenfalls Kostproben aus dem bereits erwähntem Longplayer sein. Die sympathische Truppe aus dem IKEA-Land hatte sichtlich Spaß den zahlreich erschienenen Metalfans ihr Material darzubieten und man konnte sogar Sänger Jonny Lindqvist die Floskel glauben, dass in Langen das bisher beste Publikum der Tour anwesend wäre. Die Zuschauer ließen sich problemlos von der gute Laune der Nordländer infizieren, was einen für einen Support-Act recht hohen Lautstärkepegel in den Rängen zur Folge hatte. Nach melodischen Perlen wie "Against The World", "Afterlife" oder "Awakening" konnte sich die Band, die diesem Billing einen internationalen Touch gab, noch einmal vom anwesenden Volk feiern lassen und sich sicher sein, dass man den verdienten Lorbeeren bzw. einen höherem Bekanntheitsgrad wieder ein Stückchen näher gerückt war. Starker, aber leider viel zu kurzer Auftritt dieser routinierten Truppe.
Ebenfalls mehr hätte ich gerne von den schwäbischen Powermetallern Brainstorm gesehen und als ob Frontsympathikus Andy B. Franck meine Gedanken lesen konnte, versprach der Sänger noch während des Gigs, dass man seine Band auf der nächsten Tour volle zwei Stunden genießen kann. Dies wird besonders die Anhänger der ruhigeren Brainstorm-Tracks zu Jubelstürmen hinreißen, denn am heutigen Abend wurden zumeist die schnellen Stücke, vorzugsweise aus den Alben Soul Temptation und Metus Mortis, ausgewählt, um die Menge für den Headliner aus Fulda richtig anzuheizen. Dieses Ziel wurde von den Süddeutschen sogar übertroffen und dem ständig den Kontakt zum Publikum suchenden Frontmann war es fast schon peinlich, als fast die komplette Halle zu euphorischen "Brainstorm"-Chören ansetzte. Als besonderen Dank für diese überwältigen Zuschauerreaktionen spendierte die Truppe aus dem Land der Spätzle und Maultaschen jedem Fan, der sich ein T-Shirt der Band zulegte, noch eine Live-CD, die es außer auf dieser Tour nirgends zu erstehen gibt. Nach Krachern wie "Blind Suffering", "Shivas Tears" und "High Without Lows" endete der Auftritt der Truppe traditionell mit der Metus Mortis-Nummer "Under Lights" und wir freuen uns schonmal auf eine Headliner Tour mit dieser Band.
Nach einer fast unerträglich langen Umbaupause, die durch ABBA-Songs vom Band noch um einiges unerträglicher wurde, ertönte endlich das bekannte "Holzhackerbuam"-Intro und die Band, auf die hier alle sehnsüchtig gewartet hatten, startete mit "Under The Moon" in ihr Set. Irgendwie haben Edguy ja ein gewisses Händchen dafür, ihre Shows mit einem relativ unspektakulären Song vom aktuellen Album zu eröffnen, denn bei der letzten Tour konnte sich das allenfalls durchschnittliche "Fallen Angels", das übrigens auch noch am heutigen Abend dargeboten wurde, den Titel "Opener" auf die Fahne pinseln. Eigentlich egal, denn so blieb wenigstens Zeit sich die eindrucksvolle Bühne, die mit diversen Statuen und dem Gehörnten persönlich verziert war, ein wenig intensiver auf sich wirken zu lassen. Bis auf die zwei bereits genannten Titel gab es bei der Setlist aber nichts mehr zu meckern, denn was nun folgte war ein Kracher nach dem anderen und die Gewissheit, dass Deutschlands Heavy Metal-Boygroup Nr.1 seit der Mandrake-Gastspielreise um einges in Sachen Professionalität zugelegt hat. Falsche Töne bzw. technische Pannen konnte man hier (fast) vergebens suchen. Frontkasper Tobias Sammet, der eigentlich nur durch sein Bekenntnis zum FC Bayern München ein paar Pfiffe ernten musste, konnte seine "Ihr habt Spaß? Das können wir ändern!"-Drohung auf jeden Fall nicht wahrmachen, denn das Publikum stand bei Mitsingkompatiblen Songs wie dem ersten Nicht-Hellfire-Club-Titel "Land Of The Miracles" wie ein sechster Mann hinter den Hauptdarstellern des heutigen Abends.
Trotz genial dargebotenen Klassiker wie "Vain Glory Opera", "Babylon", "Tears Of Mandrake" und dem aktuellen Chartbreaker "King Of Fools" sorgte das über zehnminütige "The Piper Never Dies" für die meiste Gänsehaut und das lag nicht nur an dem netten visuellen Geschmacksverstärker in Form von Flammen, die während der letzten Tour ja schon den Song "The Pharao" unterstützen, sondern eher an dem Feeling, das dieser Song und dessen geniale Umsetzung aufkommen lässt. Apropos Flammen. Eigentlich hätte man bei dem Titel "Worldwide Hellfire Tour" schon mit eingen mehr Pyros gerechnet, denn die aufgebotenen Feuerfontänen konnte jeder Mitarbeiter eines Sägewerkes an einer Hand abzählen. Aber ehrlich gesagt, wen kümmert sowas, wenn die Musik stimmt und daran gab es bei diesem Gig keinen Zweifel.
Natürlich hatten die offiziellen Avantasia-Nachlassverwalter auch ein Stück aus ebenjener Metaloper parat und die Wahl fiel diesmal überraschenderweise auf "Chalice Of Agony", das sich erstaunlich gut in das musikalische Edguy-Feuerwerk einfügte. Zugaben gab es leider keine, doch dafür verwöhnten uns die Hessen mit einer ca. 120 minütigen Spielzeit und dies verdient schon aus dem Grund Respekt, dass Mr.Sammet nach eigenen Aussagen mit einer Erkältung zu kämpfen hatte und deshalb die schnelleren Songs bevorzugte, da er dort angeblich sein Leiden besser verstecken konnte.
Wir haben davon auf jeden Fall nichts gemerkt und mit "Out Of Control" endete dieser geniale Tanz in den Mai, dessen Wiederholung für nächstes Jahr ich mir schonmal auf meinen Weihnachtswunschzettel notiert habe....oder doch eher mit Metallica....oder Maiden....oder ?!?
Manuel Liebler
Internet:
www.edguy.net
www.brainstorm-web.net
www.nocturnalrites.com
|